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Schweiz. Gesundheitsobservatorium

Gesundheitsobservatorium: Grosse kantonale Unterschiede in der Langzeitpflege

Neuenburg (ots)

Ein nationaler Vergleich der Nutzung von Spitex-Diensten, Heimen und
Spitälern bei der Langzeitpflege zeigt, dass die Schweizer Kantone
die Pflege älterer Patienten sehr unterschiedlich organisieren. Die
Analyse des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums lässt vermuten,
dass gut ausgebaute Spitex-Dienste bei einem Teil der älteren
Bevölkerung zu einer Entlastung der Pflegeheime führen können.
Seit der Einführung des KVG im Jahr 1996
befindet sich die Langzeitpflege in einem umfassenden
Reorganisations- und Professionalisierungsprozess. Die Folge ist ein
kantonal unterschiedlicher Entwicklungsstand dieser Reformen. Die
wichtigsten Pflegeeinrichtungen - Spitex-Dienste, Alterspflegeheime
und Akutspitäler - werden zudem je nach Kanton unterschiedlich
gewichtet. Allgemein wird davon ausgegangen, dass in der Ostschweiz
eher auf Alterspflegeheime gesetzt wird, während in der Westschweiz
häufiger die Spitex-Dienste für die Pflege beigezogen werden. In der
Schweiz leben 20 % der über 80-Jährigen in einer Institution, und 12
% der über 65-Jährigen beanspruchen im Durchschnitt die
Dienstleistungen der Spitex-Dienste.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) hat zusammen
mit dem "Institut de recherches économiques" der Universität
Neuchâtel die Angebote von Spitex und anderen Pflegediensten genauer
analysiert. Ihre Studie kommt zum Schluss, dass sich Spitex-Dienste
in ihrem Leistungsangebot kantonal stark unterscheiden, ohne aber der
oben erwähnten Ost-West-Grenze immer zu folgen.
Unterschiedliche Betreuungsmuster für die Spitex-Klienten
Die Spitex-Dienste der Westschweizer Kantone sowie von Basel-Stadt
weisen tatsächlich mehr Klientinnen und Klienten auf als diejenigen
der Zentral- und Ostschweiz. Die Intensität deren Betreuung
entwickelt sich jedoch unterschiedlich. Die Spitex-Dienste einiger
Kantone mit vielen Klientinnen und Klienten (Neuenburg, Freiburg und
Wallis) bieten diesen jährlich nur wenige Leistungen. Mit ungefähr 40
Stunden pro Jahr gehören diese Klienten zu jenen, die in der Schweiz
am wenigsten intensiv betreut werden. Umgekehrt melden die
Spitex-Dienste einzelner Deutschschweizer Kantone (BE, GR, SG, AI,
UR) zwar weniger Klientinnen und Klienten, betreuen diese aber gleich
intensiv wie in den Kantonen Basel-Stadt, Jura und Waadt. Dort werden
Spitex-Klienten intensiver als der Schweizer Durchschnitt von 61
Stunden pro Person und Jahr betreut.
Beziehung zwischen den verschiedenen Pflegediensten
Die Studie untersucht ferner die Art der Beziehungen zwischen
Spitex-Diensten, Alterspflegeheimen und Spitälern. Bestehen
Substitutionsmöglichkeiten zwischen diesen Diensten? Wie ergänzen
sich die verschiedenen Betreuungsformen?
Zusammenhänge zwischen Spitex-Diensten und Alterspflegeheimen
werden vor allem bei über 80-jährigen Personen beobachtet. In diesem
Alter ist der Gesamtanteil der Benutzer von Pflegediensten in den
Kantonen relativ konstant. Unterschiede liegen eher in der Art der
Nutzung dieser Dienste: In Kantonen mit intensiverer Inanspruchnahme
der Spitex-Dienste ist die Heim-Nutzungsquote vergleichsweise
geringer und umgekehrt. Dies lässt Substitutionsmöglichkeiten
zwischen Benutzern von Heimen und Spitex-Diensten vermuten. Eine
Alternative zu den Alterspflegeheimen stellen die Spitex-Dienste
jedoch nur für einen Teil der älteren Menschen dar, nämlich für jene
Personen, die sich eine gewisse Autonomie erhalten haben. "Da sich
der Gesundheitszustand der älteren Bevölkerung tendenziell verbessern
wird, könnte sich dieser Anteil der Spitex-Klienten in Zukunft
wesentlich ausdehnen. Ein Ausbau der Spitex-Dienste, zugunsten der
selbständigen Bevölkerung, könnte somit wesentlich zur Entlastung der
Alterspflegeheime beitragen", sagt Hélène Jaccard Ruedin vom
Schweizerischen Gesundheitsobservatorium.
Rehabilitationen: Alterspflegeheim statt Spital
Bei Personen ab 80 Jahren fällt zudem auf, dass die Rate der
mittellangen Spitalaufenthalte (11 bis 90 Tage) in Kantonen mit einer
höheren Heim-Nutzungsquote tiefer ist. Mit anderen Worten: Bei
Situationen, in denen eine mittellange Pflege nötig ist, wie zum
Beispiel im Rahmen der Rehabilitation, könnte auch das
Alterspflegeheim eine Alternative für das Spital darstellen. Diese
Feststellung eröffnet interessante Perspektiven für potenzielle
günstigere Betreuungsformen. Voraussetzung wäre eine Abklärung der
Kostenfolgen für die verschiedenen Finanzierungsträger.
Die Langzeitpflege als ein integriertes System betrachten
Wie die Studie zeigt, können die drei wichtigsten Institutionen
der Langzeitpflege kantonal unterschiedlich organisiert sein und sich
unterschiedlich aufeinander beziehen. "Gerade deshalb ist es wichtig,
den Bereich der Langzeitpflege bewusst als Ganzes zu betrachten und
dabei die Interaktionen zwischen den verschiedenen
Leistungserbringern mit einzubeziehen", sagt Hélène Jaccard Ruedin.
Einige Kantone haben bereits ein integriertes Pflegewesen konzipiert,
das nun schrittweise umgesetzt wird.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine
Organisationseinheit des Bundesamtes für Statistik, die im Rahmen des
Projektes Nationale Gesundheitspolitik entstanden ist und von Bund
und Kantonen einen Leistungsauftrag erhält. Das
Gesundheitsobservatorium analysiert die vorhandenen
Gesundheitsinformationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone
und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung,
ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln.
Hélène Jaccard Ruedin, Alexander Weber, Sonia Pellegrini, Claude
Jeanrenaud, Kantonaler Vergleich der Langzeitpflege in der Schweiz.
Arbeitsdokument 17, Schweizerisches Gesundheitsobservatorium,
Neuchâtel, Mai 2006

Kontakt:

Hélène Jaccard Ruedin
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Tel. +41/32/713'68'02
E-mail: Helene.JaccardRuedin@bfs.admin.ch
Internet: http://www.obsan.ch

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