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SNF: Rechtspopulistische Parteien und Migrationspolitik

Bern (ots)

Erfolgreich mit den Fremden politisieren
Rechtspopulistische Parteien prägen seit den 1960er Jahren die 
schweizerische Migrationspolitik. Mit der Themenführerschaft auf 
diesem Gebiet hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) nach 1991 die 
rechtspopulistischen Splitterparteien weitgehend verdrängt. Dies sind
die wichtigsten Ergebnisse einer im Rahmen des Nationalen 
Forschungsprogramms «Rechtsextremismus - Ursachen und 
Gegenmassnahmen» (NFP 40+) durchgeführten historischen Untersuchung.
In den vergangenen zehn Jahren sind in den meisten 
westeuropäischen Demokratien rechtspopulistische Parteien erstarkt. 
Ihre Kampagnen und Wahlerfolge haben das öffentliche und 
wissenschaftliche Interesse geweckt. Die Migrationspolitik ist zu 
einem äusserst kontrovers diskutierten Thema in den heutigen 
westlichen Gesellschaften geworden. Die Schweiz bildet da keine 
Ausnahme. Studien zu rechtspopulistischen Akteuren und ihrem Einfluss
auf die schweizerische Migrationspolitik der vergangenen 30 Jahre 
fehlten aber bis anhin.
Diese Forschungslücke schliessen nun der Historiker Damir 
Skenderovic von der Universität Fribourg und der Politologe Gianni 
D'Amato von der Universität Neuenburg mit ihrer Untersuchung 
«Rechtspopulistische Parteien und Migrationspolitik in der Schweiz», 
die sie im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 
«Rechtsextremismus - Ursachen und Gegenmassnahmen» (NFP 40+) 
durchgeführt haben. Die beiden Wissenschaftler analysierten mit 
qualitativen Methoden unter anderem Wahlprogramme, 
Parlamentsprotokolle, Parteizeitungen und behördliche Berichte. Dabei
untersuchten sie einerseits Entwicklung und Strukturen 
rechtspopulistischer Parteien, andererseits die Wechselwirkungen 
zwischen deren migrationspolitischen Vorstössen und Kampagnen und der
von den etablierten Parteien und Behörden getragenen 
Migrationspolitik.
Der zeitliche Schwerpunkt der Untersuchung erstreckt sich von 1980
bis 2006. Als populistisch gelten den Wissenschaftlern Parteien, die 
ein antipluralistisches Weltbild vertreten und dabei die Gesellschaft
in zwei antagonistische Gruppen aufteilen: das wahre Volk und die 
unredliche Elite. Für rechtspopulistische Parteien ist zusätzlich 
eine Ideologie der Ausgrenzung kennzeichnend, die von der natürlichen
Ungleichheit der Menschen ausgeht und nationalistische und 
fremdenfeindliche Elemente beinhaltet.
Verdrängung der Splitterparteien
Die Schweiz besitzt laut Skenderovic und D'Amato mit Parteien, die 
Migrationsthemen instrumentalisieren, eine lange rechtspopulistische 
Tradition. Deren Entwicklung seit den 1960er Jahren lässt sich in 
drei Phasen unterteilen. Von 1961 bis 1979 beeinflussten vor allem 
die Nationale Aktion, die Vigilance, die Schweizerische 
Republikanische Bewegung und die Eidgenössisch-Demokratische Union 
die Diskussion über Migration. Von 1979 bis 1991 verstärkten die 
Autopartei Schweiz sowie die Lega dei Ticinesi das 
rechtspopulistische Lager. Obwohl diese Parteien in Wahlen und 
Volksabstimmungen einige Erfolge verbuchten, verblieben sie in einer 
Aussenseiterposition. Seit 1991 hat die SVP, die sich zu einer 
rechtspopulistischen Partei (im Sinne der erwähnten Definition) 
wandelte, diese kleinen Parteien weitgehend verdrängt.
Die Splitterparteien und die «neue» SVP wussten verschiedene 
politische Instrumente gezielt zu nutzen. Insbesondere 
Volksabstimmungen erwiesen sich als wichtige Mobilisierungsmomente. 
Im Vergleich zu den Splitterparteien verfügte die SVP aber über 
bessere Voraussetzungen in Bezug auf Organisation, finanzielle 
Ressourcen und parteiinternen Zusammenhalt. Dank Professionalisierung
der Parteiorganisation, Vereinheitlichung der Kampagnen und 
leaderorientierter Parteiführung hat die SVP eine für die Schweiz 
aussergewöhnlich hohe nationale Kohäsion erreicht.
Migration als High profile-Thema
Das Migrationsthema spielt in der schweizerischen Politik seit den 
1960er Jahren eine wichtige Rolle. Nachdem das Thema nach der Ölkrise
von 1974 vorübergehend an Brisanz verloren hatte, führte der Druck 
der revitalisierten rechtspopulistischen Parteien in den 1980er 
Jahren zu einer Lähmung in der Migrationspolitik. In den 1990er und 
2000er Jahren hat die SVP, wie die beiden Autoren anhand von zehn 
untersuchten migrationspolitischen Debatten und 
Entscheidungsprozessen zeigen, aus einer Position der Stärke agiert. 
Durch provokative Kampagnen hielt sie Migration als High 
profile-Thema auf der politischen Agenda. Sie stellte Migration nicht
nur als Problem- und Konfliktbereich dar, sondern betonte auch immer 
wieder die kulturellen Unterschiede zwischen einheimischer 
Bevölkerung und Migrationsgruppen, etwa bei der Integration und 
Einwanderung von Musliminnen und Muslimen. Damit zielte die SVP vor 
allem auf eine Ausgrenzung von «kulturfremden» Einwanderinnen und 
Einwanderern ab.
Die Wissenschaftler zeigen, wie die SVP in der Auseinandersetzung 
um die Asylpolitik mit der Metapher des «Missbrauchs» geschickt die 
Figur des Asylbewerbers evozierte, der auf Kosten des Steuerzahlers 
lebt, und bei den Bürgerrechtsvorlagen (2004) ihre Vetomacht 
erfolgreich einsetzte. Die Forscher kommen zum Schluss, dass die 
Partei beim neuen Ausländergesetz und der Asylgesetzrevision (2006) 
das Druckpotential der direkten Demokratie, die Annäherung der 
Mitte-Rechts-Parteien und ihre exekutiv-administrative Schlüsselrolle
im Bundesrat geschickt nutzte.
Nationales Forschungsprogramm «Rechtsextremismus - Ursachen und 
Gegenmassnahmen» (NFP 40+)
Das vom Bundesrat im Jahr 2003 in Auftrag gegebene NFP 40+ gewinnt 
neue Einsichten über Entstehungsbedingungen, Erscheinungsformen, 
Verbreitung und Konsequenzen von rechtsextremen Aktivitäten und 
Einstellungen in der Schweiz und erforscht das gesellschaftliche 
Umfeld von Rechtsextremismus. Wie die internationale Foschung 
untersucht das NFP 40+ das Phänomen Rechtsextremismus auch im 
Zusammenhang mit Rechtspopulismus. Die Forschungsergebnisse schaffen 
die Grundlagen für zukunftsorientierte Strategien im Umgang mit 
Rechtsextremismus auf kommunaler, kantonaler sowie auf Bundesebene. 
Ausserdem gewährleistet das Programm den Anschluss der 
Rechtsextremismusforschung in der Schweiz an entsprechende 
Forschungsanstrengungen in anderen Ländern.
www.nfp40plus.ch
Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Website des 
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: http://www.snf.ch > D > 
Medien > Medienmitteilungen

Kontakt:

Prof. Dr. Gianni D'Amato
Schweizerisches Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien,
Universität Neuenburg
Rue St-Honoré 2
CH-2000 Neuenburg
Tel: +41 (0)32 718 39 30; Fax: +41 (0)32 718 39 21
E-Mail: gianni.damato@unine.ch

Dr. Damir Skenderovic
Seminar für Zeitgeschichte, Universität Fribourg
Av. de l'Europe 20
CH-1700 Fribourg
Tel: +41 (0)26 300 78 24/79 35; Fax: +41 (0)26 300 97 16
E-Mail: damir.skenderovic@unifr.ch

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