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Unterricht der Landessprachen in der Schule: Forum Helveticum schlägt Alarm
Beunruhigende Signale für den nationalen Zusammenhalt und dringender Handlungsbedarf

Lenzburg (ots)

2011 und 2012 wurden in Deutschschweizer Kantonen (AI, GL, OW, SG, SZ, TG und ZH) politische Vorstösse und Vorschläge aus Lehrergremien zu Lasten des Italienisch- und Französischunterrichts in der Schule eingereicht. Diese Besorgnis erregenden Signale bewegten das Forum Helveticum (FH) dazu, dieser Thematik ein Dossier zu widmen. Die Antworten von Entscheidungsträgern und Spezialisten zu unserer Umfrage zeigen, dass die Landessprachen im Fremdsprachenunterricht ein unbestrittenes Element der nationalen Kohäsion und der Schweizer Identität bleiben. Es besteht auch eine landesweite Übereinstimmung über einen dringenden Handlungsbedarf beim Sprachenunterricht auf verschiedenen Ebenen. Die Sorgen in der lateinischen Schweiz unterscheiden sich allerdings zum Teil von jenen in der Deutschschweiz.

Die Hauptunterschiede zwischen der lateinischen und der Deutschschweiz liegen bei der Wahrnehmung und Wertung der erwähnten "Ereignisse" in Deutschschweizer Kantonen. In der lateinischen Schweiz werden sie als Bedrohung für den nationalen Zusammenhalt gesehen und sogar als Aktionen, die zur Zersplitterung der Schweiz führen könnten. Weiter erachtet man sie als Gefahr für die Erhaltung und Pflege der eigenen Sprache und Kultur. Dies ist nachvollziehbar, geht es doch um die Abschaffung von Italienisch als Schwerpunktfach, um die Streichung von Französisch für lernschwache Schüler oder die Verlegung von Französisch von der Primarschule in die Oberstufe. Stimmen aus der Deutschschweiz verurteilen zwar auch mehrheitlich diese "Ereignisse", sehen darin aber keine Bedrohung für die nationale Kohäsion. Die Signale aus den betroffenen Deutschschweizer Kantonen werden jedoch auch hier ernstgenommen, weil sie Ausdruck vielschichtiger und ernsthafter Probleme im Schul- und Bildungswesen sind.

Für alle Akteure ist klar: Die Landessprachen im Fremdsprachenunterricht bleiben ein unbestrittenes Element der nationalen Kohäsion und der Schweizer Identität. Dementsprechend müssen sie gefördert werden. Unter den verschiedenen Massnahmen im didaktisch-pädagogischen Bereich wird einhellig die Wichtigkeit des Schüleraustausches und weiterer Aktivitäten des "kontextbezogenen Lernens" unterstrichen. Das FH unterstützt mit Nachdruck - ideell und mit konkreten Projekten - die Förderung dieser Aktivitäten, eine seit Jahren bekannte Möglichkeit, um den Sprachenunterricht aktiv zu begleiten, die aber innerhalb der Schweiz noch zu wenig genutzt wird.

Von den befragten Persönlichkeiten wünschen sich viele dringend eine objektive, gesamtschweizerische Bestandsaufnahme des (frühen) Fremdsprachenunterrichts, die auch die Verbesserung der Gelingensbedingungen und die Bewertung des Mitteleinsatzes berücksichtigen würde; auch eine bessere Zusammenarbeit unter allen involvierten Akteuren würde begrüsst. Aus Sicht des FH sollte eine nationale Debatte und Standortbestimmung zusätzlich zu den didaktisch-pädagogischen und finanziellen Fragen - drei weitere Aspekte berücksichtigen:

1. Eine allgemeine Sensibilisierung für die Tatsache, dass die Mehrsprachigkeit der Schweiz nicht (nur) ein Hindernis, sondern eine einmalige - auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen und internationalen Wettbewerb zu nutzende - Chance ist, und dass der Fremdsprachenunterricht (auch) der Förderung der nationalen Kohäsion und des schweizerischen Selbstverständnisses dient.

2. Die oben erwähnten unterschiedlichen Ansichten und Anliegen aus den Sprachregionen müssten in die Debatte einfliessen.

3. Diese Debatte sollte bei den Grundsatzfragen weitere Kreise der Gesellschaft (z.B. Elternverbände) einbeziehen. Als Kompetenzzentrum für sprachkulturelle Verständigung bietet das FH in diesem Zusammenhang seine Dienste an.

Wenn sprachliche Minderheiten das Gefühl haben, bei Entscheiden von nationaler Tragweite von der Mehrheit vernachlässigt zu werden oder in ihrer sprachkulturellen Identität bedroht zu sein, entsteht ein grosses Konfliktpotential. Um Konflikte zu vermeiden, bedarf es des ständigen Dialogs zwischen den Sprachgemeinschaften und des Versuchs, die Sensibilität des Anderen zu verstehen. Dazu lädt das FH alle Akteure aus Bildung, Schulwesen und interessierten Organisationen im Rahmen einer nationalen Debatte ein.

Kontakt:

Dr. Paolo Barblan
Geschäftsleiter Forum Helveticum
Tel.: +41/62/888'01'25
E-Mail: info@forum-helveticum.ch
Web: www.forum-helveticum.ch