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Schweiz. Gesundheitsobservatorium

Schweizerischen Gesundheitsobservatorium: Grosser Kostenanstieg in der Langzeitpflege zu erwarten

Neuenburg (ots)

Eine Studie im Auftrag des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums
untersucht anhand von Zukunftsszenarien den Kostenanstieg für die
Langzeitpflege bis ins Jahr 2030. Bei der Fortsetzung des heutigen
Trends würden sich die Pflegekosten mehr als verdoppeln. Mittels
Prävention und besserem Kostenmanagement könnte diese Entwicklung
deutlich gebremst werden.
Der Sektor der Langzeitpflege durchläuft derzeit
eine starke Wachstumsphase. Seit 1995 steigen die jährlichen Ausgaben
in diesem Bereich durchschnittlich um 5 Prozent. Diese Steigerung
übertrifft den durchschnittlichen Kostenanstieg innerhalb des
gesamten Gesundheitswesens.
Dieser Trend wird sich fortsetzen: Die Zahl der Rentnerinnen und
Rentner aus der Baby-Boom-Generation wird signifikant ansteigen und
zu einer erheblichen Zunahme an Personen führen, die Langzeitpflege
benötigen könnten. Dieser Prozess wirft im Hinblick auf die nächsten
Jahrzehnte wichtige Fragen auf: Wie viele Personen werden in den
nächsten Jahren Pflegeleistungen in Anspruch nehmen? Wie viel wird
diese Pflege kosten?
Im Auftrag des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, hat das
Institut de recherches économiques der Universität Neuchâtel
Prognosen zur Kostenentwicklung der Langzeitpflege, insbesondere im
Bereich Pflegeheime (PH) sowie der Spitex-Dienste, für die Schweiz
entwickelt. Als wesentliche Einflussfaktoren für eine Kostenzunahme
wurden die Demographie, die Pflegebedürftigkeit (Morbidität) und die
Fallkosten untersucht. Da Prognosen über die jeweiligen Entwicklungen
dieser drei Ursachen mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet sind,
wurden für das Jahr 2030 vier Zukunftsszenarien entwickelt.
Das Grundszenario dient dabei als Vergleichsbasis für die weiteren
Szenarien und stellt die Kostenentwicklung bei einer Verlängerung der
aktuellen Trends dar. Neben der erwarteten Entwicklung der
Demographie wurden dabei die Annahmen verfolgt, dass die Quote der
Inanspruchnahme der Pflege gegenüber heute unverändert bleibt und
dass die Einheitskosten der medizinischen und der Pflegeleistungen
mit derselben Intensität wie bisher steigen. Unter diesen
Voraussetzungen dürften die Kosten der Langzeitpflege im Jahr 2030
rund 15,3 Milliarden Franken betragen, während es 2001 noch 6,5
Milliarden waren. Die Kosten würden sich somit in 25 Jahren mehr als
verdoppeln.
Der grösste Teil dieses Anstiegs ist auf eine Zunahme der
Fallkosten zurückzuführen, während die Alterung der Bevölkerung erst
als zweitwichtigster Faktor folgt. So macht die Zunahme der
Patientenanzahl nur gerade einen Drittel (37 %) des gesamten
Kostenanstiegs aus, während die Zunahme von Preis und Umfang der
Pflege pro Patient für die übrigen zwei Drittel verantwortlich sind.
"Dieses Szenario ist aber eher als pessimistisch einzustufen", sagt
Hélène Jaccard Ruedin vom Gesundheitsobservatorium. "Auf Grund von
aktuellen Studien, welche eine Besserung des Gesundheitszustandes
älterer Menschen belegen, kann man davon ausgehen, dass künftig die
Pflege eher später in Anspruch genommen wird als heute".
Die Alternativszenarien der Studie verfolgen weitere
Entwicklungsmöglichkeiten. Aus ihnen lassen sich wichtige Schlüsse
ziehen:
  • Eine Erhöhung des Durchschnittsalters, in dem man Langzeitpflege in Anspruch nimmt, um ein Jahr würde den Kostenzuwachs deutlich bremsen. Die Patientenzahl in den Pflegeheimen würde langsamer ansteigen, was sich in einer Kostendifferenz von 2,2 Milliarden Franken (-14%) gegenüber dem Grundszenario auswirkt.
  • Eine Verzögerung des Fallkostenanstiegs könnte ebenfalls deutlich zur Kostenentlastung beitragen: Würde die jährliche Wachstumsrate der medizinischen Fallkosten +1,5 Prozent statt der angenommenen +2,6 Prozent des Grundszenarios betragen, würde es zu einer Gesamtkostenreduktion von 1,7 Milliarden Franken (-11 %) führen.
  • Den geringsten Einfluss haben die unterschiedlichen demographischen Szenarien des Bundesamtes für Statistik. Die Kosten würden im Jahr 2030 um 880 Millionen Franken bei einer verstärkten Alterung der Bevölkerung ansteigen oder sich um 480 Millionen Franken bei einer abgeschwächten Alterung reduzieren.
Auch wenn es aktuell Zeichen einer Besserung des
durchschnittlichen Gesundheitszustands älterer Leute gibt,
verdeutlichen diese Ergebnisse die Wichtigkeit von
Präventivmassnahmen, welche diese natürliche Entwicklung unterstützen
und das Auftreten der Pflegebedürftigkeit verzögern würden. "Eine
Ausweitung der behinderungsfreien Lebenszeit und entsprechend ein
späteres Auftreten des Pflegebedarfs könnten den Kostenanstieg
wesentlich verlangsamen", sagt Hélène Jaccard Ruedin. Die Studie
zeigt aber auch den grossen Einfluss der Fallkosten auf die gesamte
Rechnung. Doch sind die Einflussgrössen, welche zu deren Anstieg
führen, noch zu wenig bekannt. Um auf der Kostenseite anzusetzen,
müsste daher weitere Forschung betrieben werden.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine
Organisationseinheit des Bundesamtes für Statistik, die im Rahmen des
Projektes Nationale Gesundheitspolitik entstanden ist und von Bund
und Kantonen einen Leistungsauftrag erhält. Das
Gesundheitsobservatorium analysiert die vorhandenen
Gesundheitsinformationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone
und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung,
ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln.
Sonia Pellegrini, Hélène Jaccard Ruedin, Claude Jeanrenaud,
   Coûts des établissements médico-sociaux et des services d'aide et
   de soins à domicile - Prévisions à l'horizon 2030.
   Document de travail 18, Observatoire suisse de la santé,
   Avril 2006

Kontakt:

Sonia Pellegrini
Institut de recherches économiques
Tel. +41/32/718'14'71
E-Mail: Sonia.Pellegrini@unine.ch

Hélène Jaccard Ruedin
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Tel. +41/(0)32/713'68'02
E-Mail: Helene.JaccardRuedin@bfs.admin.ch
Internet: http://www.obsan.ch

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