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Diversifizierung tut not, Kommentar zur Lage bei den deutschen Pfandbriefbanken, von Thomas List.

Frankfurt (ots)

Eigentlich können die deutschen Pfandbriefbanken frohlocken. Der Pfandbrief hat sich in der Finanzkrise gut behauptet. Das Geschäft läuft gut. An der Regulierungsfront konnte die hohe Qualität des Pfandbriefs in Vorteile bei Liquiditätspuffer und Eigenkapitalunterlegung umgemünzt werden. Auch für Versicherer ist unter ihrem zukünftigen Eigenkapitalregime SolvencyII ein Pfandbrief, zumindest wenn er gut geratet ist, von Vorteil.

In ihrem Geschäft profitiert die Branche von der gut laufenden Konjunktur hierzulande. Sie führt zusammen mit dem Negativbild vieler Auslandsmärkte zu einer kräftigen Nachfrage auf den hiesigen Immobilienmärkten. Diese dürfte - Stichwort Flucht in die Sachwerte - anhalten. Zwangsläufig wächst damit die Gefahr von Preisblasen. Ob es schon welche gibt, ist in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft umstritten. Am Wohnungsmarkt könnte dies in München schon der Fall sein, in Berlin trotz starker Preissteigerungen wohl (noch) nicht.

Die Banken müssen darauf achten, dass sie diese Entwicklung nicht durch eine zu lockere Kreditvergabepolitik beschleunigen. Davor sollten die in Deutschland besonders strengen gesetzlichen Regelungen, insbesondere bei erstrangigen Hypotheken, Schutz bieten.

Sehr viel schwieriger ist die Lage beim zweiten Standbein der Pfandbriefbanken, dem Staatsfinanzierungsgeschäft. Darlehen an ausländische Staaten und Gebietskörperschaften kommen kaum noch in Frage und werden auch nur noch sehr begrenzt, vor allem an EU-Staaten, vergeben. Und im Inland kann sich eine Bank auf die pauschale Forderung, alle Kommunen müssten angesichts der (impliziten) Staatshaftung gleichbehandelt werden, nicht (mehr) einlassen.

Manche Kommune wird bei den Pfandbriefbanken keinen Kredit mehr bekommen und zu den Förderbanken "flüchten". Die Lösung kann dies aber aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt ordnungspolitischen, nicht sein.

Wer als Kommune besser wirtschaftet und beim Schuldenabbau vorankommt, wird auch wieder am freien Markt kreditwürdig sein. Die Pfandbriefbanken müssten im Sinne einer Risikodiversifizierung ein Interesse daran haben, dieses Geschäft auch in Zukunft zu betreiben - und zwar in einem nennenswerten Umfang. Eine entsprechende Bereitschaft hat Jan Bettink, Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP), jetzt erst wieder bekräftigt. Ein Ende des Schrumpfungsprozesses bei der Staatsfinanzierung ist im Interesse von Banken und Staat.

(Börsen-Zeitung, 20.4.2012)

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