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pafl: Reform des Staatskirchenrechts

Vaduz (ots)

Vaduz, 9. November (pafl) - Regierungschef Otmar
Hasler präsentierte auf der heutigen Pressekonferenz das Konzept zur 
Entflechtung von Staat und Kirche. Verfassungsänderungen und neue 
Gesetze sollen künftig das Verhältnis zwischen dem Staat und den 
unterschiedlichen Religionsgemeinschaften regeln.
Das Staatskirchenrecht in seiner heutigen Form ist historisch 
gewachsen. Die privilegierte Stellung der römisch-katholischen Kirche
als "Landeskirche" und die dadurch entstandene Verflechtung mit dem 
Staat stammen aus einer Zeit, in der der Staat konfessionell 
geschlossen war. Die Gesellschaft, ihre Zusammensetzung und auch die 
religiöse Lebenswelt haben sich in den letzten Jahrzehnten jedoch 
stark geändert und eine Entflechtung und Reform ist in beiderseitigem
Interesse. So betont auch die römisch-katholische Kirche ihre 
institutionelle Unabhängigkeit von Staat und Politik.
Die Neuordnung des Staatskirchenrechtes sieht eine institutionelle
Trennung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche vor. Dies 
bedeutet, dass die Religionsgemeinschaften nicht in die staatliche 
Organisation eingegliedert sind und nicht der staatlichen Aufsicht 
unterstehen. Staat und Religionsgemeinschaften sind in ihrer 
jeweiligen Aufgabenstellung voneinander unabhängig. Damit anerkennt 
der Staat die Kirchen und Religionsgemeinschaften als ihrem Wesen 
nach unabhängige Institutionen. Er darf daher nicht in ihre inneren 
Verhältnisse eingreifen.
Notwendige Verfassungsänderungen
Das ausgearbeitete Reformpaket umfasst eine umfangreiche Änderung 
der Verfassung. Das Verhältnis des Staates zu den Kirchen soll neu in
einem eigenen Hauptstück geregelt werden. Diese Neuordnung enthält 
die öffentlich-rechtliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften als
Körperschaften mit öffentlich-rechtlicher Selbständigkeit und eigener
Rechtspersönlichkeit sowie die Stellung aller anderen 
Religionsgemeinschaften, welche privatrechtlich organisiert sind.
Unterschiedliche Abstufungen
Die in Liechtenstein existierenden Religionsgemeinschaften haben 
unterschiedliche Bedürfnisse, welche im jeweiligen Anerkennungsstatus
ihren Ausdruck finden sollen. Neu werden die römisch-katholische 
Kirche, die evangelische Kirche und die evangelisch-lutherische 
Kirche öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften sein. 
Andere Religionsgemeinschaften können bei Nachweis gewisser Kriterien
(gesellschaftliche Bedeutung, Respektierung des Religionsfriedens und
der staatlichen Rechtsordnung) ebenfalls diesen Status erhalten. Die 
öffentlich-rechtliche Anerkennung erfolgt im Einzelfall in einem 
eigenen Gesetz.
Die Religionsfreiheit und die Kirchengutsgarantie, die heute schon
in der Verfassung verankert sind, werden zum Teil neu formuliert und 
beibehalten.
Verhältnis Staat und Kirche
Das Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften 
soll künftig für alle auf gleichem Wege gesetzlich festgelegt werden.
Das Gesetz soll die Beziehungen des Staates zu den 
öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften in den 
Bereichen der gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Zu diesen zählen 
insbesondere die Religionsmündigkeit, der Religionsunterricht an den 
öffentlichen Schulen des Landes und der Gemeinden, die Seelsorge in 
öffentlichen Anstalten und Einrichtungen sowie die administrative 
Zusammenarbeit. Das Gesetz soll auch die Voraussetzungen der 
öffentlich-rechtlichen Anerkennung von privatrechtlich organisierten 
Religionsgemeinschaften und der Zuerkennung von Vorrechten des 
öffentlichen Rechts an solche Religionsgemeinschaften festlegen.
Im Rahmen des Gesetzes können mit einzelnen 
Religionsgemeinschaften Vereinbarungen über spezifische Fragen 
geschlossen werden.
Finanzierung
Die Finanzierung der öffentlich-rechtlich anerkannten 
Religionsgemeinschaften soll künftig gesondert in einem Gesetz 
geregelt werden. Die Basis der Religionsfinanzierung bilden zwei 
Pfeiler. Einerseits soll die Möglichkeit bestehen, dass die 
Religionsgemeinschaften finanzielle Unterstützung und Vergünstigungen
des Staates für Leistungen erhalten, die sie für die Allgemeinheit 
erbringen. Den eigentlichen Kern der Religionsfinanzierung bilden neu
freiwillige Zuwendungen aus der Vermögens- und Erwerbsteuer des 
Landes, wobei sich die Gemeinden zur Hälfte an den dem Land 
entgangenen Steuereinnahmen beteiligen. Konkret bedeutet dies, dass 
der Steuerzahler künftig entscheiden kann, ob er einen Teil seiner 
Vermögens- und Erwerbsteuer einer anerkannten Religionsgemeinschaft 
zukommen lassen will. Jene Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, welche
dies nicht wollen, überlassen auch diesen Steuerbetrag dem Land und 
den Gemeinden für den allgemeinen Haushalt. Dieses 
Finanzierungssystem soll auch die bisherigen Besoldungsregelungen 
ersetzen, wie sie in den Gemeinden für die römisch-katholischen 
Seelsorgegeistlichen gelten.
Vermögensrechtliche Entflechtung in den Gemeinden
Aktuell finanzieren die Gemeinden einen Teil der anfallenden 
Kosten der Pfarreien. Hierzu gehören die Lebensunterhaltskosten von 
Geistlichen ebenso wie der Unterhalt der Infrastruktur. Die 
vermögensrechtlichen Fragen sowie die historisch gewachsenen 
Leistungsverpflichtungen der Gemeinden sollen in gesonderten 
Entflechtungsverhandlungen gelöst werden.

Kontakt:

Presse- und Informationsamt des Fürstentums Liechtenstein
Tel. +423 236 67 21
info@pia.llv.li

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