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Schweizerische Hirnliga

Nonverbale Kommunikation bei Schizophrenie
Forschungspreis 2018 der Schweizerischen Hirnliga geht an die Forschungsgruppe von Prof. Sebastian Walther und Dr. Katharina Stegmayer

Nonverbale Kommunikation bei Schizophrenie / Forschungspreis 2018 der Schweizerischen Hirnliga geht an die Forschungsgruppe von Prof. Sebastian Walther und Dr. Katharina Stegmayer
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Bern (ots)

Der Forschungspreis der Schweizerischen Hirnliga in der Höhe von 20'000 Franken geht dieses Jahr an die Forschungsgruppe von Sebastian Walther und Katharina Stegmayer* der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern. Die Forscher konnten erstmals zeigen, dass ungefähr die Hälfte aller Schizophrenie-Patienten an einer Störung der Gestik leidet. Ihre Untersuchungen liefern wichtige Erkenntnisse zum Verständnis des entsprechenden Netzwerkes im Gehirn. Ausgehend davon erhofft man sich, spezifische Therapien entwickeln zu können.

Viele Schizophrenie-Patienten haben ein Problem mit der Kommunikation und der sozialen Interaktion. Davon betroffen ist auch die nonverbale Kommunikation, zum Beispiel die Mimik, die emotionelle Sprachmelodie oder die unwillkürliche Begleitgestik der Arme und Hände beim Sprechen. Ausgehend von dieser Erkenntnis untersuchte die Forschungsgruppe von Walther und Stegmayer eine weitere Komponente der nonverbalen Kommunikation: die Gestik. Es zeigte sich, dass ungefähr die Hälfte aller Schizophrenie-Patienten Störungen der Gestik aufweisen. Dabei konnten die Forscher erstmals nachweisen, dass die Defizite sowohl die Wahrnehmung und Deutung der Gesten, wie auch deren Ausübung betreffen und dass diese Komponenten untereinander korrelieren, also kausal zusammenhängen. Das heisst: Der Patient, der Gesten von Mitmenschen nicht richtig interpretieren kann, kann sie selber auch nicht richtig ausführen. Oder umgekehrt: Wer Mühe hat beim Gestikulieren, der hat auch Mühe bei der Interpretation von Gesten. Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Schizophrenie-Forschung von grosser Bedeutung, denn auch bei anderen neurologischen Erkrankungen gibt es Störungen der Gestik, die mit dem Gestennetzwerk zusammenhängen.

Weiter fand das Forschungsteam heraus, dass anhand von Gestik-Tests Prognosen über den Krankheitsverlauf der Schizophrenie gemacht werden können. Wer im Gestik-Test gut abschneidet, der ist später weniger sozial isoliert. Wer hingegen viele Fehler macht, hat später ein deutlich schlechteres soziales Funktionsniveau. Das heisst: weniger soziale Beziehungen, Schwierigkeiten bei der Arbeit bzw. keine Arbeitsstelle, wenig oder gar keine Hobbies.

Zudem haben die Forscher erstmals bei Schizophrenie das für die Gestik verantwortliche Netzwerk im Gehirn mittels Magnetresonanz-Tomographie anatomisch ausgemessen. Beim Gestikulieren arbeiten verschiedene Hirnregionen (u.a. für die Handlungsmotorik, Sprachverarbeitung, Sprachproduktion, Bewegungsplanung) zusammen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Schizophrenie-Patienten mit Störungen in der Gestenproduktion diese Zusammenarbeit nicht richtig funktioniert. Bereits bei der Planung von Gesten macht das Netzwerk erste Fehler. Die Betroffenen haben ein vermindertes Hirnvolumen in einer zentralen Region der Handlungsmotorik. Läsionen in dieser Hirnregion führen auch bei anderen neurologischen Erkrankungen zur Apraxie (Störung der Handlungsmotorik). So sind die Erkenntnisse nicht nur für die Schizophrenie-Forschung von grosser Bedeutung, sondern auch für die Erforschung weiterer Hirnerkrankungen.

Für ihre bemerkenswerten Studien wurde die Forschungsgruppe von Walther und Stegmayer mit dem Forschungspreis der Schweizerischen Hirnliga in der Höhe von 20'000 Franken ausgezeichnet. Ihre Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis eines alltagsrelevanten Problems und bergen grosses Potential für therapeutische Massnahmen. Besonders aussichtsreich sind spezifische Gestentrainings sowie Verfahren der zerebralen Magnetstimulation.

Weitere Informationen zur prämierten Forschungsarbeit und Bilder befinden sich auf der Website der Schweizerischen Hirnliga (www.hirnliga.ch > Forschungspreis).

Die Verleihung des mit 20'000 Franken dotierten Forschungspreises findet am Montag, 12. März 2018, um 18.15 Uhr an der Universität Bern (Hochschulstrasse 4, 3012 Bern, Raum 210 im 2. OG) statt. Prof. Walther und Dr. Stegmayer werden anlässlich der Eröffnungsfeier zur Woche des Gehirns dort über ihre Forschung berichten und stehen den Medien für Interviews zur Verfügung. Der Anlass ist öffentlich.

*Weitere an der Forschung Beteiligte: S. Eisenhardt, A. Federspiel, J. Moor, W. Strik (Psychiatrie Bern), ferner René M. Müri, (Neurologie Bern), R. Wiest (Neuroradiologie Bern), S. Bohlhalter, T. Vanbellingen (Neurologie Luzern).

Die schweizerische Hirnforschung gehört zur Weltspitze. Vor diesem Hintergrund haben engagierte Wissenschaftler 1995 die Schweizerische Hirnliga gegründet. Sie hat es sich zum Ziel gemacht, die Hirnforschung in der Schweiz zu unterstützen und die Bevölkerung über Möglichkeiten zur Gesunderhaltung des Gehirns zu informieren. Alle zwei Jahre vergibt sie einen Forschungspreis für eine ausserordentliche Leistung im Bereich der Neurowissenschaften.

www.hirnliga.ch

Kontakt:

Universitäre Psychiatrische Dienste Bern Universitätsklinik für
Psychiatrie und Psychotherapie
Prof. Dr. med. Sebastian Walther
Murtenstrasse 21, 3008 Bern
Tel.: +41 31 632 89 79
Mail: sebastian.walther@upd.unibe.ch

Schweizerische Hirnliga
Simone Keller
Postgasse 19, 3000 Bern 8
Tel.: +41 31 310 20 91
Mail: simone.keller@hirnliga.ch

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