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Sechs Jahre Syrienkrieg: Handicap International fordert "Stopp die Bombardierung von Zivilbevölkerung!"

Genf (ots)

Seit sechs Jahren schon sind die Menschen in Syrien Opfer eines Konflikts, der von ungezielten Bombenangriffen von seltener Intensität geprägt ist. Zwischen September und Dezember 2016 gab es pro Tag durchschnittlich 94 Angriffe mit Explosivwaffen.

Handicap International appelliert an die Konfliktparteien, den Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten Gebieten einzustellen, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, diese Praxis klar zu verurteilen und sich für ihre Beendigung zu engagieren.

In Syrien und in den angrenzenden Ländern werden die Teams von Handicap International Zeugen des Leidens und der Traumata der geflüchteten und vertriebenen Syrerinnen und Syrer, der Opfer eines durch den massiven und pausenlosen Einsatz von Explosivwaffen geprägten Konflikts. Zwischen dem 26. September und dem 28. Dezember 2016 zählte die International NGO Safety Organisation (INSO) insgesamt 8'656 Angriffe mit Explosivwaffen, die 72% aller verzeichneten Angriffe ausmachten. Dies entspricht einem Durchschnitt von 94 Angriffen pro Tag durch Bombardierungen oder Beschuss durch Raketenwerfer.

Der Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten Gebieten hat eine gewaltige Intensität angenommen: Laut einer Studie des Integrated Regional Information Network (IRIN) waren im Jahr 2012 noch 48% der zivilen Opfer auf den Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten Gebieten zurückzuführen. 2016 waren es 83%. Durch die mit dem Konflikt verbundene Gewalt werden in Syrien Monat für Monat 30'000 Personen verletzt.

"Bombardierungen und Raketenbeschuss sind im Konflikt in Syrien zur Regel geworden. Sie haben eine grauenvolle Intensität erreicht und verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung", erklärt Mélanie Broquet, Koordinatorin der Programme im Rahmen der syrischen Krise bei Handicap International. "Ganze Städte sind zerstört; die Bevölkerung ist traumatisiert. Nach Ende des Konflikts wird es Generationen dauern, bis das Land und die Menschen sich davon erholt haben."

Ein schwerer Verstoss gegen das Humanitäre Völkerrecht

Handicap International hat im September 2016 seinen Bericht Qasef: Escaping the bombing veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass der massive Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten eine der Hauptursachen für die Flucht so vieler Menschen aus Syrien ist. Insgesamt sind über 11 Millionen Menschen betroffen, die Hälfte der syrischen Bevölkerung. Die von Handicap International gesammelten Fallbeispiele dokumentieren vielfache Vertreibungen: Die durch Bomben terrorisierten Menschen flüchten bis zu 25 Mal innerhalb des Landes vor den endlosen Bombardierungen, bevor sie einen sicheren Zufluchtsort finden. Die wiederholten Ortswechsel sind die Ursache äusserst prekärer Lebensumstände und schwerer psychischer Not.

Durch Bombardierungen wurden auch lebenswichtige Infrastrukturen (Krankenhäuser, Schulen, Kanalisation, Elektrizitätswerke, etc.) zerstört. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in Syrien 2016 bei 101 Angriffen Krankenhäuser und medizinische Zentren zerstört. Gemäss Angaben von UNICEF wurden 2016 ausserdem 84 Schulen angegriffen. Seit Beginn des Konflikts können über 7'000 Bildungseinrichtungen nicht mehr genutzt werden, weil sie zerstört oder beschädigt sind, vertriebenen Familien als Notunterkünfte dienen oder von Streitkräften beansprucht werden.

"Das Humanitäre Völkerrecht fordert bei Konflikten den Schutz von Zivilpersonen", betont Petra Schroeter, Geschäftsführerin von Handicap International Schweiz. "Der Einsatz von Explosivwaffen einschliesslich geächteter Waffen wie Streubomben und Landminen in bewohnten Gebieten hat verheerende Wirkungen auf die Zivilbevölkerung. Er muss von der internationalen Gemeinschaft entschieden und kategorisch verurteilt werden."

Am 15. März beginnt Handicap International eine internationale Kampagne, um 1 Million Unterschriften zu sammeln, die den "Stopp der Bombardierung von Zivilbevölkerung" fordern. Das Ziel: die 1 Million Unterschriften den politischen Entscheidungsträgern im September 2018 zu übergeben. Als ein führendes Mitglied von INEW (International Network on Explosive Weapons) beteiligt sich die Organisation aktiv an der Ausarbeitung einer politischen Erklärung von Staaten, um die Einsätze von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten zu beenden, und ruft alle Staaten dazu auf, sich diesem Ziel anzuschliessen.

Handicap International in der syrischen Krise

Handicap International ist seit 2012 in der Region tätig. Jeden Tag arbeiten über 500 Fachkräfte der Nicht-Regierungs-Organisation an der Seite der Schutzbedürftigsten in den vier Einsatzländern Libanon, Jordanien, Syrien und Irak. Sie versorgen Verwundete, die Ofer von Schusswaffen oder Explosionen wurden. Unsere Nothilfeteams unterstützen Verwundete in Flüchtlingslagern, Krankenhäusern, Kliniken und Versorgungszentren. Fast 40 mobile Teams durchforsten die Region, um Familien in besetzten oder schwer zugänglichen Gebieten mit Erster Hilfe zu versorgen, orthopädische Materialien zu verteilen und Rehabilitationsmassnahmen anzubieten für diejenigen, die es nicht selbst in die Gesundheitszentren der Gemeinden oder Camps schaffen. Unsere mobilen Teams bestehen jeweils aus 1 PhysiotherapeutIn und 1 SozialarbeiterIn oder 1 PsychologIn und 1 PsychosozialarbeiterIn.

Seit dem Beginn der Krise in Syrien hat Handicap International mehr als 600'000 Menschen und ihre Familien unterstützt. Rund 10'000 Menschen wurden vom Verein mit orthopädischen Hilfsmitteln ausgestattet (Prothesen und Orthesen). Über 80'000 Menschen erhielten in fünf Jahren Sitzungen für physische und funktionelle Rehabilitation. Und 400'000 wurden für die Risiken von explosiven Kriegsresten sensibilisiert.

Medienkontakt:

Nadia Ben Said, Medienbeauftragte
Tel.: 022 710 93 35 - von Montag bis Donnerstag
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