Tous Actualités
Suivre
Abonner Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Islam und Zwangsehe. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Ein Wort noch zur himmelschreienden Menschenrechtsverletzung der Zwangsehe. Kein Vater, der seine Tochter zwangsverheiratet, will ihr Böses. Er will sein Kind so unter die Haube bringen, dass es sich um seine Versorgung nicht mehr ängstigen muss. Arrangierte Ehen gibt es auch in anderen Kulturkreisen, in Indien etwa, und es gab sie auch in Europa, unter Herrscherhäusern etwa aus Gründen der Staatsräson.

Dass hier und heute Zwangsehen als Verbrechen gelten, ist ein zivilisatorischer Fortschritt. Dieser Fortschritt ist bei den Arrangeuren von Zwangsehen nicht angekommen. Weshalb? Sicher ist es richtig, wenn auch ein wenig abgehoben, von kultureller Differenz zu reden. Aber welche kulturelle Differenz ließe sich ohne Religion denken?

Der Koran betont den Vorrang der Männer über die Frauen. Abgeleitet wird dies aus der Praxis der Versorger-Ehe in den Stammesgesellschaften der Zeit, als der Koran entstand. Ein muslimischer Mann darf nach orthodoxer Auslegung eine christliche oder jüdische Frau heiraten, eine muslimische Frau darf das nicht. Benachteiligt (nach heutigem Verständnis) werden Frauen auch im Erbrecht und vor Gericht, wo die Aussage einer Frau nur halb so viel wiegt wie die eines Mannes. Der Koran erlaubt nicht Zwangsehen, aber er begünstigt sie.

Im Alltag haben wohl die meisten Muslime mit dem orthodoxen Islam nicht viel zu schaffen. Aber es ist kaum zu bestreiten, dass traditionell erzogene muslimische Mädchen es schwerer haben, ihre Rechte durchzusetzen als liberal aufgewachsene. Und traditionell erzogenen muslimischen Vätern fällt es schwerer, ihre Töchter in die westliche, liberale Wertewelt ziehen zu lassen, als anderen.

Wer Integration will, darf nicht nur über die doppelte Staatsbürgerschaft reden. Sie ist ein tolerantes Signal der Mehrheit an die eingewanderte Minderheit. Aber sie löst nicht die kulturell-religiöse Differenz auf. Die Lösung dafür wird auch nicht von der Mehrheitsgesellschaft kommen können. Wie ein Moslem den Koran handhabt, wird ein Christ oder auch Nicht-Christ aus Deutschland nicht für ihn lösen können. Diese Klärung muss aus dem Islam selbst kommen.

Fazit: Zwangsehen werden erst aufhören, wenn der Islam sie ächtet. Weiter gefasst: Die Widersprüche zwischen Demokratie und Islam werden sich erst auflösen nach einer durchgreifenden Modernisierung des Islam.

Kontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

Plus de actualités: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Plus de actualités: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 10.11.2011 – 06:00

    Ramsauer will Zahl der Verkehrstoten bis 2020 um 40 Prozent senken

    Essen (ots) - Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will mit einem neuen Sicherheitsprogramm die Zahl der Verkehrstoten auf deutschen Straßen bis 2020 um 40 Prozent senken. Zu einem Bündel von über 40 Maßnahmen gehören bessere Fahrzeugtechnologie, die Entschärfung von Gefahrenstellen auf den Straßen und mehr Aufklärung der Verkehrsteilnehmer. Das geht aus ...

  • 09.11.2011 – 19:36

    Bescheidene Aussichten - Kommentar von Sven Frohwein

    Essen (ots) - Deutschland ist vergleichsweise gut durch die Wirtschaftskrise gekommen. Weil die Arbeitnehmervertreter Maß gehalten und mit moderaten Lohnforderungen Industrie, Handel und Gewerbe nicht in Bedrängnis gebracht haben. Die Kehrseite: Die Lohnentwicklung konnte in vielen Fällen nicht mit der Inflationsrate mithalten, ein Großteil der Menschen hat mittlerweile spürbar weniger Geld in der Tasche als noch vor ...

  • 09.11.2011 – 19:13

    Zwangsehe ist ein Verbrechen - Kommentar von Sigrid Krause

    Essen (ots) - Auch wenn die Studie auf den ersten Blick anderes vermittelt: Die allermeisten jungen Frauen und Männer mit türkischen, serbischen, irakischen oder asiatischen Wurzeln werden nicht in die Ehe gezwungen. Gut 2,21 Millionen junge Leute ausländischer Herkunft, 15 bis 25 Jahre alt, lebten 2008 in Deutschland. 3443 von ihnen wurden in den Beratungsstellen registriert - 0,15 Prozent dieser Altersgruppe. ...