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SNF: Bild des Monats Mai 2007: Die Grundlagenforschung dringt weiter in die Welt der Nanostrukturen ein

SNF: Bild des Monats Mai 2007: Die Grundlagenforschung dringt weiter in die Welt der Nanostrukturen ein
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Bern (ots)

Bild und Text unter
http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?type=obs
Nanoketten mit verblüffenden Eigenschaften
Um bei der Miniaturisierung der Elektronik weiterzukommen, dringt 
die Wissenschaft immer weiter in die Nanowelt ein. Ein Bereich 
dieser Forschung ist die Herstellung winziger Ketten aus einzelnen 
Atomen, die beispielsweise als leitende Nanodrähte eingesetzt werden 
könnten. Ein Physikerteam der Universität Neuenburg hat nun mit 
Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds eine Art 
Gebrauchsanweisung zum Bau solcher Ketten entwickelt, eine Art 
Referenztabelle, welche die Entwicklung von Anwendungen erleichtern 
wird.
Bei der Herstellung neuer mikroelektronischer Bauteile verfolgen die 
Ingenieure meist einen Top-Down-Ansatz («von oben nach unten»). 
Dabei werden Röntgen-, Elektronen- oder UV-Strahlen dazu eingesetzt, 
elektronische Schaltkreise in der Grössenordnung von weniger als 
einem Tausendstel Millimeter auf eine Oberfläche zu drucken. Trotz 
stetiger Fortschritte bei der Präzision und Miniaturisierung stossen 
diese Techniken jedoch an physikalische Grenzen. Um diese zu 
überwinden, verwenden die Forschenden nun Bottom-Up-Methoden («von 
unten nach oben»).
Dabei werden Atome oder Moleküle dazu gebracht, sich zu 
selbstorganisierten Strukturen zusammenzufügen, die bestimmte 
Eigenschaften aufweisen. Seit den 1990er Jahren stellen die Physiker 
auf dünnen Scheiben aus kristallinem Silizium, so genannten «Wafern» 
(englisch für «Waffeln»), regelmässige Reihen aus Goldatomen oder 
anderen Elementen wie Silber, Kalzium oder Gadolinium her. Das 
Verfahren ist einfach. «Ein Wafer wird im Vakuum auf 1200°C erhitzt. 
Dadurch werden die unerwünschten oberflächlichen Schichten entfernt. 
Dann wird die Scheibe auf 600°C abgekühlt», erläutert der Doktorand 
Corsin Battaglia. Im gleichen Raum wird dann ein Stück jenes 
chemischen Elements erhitzt, das aufgetragen werden soll, zum 
Beispiel Gold. Seine Atome verdampfen und lagern sich auf dem Wafer 
ab, wobei sie eine durch das Silizium vorgegebene Anordnung 
einnehmen.» Schliesslich bilden sich parallel ausgerichtete Ketten 
mit den Goldatomen als Glieder aus (siehe Bild). «Auf unserer Probe 
in der Grösse von einem Quadratzentimeter hat es so viele Reihen, 
dass sie zusammengehängt eine Kette von hundert Kilometern Länge 
bilden würden!»
Im Gegensatz zum Top-Down-Ansatz lassen sich solche Nanostrukturen 
mit der Bottom-Up-Methode schnell, günstig und in grossen Mengen 
produzieren. «Die Herstellung einer solchen hunder Kilometer langen 
Kette dauert nur gerade eine Minute», erklärt Battaglia. Da die 
Elektronen mit dem Übergang von drei Dimensionen auf eine einzige 
zunehmend «exotische» Eigenschaften annehmen, bleiben allerdings 
noch zahlreiche Fragen offen: Sind diese Ketten stabil? Welche 
Eigenschaften besitzen sie bei der Verwendung als elektrische 
Leiter? Wie wirken sich allfällige Fehler aus? «Bevor man weiter in 
diese Bereiche vordringt, musste zuerst die Beziehung zwischen der 
geometrischen und der elektronischen Struktur dieser neuen Objekte 
im Nanometermassstab beschrieben werden», fügt Corsin Battaglia bei.
Mit Hilfe von zwei spezifischen Geräten (ein Rastertunnelmikroskop 
und ein Photoelektronenspektrometer), mit denen die einzelnen Atome 
sichtbar gemacht werden können, hat der Forscher die Konfiguration 
der Elektronen bei Gadolinium- und Kalzium-Atomen bestimmt, wenn 
diese auf der Silizium-Scheibe aufgereiht waren. «Zuerst haben wir 
beobachtet, dass die Anlagerung dieser Atome jeweils zu einer 
Umbildung der Silizium-Oberfläche mit Kanälen und mehr oder weniger 
ausgeprägten Furchen führte. Wie wenn ein Feld mit ebener 
Oberfläche, auf das man Kartoffeln streut, von selbst regelmässige 
Furchen bilden würde.»
Es war jedoch eine zweite Entdeckung, die es Corsin Battaglia und 
seinem Betreuer Professor Philipp Aebi erlaubte, ihre Arbeiten im 
Februar in der Fachzeitschrift Europhysics Letters* zu 
veröffentlichen: «Wenn die Atome Ketten bilden, geben sie dem 
Substrat ein oder mehrere Elektronen ab. Dadurch ordnet sich das 
Substrat anders an, es stabilisiert sich und ändert seine 
Eigenschaften – es wird zum Beispiel magnetisch oder leitend! Es 
sind demnach nicht die Atomketten selbst sondern die stützenden 
Silizium-Gräben, welche die Funktion feinster elektrischer Drähte 
übernehmen.» Um noch einmal auf den Vergleich mit dem Acker 
zurückzukommen: Das in den Furchen vorhandene Wasser fliesst nur ab, 
wenn die Kartoffeln mit ihrer Feuchtigkeit dazu beitragen. Die 
Physiker trugen all ihre Beobachtungen zusammen und listeten in 
einer systematischen Referenztabelle alle möglichen Konfigurationen 
der Kartoffel-Atome auf dem Silizium-Acker mit ihren Wirkungen auf 
das Trägermaterial auf. «Dadurch können wir genaue Voraussagen dazu 
machen, welche Eigenschaften eine Silizium-Oberfläche annimmt, wenn 
Atome eines bestimmten Elements darauf abgelagert werden», fasst 
Philipp Aebi zusammen. Diese Informationen sind besonders wertvoll, 
wenn komplexere Nanosysteme angestrebt werden.
Gegenwärtig handelt es sich noch um Grundlagenforschung. «Die 
ausserordentliche Vielfalt der Möglichkeiten, mit denen sich die 
Silizium-Kristalle als Reaktion auf verschiedene Situationen 
organisieren können, fasziniert mich», meint Philipp Aebi begeistert 
– und er schlägt gleich Anwendungen vor: «In der jungen Disziplin 
der molekularen Elektronik sollen Moleküle mit einer bestimmten 
Funktionalität gezielt genutzt werden. Unsere Ketten könnten zur 
Ansteuerung dieser Moleküle eingesetzt werden, so wie in einem 
Computer jeder elektrische Draht zu einem bestimmten Modul führt.» 
Corsin Battaglia fügt bei: «Andere Anwendungen könnten die optischen 
Eigenschaften solcher Systeme aus atomaren Ketten nutzen. Oder die 
Ketten könnten in chemischen Reaktionen die Rolle von Katalysatoren 
übernehmen. Ausserdem liessen sich wahrscheinlich auch chemische 
Sensoren entwickeln, die auf der chemischen Reaktivität solcher 
Ketten beruhen.» Gegenwärtig wagen die beiden Physiker allerdings 
keine Prognose, wann diese Anwendungen umgesetzt werden können, «da 
sich bestimmte Entwicklungsschritte einfach noch kaum abschätzen 
lassen».
* Europhysics Letters (EPL), 77 (2007) 36003

Kontakt:

Universität Neuenburg
Physik-Laboratorium – Spektroskopie
Rue A.-L. Breguet 1
CH-2000 Neuenburg
Tel. +41 (0)32 718 29 11
Fax: +41 (0)32 718 29 01

Prof Philipp Aebi, Tel.: +41 (0)32 718 29 81, E-Mail:
philipp.aebi@unine.ch

Corsin Battaglia, Tel.: +41 (0)32 718 29 48, E-Mail:
corsin.battaglia@unine.ch

Text und Bild dieser Medieninformation stehen auf der Website des
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: http://www.snf.ch > D
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