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Schweizerischer Städteverband / Union des villes suisses

Eine Testagenda für automatisiertes Fahren

Bern (ots)

Automatisierte Fahrzeuge haben das Potenzial, die Mobilität in Zukunft grundlegend zu ändern. Vorteile wie Sicherheitsgewinne oder einfachere Zugänge zur Mobilität stellen sich jedoch nicht von selbst ein. Bund, Kantone, Städte und Gemeinden müssen die Rahmenbedingungen frühzeitig und wirkungsvoll anpassen. Die Studie «Einsatz automatisierter Fahrzeuge im Alltag - Denkbare Anwendungen und Effekte in der Schweiz» liefert vertieftes interdisziplinäres Orientierungswissen und zeigt Handlungsoptionen auf. In einem ersten Schritt sind die Koordination aller beteiligten Akteure und der nationale Erfahrungsaustausch zu stärken.

Städte und Kantone sind gewillt, sich aktiv in die Diskussion um die nächsten Schritte zu einer Automatisierung des Verkehrs einzubringen. Mit der Automatisierung sind gewichtige gesellschaftliche Fragen zur persönlichen Freiheit bzw. zur Selbstbestimmung im Verkehr verbunden, die auch einen breiten öffentlichen Diskurs erfordern. Das haben sieben vertiefende Studien - unter anderem zu den Herausforderungen in den Städten und Agglomerationen, zu den Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, zur Verkehrstechnik, zu den Daten- und Infrastrukturen oder neuen Angebotsformen im kollektiven Verkehr zutage gefördert. Diese hatten der Schweizerische Städteverband und weitere öffentliche und private Partner (siehe Kasten) im Rahmen der Studie «Einsatz automatisierter Fahrzeuge im Alltag - Denkbare Anwendungen und Effekte in der Schweiz» vom Beratungsunternehmen EBP erarbeiten lassen. Daraus resultierende Erkenntnisse und Handlungsoptionen wurden am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Bern vorgestellt.

Um die Chancen der neuen technischen Möglichkeiten zu maximieren und ihre Risiken minimieren, bedarf es einer gemeinsamen Testagenda und regulatorischer Rahmenbedingungen, die eine Balance zwischen einer nachhaltigen Mobilität, der Attraktivitätssteigerung der städtischen Verkehrsräume und Entfaltungsmöglichkeiten für verkehrstechnische Innovationen ermöglichen: So lautet die Quintessenz der Synthese der bisher umfassendsten Studie zum automatisierten Fahren in der Schweiz.

Beispielsweise finden in mehreren Landesteilen Versuche mit automatisierten Shuttles statt, diese sind aber wenig koordiniert, und ihre Finanzierung ist nicht transparent. Um einen Überblick über laufende und geplante Pilotprojekte zu erhalten, ist in einem ersten Schritt eine nationale Austauschplattform zu schaffen, an welcher sich neben der öffentlichen Hand involvierte Unternehmen, Fachleute und Hochschulen beteiligen. Darauf aufbauend müssen Bund, Kantone, Städte und Gemeinden eine tripartite Testagenda Schweiz formulieren und Grundsätze für einen systematischen Erfahrungsaustausch vereinbaren.

Mischverkehr, Mehrverkehr und Datenschutz als Herausforderungen

Unter anderem basierend darauf sind Wege zu finden, die das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmenden und -mitteln weiterhin ermöglichen und die Effizienz steigern. Gerade in dicht besiedelten Räumen soll dem traditionellen öffentlichen Verkehr sowie dem Fuss- und Veloverkehr aufgrund seiner Flächeneffizienz weiterhin eine zentrale Bedeutung zukommen. Dieser Mischverkehr bedeutet ein grosse Hürde für die Automatisierung, insbesondere in den Städten. Es wird nicht mehr nur zwischen Fussgängern, Radfahrerinnen, Trams, Bussen und Autos zu unterscheiden sein, sondern zunehmend auch zwischen Fahrzeugen verschiedener Automatisierungsgrade. Die lange Übergangsphase von Fahrzeugen unterschiedlicher Automatisierungsstufen ist daher proaktiv zu planen. Ohne angemessene Regulierungen drohen Konflikte zwischen Mensch und Maschine sowie mehr Stau.

Die Studie zeigt aber auch auf, dass die Nachfragesteigerungen grösser ausfallen könnten als der Effiziengewinn. Um diesen Mehrverkehr zu begrenzen, sind verschiedene Steuerungselemente denkbar: Von leistungsabhängigen Abgaben, über zeitlich oder räumlich differenzierte Verbote von Leerfahrten, neue Formen des Parkraummanagements, die Priorisierung von Fahrzeugen nach Belegung und/oder Fahrzweck bis hin zur Verteilung von Zeitfenstern für Fahrten. Zudem kann eine Entlastung des städtischen Strassennetzes von Güterverkehr mit Hilfe der Automatisierung erreicht werden, indem Warenströme gebündelt werden und Fahrzeuge auf der Hin- und Rückfahrt ausgelastet sind.

Ergänzend zu solchen Mobilitätsstrategien und Fragen eines sinnvollen künftigen Flächenmanagements von Parkplätzen, Haltekanten oder Güterumschlagsplätzen, bedarf es auf allen Staatsebenen eines «Open Government Data»-Ansatzes und einer Governance, um die Bereitstellung und den Bezug von Daten, die Datenhoheit, den Datenzugriff, die Datennutzung und das Datenmanagement zu regeln. Hier müssen - auch in einem öffentlichen Diskurs - Wege gefunden werden zwischen einer vollständigen Vernetzung aller Fahrzeuge, Verkehrsteilnehmenden und Infrastrukturen und der persönlichen Freiheit resp. des Datenschutzes.

KASTEN Grundlagenstudie (Phase 1)

Automatisiertes Fahren wird irgendwann Realität in unserem Alltag. Bereits heute sind die technologischen Möglichkeiten weit fortgeschritten und ermöglichen zusammen mit der Digitalisierung neue Mobilitätsdienste. Die Entwicklung wird aber über einen langen Zeitraum andauern - während Jahrzehnten werden Fahrzeuge verschiedener Automatisierungslevels nebeneinander verkehren. Die Fahrzeuge werden zudem während längerer Zeit mehr «können» als sie «dürfen». Das hat die Grundlagenstudie in der ersten Phase des Forschungsprojekts im vergangenen Jahr deutlich gemacht, welche die Basis für die sieben neuen Vertiefungsstudien und die daraus abgeleitete Synthese bildete. Chancen bietet die Automatisierung unter anderem Nutzergruppen wie älteren Menschen oder Personen ohne Führerschein, die so neu in den Genuss von individueller Mobilität kommen. Zudem sind mit zunehmender Automatisierung Sicherheitsgewinne zu erwarten, wobei Übergangszustände mit unterschiedlich stark automatisierten Fahrzeuge auch neue Herausforderungen in Bezug auf die Verkehrssicherheit mit sich bringen. Nicht nur im Personen-, auch im Güterverkehr lassen sich Angebote in der Feinverteilung indvidualisieren. Risiken bestehen unter anderem darin, dass die Verkehrsmenge mit verstärkter Automatisierung zunehmen kann - unter anderem weil Leerfahrten durch Fahrzeuge ohne Personen an Bord möglich sind und weil die Fahrzeit alternativ genutzt werden kann.

Studienpartner:

BaslerFonds 
Schweizerischer Städteverband SSV 
Stadt Zürich (Tiefbauamt, Dienstabteilung Verkehr, Verkehrsbetriebe 
Zürich) 
Stadt Bern (Direktion Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün, 
Verkehrsplanung) 
Bernmobil 
Schweizerische Südostbahn AG (SOB) 
Kanton St. Gallen (Tiefbauamt, Amt für öffentlichen Verkehr) 
Kanton Zürich (Amt für Verkehr, Amt für Abfall, Wasser, Energie und 
Luft) 
Kanton Basel-Stadt (Bau- und Verkehrsdepartement, Mobilität) 
Basler Verkehrsbetriebe BVB Kanton Obwalden (Raum und Verkehr) 
Stadt Winterthur (Amt für Städtebau) 
AXA (Unfallforschung & Prävention) 
Postauto 
Stadt Zug 
Stadt Nyon 
Stadt Pully 
Gemeinde Regensdorf 
Stadt St. Gallen (Amt für Umwelt und Energie) 
Autobus AG Liestal AAGL 
Viasuisse AG 
Coop 
Galliker Transport
Die Synthese, die Grundlagen- und die Vertiefungsstudien können 
heruntergeladen werden unter: 
- https://staedteverband.ch/de/Info/Aktuell 
- http://ots.ch/hWwXXZ

Weitere Informationen:

Renate Amstutz, Direktorin Schweizerischer Städteveband, Tel. 079 373
52 18
Fabienne Perret, Studienleiterin EBP, Tel. 044 395 17 27
Esther Arnet, Direktorin Dienstabteilung Verkehr Stadt Zürich, Tel.
044 411 89 95
Pascal Hinder, Stv. Leiter Mobilität und Planung, Tiefbauamt Kanton
St. Gallen, Tel. 058 229 04 71
Michael Löchl, Stv. Abteilungsleiter Gesamtverkehr, Amt für Verkehr,
Kanton Zürich,
Tel. 043 259 54 45
Naïma Mameri Khiat, Déléguée à la mobilité Ville de Nyon, Tel. 022
316 44 02
Christopher Hug, Medienstelle SOB, Tel. 058 580 74 10,
medienstelle@sob.ch
Medienstelle BERNMOBIL, Tel. 031 321 88 00, medien@bernmobil.ch

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