Alles in Butter auf dem Schweizer Arbeitsmarkt?
Bern (ots)
Gemäss dem Observatoriumsbericht verursacht die Zuwanderung oder die Zunahme der Grenzgänger keine oder nur vernachlässigbare negative Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit oder die Löhne. Dieses Fazit widerspricht jedoch der Alltagserfahrung der Bevölkerung, insbesondere in Grenzregionen. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, steht die Politik vor grossen Herausforderungen, wenn die Personenfreizügigkeit die Abstimmungen der nächsten Jahre überstehen soll.
Die Personenfreizügigkeit hat keine verheerenden Auswirkungen auf den Schweizer Arbeitsmarkt. Die von den Gewerkschaften durchgesetzten flankierenden Massnahmen sind ein grosser Erfolg beim Schutz der Löhne. Das sind sicher zwei wichtige positive Feststellungen des Observatoriumsberichts 2013.
Negative Effekte nicht ausblenden
Aus dem Fehlen katastrophaler Folgen zu schliessen, dass alles in Butter ist, wäre aber falsch. Denn Bevölkerung und Gewerkschaften machen insbesondere in Grenzregionen eine andere Erfahrung. Gerade für junge Berufseinsteigerinnen und -einsteiger und für ältere Arbeitslose wird die Lage auf dem Arbeitsmarkt immer schwieriger. Dies geht auch aus dem Bericht hervor. Denn der markante Anstieg der Erwerbslosenquote gemäss ILO (S.44) zeigt, dass die Arbeitslosigkeit bei Personen angestiegen ist, die keinen Zugang zur Arbeitslosenversicherung haben. Also den Jungen und den Ausgesteuerten.
Handlungsbedarf für Politik
Travail.Suisse ortet Handlungsbedarf in zwei Bereichen:
- Stärkung von Regionen mit hoher Zuwanderung bzw. vielen
Grenzgängern: In der Arbeitslosenversicherung ist in diesen
Regionen der Zugang für die Jungen im Anschluss an die
Ausbildung zu verbessern, damit sie auch von den aktiven
Arbeitsmassnahmen profitieren können. Für die älteren
Arbeitnehmenden ist die Zahl der Taggelder zu erhöhen. Bei den
Flankierenden Massnahmen müssen diese Regionen zu Fokusregionen
werden, in welchen mehr Kontrollen durchgeführt und finanziert
sowie die Allgemeinverbindlicherklärung von GAV und der Erlass
von NAV erleichtert werden.
- Gerechte Verteilung der Wachstumseffekte: Die Politik muss dafür
sorgen, dass die Früchte des Wachstums der ganzen Bevölkerung
zugute kommen. Dazu braucht es flächendeckend regionale und
branchenspezifische Mindestlöhne, eine Unterstützung der
Arbeitnehmenden bei der Weiterbildung und der Vereinbarkeit mit
der Familie sowie eine Abkehr von Steuergeschenken für Reiche
und für Unternehmen, damit die Infrastruktur der Zukunft
finanziert werden kann.Nur wenn die Alltagserfahrung der Bevölkerung mit den grundsätzlich positiven Statistiken in Übereinstimmung gebracht werden kann, wird die Personenfreizügigkeit auch die kommenden Abstimmungen überstehen.
Kontakt:
Martin Flügel, Präsident, 031/370'21'11, 079/743'90'05