Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH
«Scheindiskussionen beenden - Schutzstatus S abschaffen»
Parlamentarische Kommission des Ständerats behandelt Parlamentarische Initiative über Familiennachzug und Schutzstatus S
Bern (ots)
Der «Schutzstatus S» wurde noch nie angewendet. Trotzdem beschäftigt sich das Schweizer Parlament immer wieder damit. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH erachtet diesen Phantomstatus als rechtlich inkohärent und für die Praxis ungeeignet. Er gehört abgeschafft.
Die Staatspolitische Kommission des Ständerats SPK-S hat gestern an ihrer Sitzung vom 25. August 2016 die Parlamentarische Initiative von Ständerat Philippe Müller, FDP-Fraktion «Familiennachzug. Gleiche Regelung für Schutzbedürftige wie für vorläufig Aufgenommene» mit 9:3 Stimmen gutgeheissen und dem Nationalrat überwiesen. Danach sollen für Personen mit dem Status «Schutzbedürftige» und für solche mit dem Status «vorläufig Aufgenommene» die gleichen Bedingungen für den Familiennachzug gelten. Dieser ist für Schutzbedürftige sofort möglich, für «vorläufig Aufgenommene» erst nach drei Jahren.
Mehr statt weniger Aufwand
Die SFH plädiert für die Abschaffung des nie eingeführten und in der Praxis nie angewandten «Status S» aus folgenden Gründen:
- Eine Scheindiskussion über einen in der Praxis nie eingeführten
Status zu führen und diesen noch zu verschärfen, bindet unnötig
Ressourcen und ist absurd. - Personen mit «Status S» haben fünf Jahre lang keinen Anspruch
auf Integrationsmassnahmen. Sie werden so in einem
Zwischenstatus gehalten, der den derzeitigen Bemühungen des
Bundes zur Integration von Geflüchteten diametral entgegen
steht. - Den Familiennachzug für Schutzbedürftige - wie bei vorläufig
aufgenommen Personen - an die wirtschaftliche Integration zu
binden, ist angesichts dieser Ausgangslage bestenfalls als
zynisch oder als Symbolpolitik zu bezeichnen. - Zudem fehlt jegliche praktische Erfahrung mit dem Status. Der
«Status S» wurde noch nie angewandt aber schon in unzähligen
Revisionen geändert. Aus rechtlicher Sicht fügt sich das dadurch
entstandene Konstrukt nicht in den schlüssigen und effizienten
Ablauf eines Asylverfahrens, ist rechtlich inkohärent. - Wird der Schutzstatus - wie vorgesehen - nach einer gewissen
Zeit aufgehoben, müssen vor einer allfälligen Wegweisung
Einzelfallabklärung getätigt werden. Dadurch wird mehr Aufwand
für Bund und Kantone generiert. In den meisten Fällen würde dann
ein reguläres Asylverfahren durchgeführt. Dabei ist die
Abklärung der Sachverhalte nach einer so langen Zeit zusätzlich
erschwert. - Gegen die Anordnung des Schutzstatus kann keine Beschwerde
erhoben werden, selbst wenn die Person individuell als
Flüchtling möglicherweise einen Anspruch auf eine
Aufenthaltsbewilligung hätte.Was bedeutet der «Status S»?
Der «Status S» berechtigt zum vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz. Schutzbedürftige Personen erhalten den S-Ausweis. Der S-Ausweis ist jedoch keine Aufenthaltsbewilligung. Er wurde als rechtlicher Status eingeführt, um bei Massenfluchtsituationen angemessen, schnell und pragmatisch reagieren zu können. Bisher wurde jedoch noch nie darauf zurückgegriffen; praktische Erfahrungen mit dieser Rechtslage fehlen.
Die Möglichkeit der Gewährung von vorübergehendem Schutz und die anschliessende Rechtstellung ist im Asylgesetz verankert (Art. 4 und Art. 66ff. AsylG). Schutzbedürftigen kann «für die Dauer einer schweren allgemeinen Gefährdung» Schutz gewährt werden (Art. 4 AsylG). Diese Massnahme kann beispielsweise ergriffen werden, wenn in einem Staat Krieg, Bürgerkrieg oder eine Situation allgemeiner Gewalt herrscht.
Die völkerrechtlichen Grundlagen haben sich inzwischen durch die Dublin-Assoziierung und die Weiterentwicklung des Refoulement-Schutzes (Nichtzurückweisung) stark verändert."
Vertiefte Informationen und rechtlicher Hintergrund:
- Website SFH /OSAR http://bit.ly/2bkkbme
Kontakt:
Auskunft:
Constantin Hruschka, Leiter Abteilung Protection der Schweizerischen
Flüchtlingshilfe SFH 079 912 38 73; E-Mail:
Constantin.Hruschka@fluechtlingshilfe.ch