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pafl: Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend Neuordnung des Staatskirchenrechts

Vaduz (ots)

Vaduz, 11. Juni (pafl) - Die Regierung hat in ihrer
Sitzung vom 10. Juni 2008 einen Vernehmlassungsbericht zur Neuordnung
des Staatskirchenrechts verabschiedet. Ausgangspunkt der Reform 
bilden die in der Verfassung geregelten Grundrechte der 
Religionsfreiheit, der Rechtsstellung der Kirchen und 
Religionsgemeinschaften sowie die Kirchengutsgarantie. Die 
Vernehmlassungsfrist läuft bis 14. November 2008.
Das zentrale Element der Neuordnung des Staatskirchenrechts bildet
eine Verfassungsänderung mit der Anpassung von Art. 16, Art. 38 und 
Art. 39 sowie mit der Schaffung eines neuen Hauptstücks XI. Der Titel
spricht von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Gemäss dem 
Reformvorschlag gehören die römisch-katholische Kirche, die 
evangelische Kirche und die evangelisch-lutherische Kirche von 
Verfassungs wegen zu den öffentlich-rechtlich anerkannten 
Religionsgemeinschaften. Andere Religionsgemeinschaften können im 
Wege eines Gesetzes öffentlich-rechtlich anerkannt werden, wenn sie 
eine gesellschaftliche Bedeutung erlangt haben, den Religionsfrieden 
und die staatliche Rechtsordnung respektieren.
Das Verfassungsgesetz sieht die Pflicht der Gemeinden vor, ihre 
überkommenen und heute noch bestehenden Leistungsverpflichtungen 
gegenüber der römisch-katholischen Kirche einvernehmlich abzulösen. 
Wenn keine Einigung zustande kommt, entscheidet der 
Verwaltungsgerichtshof als Verwaltungsschiedsgericht.
Das zweite wichtige Element der Reform bildet das Religionsgesetz.
Das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften wird nicht 
vertraglich, sondern für alle Religionsgemeinschaften auf gleichem 
Wege gesetzlich festgelegt. Das Religionsgesetz befasst sich mit den 
Beziehungen des Staates zu den öffentlich-rechtlich anerkannten 
Religionsgemeinschaften in den Bereichen der gemeinsamen 
Angelegenheiten, zu denen insbesondere die Religionsmündigkeit, der 
Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen des Landes und der 
Gemeinden, die Seelsorge in öffentlichen Anstalten und Einrichtungen 
sowie die administrative Zusammenarbeit zählen.
Das Gesetz legt die Voraussetzungen fest, die vorhanden sein 
müssen, damit privatrechtlich organisierte Religionsgemeinschaften 
öffentlich-rechtlich anerkannt oder ihnen Vorrechte des öffentlichen 
Recht zugesprochen werden können, wie etwa die Erteilung des 
Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen oder die religiöse 
Betreuung ihrer Angehörigen in öffentlichen Einrichtungen (Gefängnis,
Krankenhaus und Heimen). Das Religionsgesetz hebt bisheriges Recht, 
wie beispielsweise das Gesetz vom 14. Juli 1870 über die Verwaltung 
des Kirchengutes in den Pfarrgemeinden, das mit den neuen 
religionsrechtlichen Vorschriften im Widerspruch steht, auf.
Das dritte Element der Reform bildet das Gesetz über die 
Finanzierung der Religionsgemeinschaften. Das Gesetz erschliesst den 
öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften eine 
wesentliche neue Finanzierungsquelle, welche sich hauptsächlich auf 
die Teilzweckbindung eines Anteils aus dem Gesamtsteueraufkommen der 
Vermögens- und Erwerbssteuer des Landes und der Gemeinden stützt. Dem
vorgeschlagenen System der Teilzweckbindung in Höhe von 3 Prozent des
Steueraufkommens liegt die Idee zugrunde, dass die Kultusaktivitäten 
der öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen als gemeinnützig 
anerkannt und mit Tätigkeiten im sozialen und humanitären Bereich 
gleichgestellt werden, wie sie der Staat über einen neu zu 
errichtenden Fonds erbringt. Der Steuerpflichtige kann - unabhängig 
davon, ob er Kirchenmitglied ist oder nicht - einen Teil seiner 
ohnehin geschuldeten Vermögens- und Erwerbssteuer durch eine 
entsprechende Angabe in der Steuererklärung entweder kirchlichen 
Zwecken oder dem staatlichen Fonds für soziale, kulturelle oder 
humanitäre Zwecke zuwenden. Es handelt sich nicht um eine zusätzliche
Steuer, die Zuwendung an den Staat oder die Religionsgemeinschaft ist
Teil der geschuldeten Steuer.
Die Einnahmen aus der Teilzweckbindung der Vermögens- und 
Erwerbssteuern ersetzen die Leistungspflichten der Gemeinden, die 
bisher gegenüber der römisch-katholischen Kirche bestanden haben. 
Anderweitige vermögensrechtliche Beziehungen zwischen den Gemeinden 
und der römisch-katholischen Kirche sind gesondert zu bereinigen. Für
diese Entflechtungsverhandlungen ist eine Frist von fünf Jahren 
vorgesehen. Kommt es in diesem Zeitraum zwischen einer Gemeinde und 
der römisch-katholischen Kirche zu keiner Einigung, entscheidet der 
Verwaltungsgerichtshof als Verwaltungsschiedsgericht.
Die Vernehmlassungsfrist läuft bis 14. November 2008; der Bericht 
kann bei der Regierungskanzlei oder im Internet unter www.rk.llv.li 
(Vernehmlassungen) bezogen werden.

Kontakt:

Ressort Präsidium
Edgar Nipp, Mitarbeiter der Regierung
Tel.: +423 236 60 15

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