Tous Actualités
Suivre
Abonner BERLINER MORGENPOST

BERLINER MORGENPOST

Hohe Hürden vor dem NPD-Verbot Leitartikel, Jochim Stoltenberg zum zweiten Versuch, die Neonazi- Partei in Deutschland zu verbieten

Berlin (ots)

Dass auch 68 Jahre nach dem Ende des Weltbrandstifters Adolf Hitler und dessen vom Rassenwahn geprägter Partei noch immer - oder schon wieder - Menschen in Deutschland der NS-Ideologie huldigen, bleibt unverständlich. Und wenn sich das eine Partei wie die NPD auf ihre Fahne schreibt, sie über Parteienfinanzierung und Zuschüsse für ihre Abgeordneten in zwei Landtagen jährlich auch noch Millionen Euro aus Steuergeldern kassiert, ist die Forderung nach einem Verbot verständlich. Die Bundesländer wollen das mit ihrem heute beim Bundesverfassungsgericht eingereichten Antrag erreichen. Leider gehen sie dabei ein zu großes juristisches Risiko ein. Als Lehre aus der NS-Diktatur haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Hürden für ein Parteienverbot sehr hoch gelegt. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat sie noch weiter angehoben. So wünschenswert ein Verbot der NPD, so verheerend wäre eine zweite juristische Niederlage. Sie wäre ein demokratischer Freibrief für die Neonazi-Partei. Den Karlsruher Richtern reicht die bloße Ablehnung der Demokratie für ein Verbot nicht aus. Hinzu kommen muss eine "aktiv kämpferische, aggressive" Haltung - nicht nur Einzelner, sondern der Partei insgesamt. Eine solche Voraussetzung etwa zwischen der NPD und dem NSU-Terrortrio schlüssig nachzuweisen ist bisher nicht gelungen. Sollten die Ewiggestrigen in Karlsruhe dennoch verlieren, stünde ihnen der Weg nach Straßburg offen. Dort wird für ein Verbot vorausgesetzt, dass die Partei eine "echte Chance" haben muss, die Macht im Lande zu ergreifen. Kann man das ernsthaft von der NPD mit ihren 6000 Mitgliedern, blasser Führung, Finanzproblemen und 1,3 Prozent bei der Bundestagswahl behaupten? Angesichts der Zweifel begleiten diesmal Bundesregierung und Bundestag den Bundesrat nicht nach Karlsruhe. Aber selbst ein positives Urteil würde den nationalsozialistischen Schwachsinn ja nicht aus den Köpfen der Unbelehrbaren tilgen. Sie würden aus dem Untergrund weiter agieren. Deshalb kommen die Demokraten nicht darum herum, die NPD samt Anhang im politischen Diskurs zu besiegen. Das ist anstrengend, aber nachhaltiger als ein hochriskantes juristisches Verfahren. Dennoch bleibt bei allen Bedenken jetzt, da sich die Länder anders entschieden haben, nur die Hoffnung auf die richtige Einsicht der Richter.

Kontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Plus de actualités: BERLINER MORGENPOST
Plus de actualités: BERLINER MORGENPOST
  • 30.11.2013 – 18:48

    Dichtung und Wahrheit / Leitartikel von Hajo Schumacher

    Berlin (ots) - Neues Wachstum, mehr Beschäftigung, Vorfahrt für Investitionen, Mut zur Selbstständigkeit, Wagniskapital für Innovationen - schon auf der ersten Seite liest sich der Koalitionsvertrag wie der Fahrplan in eine bessere Zukunft. Leider stammt das Werk mit dem Titel "Gemeinsam für Deutschland - mit Mut und Menschlichkeit" aus dem Jahre 2005. Mutige Politik wird in Krisenzeiten versucht. Der ...

  • 28.11.2013 – 19:51

    Auf dem falschen Weg - Leitartikel von Christine Richter

    Berlin (ots) - Der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), gelingen in diesen Tagen zwei Sachen: erstens, bundesweit bekannt zu werden, zweitens, Kreuzberg und damit Berlin bundesweit zu blamieren beziehungsweise in Verruf zu bringen. Was ihr nicht gelingt, ist aber noch viel bedeutsamer: die Probleme in ihrem Bezirk zu lösen. ...

  • 27.11.2013 – 20:00

    Ein Vertrag, besser als befürchtet / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

    Berlin (ots) - Der große und mutige, die Zukunftsprobleme des Landes und der Gesellschaft anpackende Wurf ist dieser Koalitionsvertrag nicht. Aber die Lage in Deutschland ist ja auch nicht so düster, wie sie von den Oppositionsparteien einschließlich der SPD im Bundestagswahlkampf beschworen wurde. Das Land lebt noch immer ganz gut von seiner Substanz. Wenn es eine ...