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Bundesrat unterschlägt Halbierung der Wartefrist vor Organentnahme

Zug (ots)

Laut Medienmitteilung hat der Bundesrat am 18. Okt. beschlossen, das revidierte Transplantationsgesetz (TxG) per 15. Nov. 2017 in Kraft zu setzen. Die Transplantationsverordnung verweist zur Feststellung des Todes auf die ebenfalls revidierten SAMW-Richtlinien «Feststellung des Todes im Hinblick auf Organtransplantationen und Vorbereitung der Organentnahme». Diese revidierten Richtlinien treten als Anhang gleichzeitig mit der Revision des TxG in Kraft.

Mit keinem Wort wird in der Medienmitteilung des Bundesrates erwähnt, dass die SAMW-Richtlinien eine einschneidende Veränderung bezüglich der Organentnahme nach Herz-Kreislaufstillstand enthalten. Bisher galt nach dem Herz-Kreislaufstillstand bis zur Hirntoddiagnostik eine Wartezeit von 10 min. Diese wurde auf 5 min. verkürzt. Die Regelung gilt sogar für Säuglinge ab dem 28. Lebenstag. Als die SAMW die Richtlinie in die Vernehmlassung brachte, betrug die Frist noch 10 min. Die einschneidende Halbierung auf 5 min. hätte eine weitere Vernehmlassung nach sich ziehen müssen. Etliche Vernehmlassungsteilnehmer hätten in Kenntnis dieser Änderung protestiert.

Warum spielt die Reduktion von 10 auf 5 min. eine Rolle? Wie die SAMW-Richtlinien in ihrer Präambel festhalten, legt das Transplantationsgesetz als Kriterium für den Tod eines Menschen den irreversiblen Ausfall sämtlicher Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms fest.

Der irreversible Funktionsausfall des Grosshirns nach Herz-Kreislaufstillstand tritt nach etwa 5 min. ein. Die Überlebensdauer des Hirnstammes wird mit bis zu 10 min. oder etwas länger nach Herz-Kreislaufstillstand beobachtet. Das hat mit der unterschiedlichen Empfindlichkeit der Hirnstrukturen zu tun. Die bisher festgelegte 10 minütige Wartezeit hat diesem Umstand Rechnung getragen.

Deshalb ist der irreversible Ausfall des Gehirns einschliesslich des Hirnstamms mit der Reduktion auf 5 min. nicht mehr gewährleistet. Der Eindruck drängt sich auf, dass die Wartezeit, die den Organspender schützen sollte, zugunsten möglichst frischer Spenderorgane verkürzt wird.

Die Deutsche Bundesärztekammer lehnt generell eine Organentnahme nach Herz-Kreislaufstillstand mit der Begründung ab, die Todesfeststellung sei unsicher. Dies belege jede auch nur vorübergehend erfolgreiche Reanimation. Die Deutsche Gesellschaft fuÌ^r Kardiologie und die Deutsche Gesellschaft fuÌ^r Neurologie teilen diesen Standpunkt. Auch namhafte Neurologen kritisieren aufgrund der Unsicherheitsfaktoren das Konzept der Organspende nach Tod durch Herz-Kreislaufstillstand (siehe Fussnote 1).

Die Unterzeichnenden protestieren gegen diese Änderung und verlangen, dass der Bundesrat die Inkraftsetzung des TxP aufschiebt, bis die SAMW den umstrittenen Punkt geändert hat. Der Bund gibt für die Kampagne "Rede über Organspende" pro Jahr 1,65 Millionen Franken aus. Dass der Bundesrat zugleich entscheidende Lockerungen in den Richtlinien über die Todesfeststellung verschweigt, ist nicht akzeptabel.

Nur einen Tag nach dem Entscheid des Bundesrates wurde eine Volksinitiative gestartet, welche die bisherige Regelung, d.h. die sog. Zustimmungslösung, durch die sog. Widerspruchslösung ersetzen soll. Im Klartext: Wer sich neu für den Fall seines Todes nicht ausdrücklich gegen die Weiterverwendung seiner Organe ausgesprochen hat, gilt automatisch als Organspender. Damit soll der akute Mangel an Spenderorganen bekämpft werden. Mit der verheimlichten Halbierung der Wartefrist wird das Vertrauen der Bevölkerung in die gesetzlichen Regelungen zur Organspende erschüttert. Dies gilt umso mehr, als den wenigsten bewusst ist, dass Organspenden nicht nur nach dem klassischen Hirntod, sondern auch nach Herz-Kreislaufstillstand vorgenommen werden. Eine intensive Diskussion in der Öffentlichkeit ist deshalb ein absolutes Muss, bevor die geplante Revision des TxG in Kraft gesetzt werden kann.

Fussnote 1):

vgl. Heide W., «Non-heart-beating donors» sind nicht geeignet. Nervenarzt 87 (2016) 161-168. vgl. Meeker JW, Kelkar AH, Loc BL, Lynch TJ., A Case Report of Delayed Return of Spontaneous Circulation: Lazarus Phenomenon. Am J Med 129 (2016) e343-e344. vgl. Cummings BM, Noviski N., Autoresuscitation in a child: The young Lazarus. Resuscitation 82 (2011) 134.

Medienmitteilung des Bundesrates vom 18.10.2017: http://ots.ch/6Xwjj

Brief in der Sache an den Bundesrat: http://ots.ch/tcNaF

Kontakt:

Hippokratische Gesellschaft Schweiz
Human Life International Schweiz
Schweizerische Gesellschaft für Bioethik
Vereinigung Katholischer Ärzte der Schweiz


KONTAKT:
Human Life International (HLI) Schweiz, Postfach 1307, 6301 Zug
041 710 28 48, office@human-life.ch, Webseite: www.human-life.ch

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