Poncet Turrettini Amaudruz Neyroud & Ass
Zum Bundesgerichtsentscheid in der Fregatten-Affäre Frankreich-Taiwan: Persönliche Stellungnahme Andrew Wangs zu den Entscheiden des Bundesgerichts vom 3. Mai 2004 zur Gewährung von Rechtshilfe an Taiwan
Genf (ots)
1. Wir sind überrascht, dass vertrauliche Informationen zu einem
laufenden Rechtsverfahren publiziert werden, noch bevor dieses
offiziell abgeschlossen ist. Das Schweizerische Bundesgericht
stellt in seinen diesbezüglichen Entscheiden vom 3. Mai 2004
selbst fest, dass der Bundesrat einen abschliessenden Entscheid
in dieser Sache zu fällen hat und dass ein solcher noch
aussteht. Mit der Veröffentlichung der Urteile - sogar noch vor
der Gewährung der von Taiwan geforderten Prozessgarantien -
erteilt das Schweizerische Bundesgericht faktisch in eigener
Regie, via Internet, Rechtshilfe an Taiwan.2. In einem gegenseitigen Rechtshilfeverfahren hat das
Schweizerische Bundesgericht nicht zu untersuchen, ob die
Anschuldigungen der französischen und taiwanesischen
Strafverfolgungsbehörden fundiert sind oder der Wahrheit
entsprechen. Das Schweizerische Bundesgericht ist der Ansicht,
dass die Bedingungen, Taiwan Rechtshilfe zu gewähren, erfüllt
seien und dass es an den französischen und taiwanesischen
Richtern zu entscheiden sei, ob die gegen Andrew Wang erhobenen
Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen. Von Taiwan verlangt
das Schweizerische Bundesgericht für die Gewährung von
Rechtshilfe prozessrechtliche Garantien, da es offenbar
beträchtliche Zweifel an der Fairness des taiwanesischen
Rechtssystems hegt. Dieses ist für politisch motivierte
Einmischungen in die Praxis der taiwanesischen Rechtsprechung
und für Folterungen durch Untersuchungsorgane bekannt.3. Wir haben in unserem Rekursbegehren an das Bundesgericht
bewiesen, dass die taiwanesischen Behörden in ihrem
Rechtshilfebegehren an die Schweiz Falschaussagen gemacht haben
und sogar gefälschte Dokumente vorlegten. Dem taiwanesischen
Rechtshilfebegehren liegt in Tat und Wahrheit die Absicht
zugrunde, zusätzliche Dokumente und Informationen für das
Schiedsverfahren Taiwans gegen Frankreich zu erhalten.4. 2003 hob die taiwanesische Regierung die notariell beglaubigte
Handlungsvollmacht für Andrew Wangs Anwalt auf, was diesen der
Möglichkeit beraubt, sich vor einem taiwanesischen Gericht
verteidigen zu lassen und gegen die rufschädigenden
Anschuldigungen in Taiwan gerichtlich vorzugehen. Dieser
Entscheid wurde gemäss taiwanesischen Medien offiziell mit dem
Verweis auf nationale Interessen begründet.5. Die genaue Prüfung der gemäss Medienberichten mehr als 20'000
Dokumenten umfassenden Schweizer Dossiers und auch die
Konsultation der französischen und taiwanesischen Dossiers
durch den Genfer Untersuchungsrichter Paul Perraudin zur
Beurteilung der jeweiligen Rechtshilfegesuche, lassen folgende
Schlüsse zu:a. Kein einziges Beweisstück vermag Andrew Wang mit dem Mord am
taiwanesischen Marinekapitän Captain YIN in Verbindung zu
bringen. Diese Anschuldigung wurde von den taiwanesischen
Behörden mit der Absicht erhoben, die Chance auf die
Gewährung von Schweizer Rechtshilfe zu erhöhen, da Mord ein
weltweit anerkanntes Kapitalverbrechen ist. Weder kannte
Andrew Wang Captain YIN, der erst einige Jahre nach
Abschluss des Fregatten-Geschäfts ums Leben kam, noch hat er
ihn jemals getroffen. Der subalterne Offizier der
taiwanesischen Marine war nie mit dem Fregatten-Geschäft
betraut gewesen. Er wurde erst 1993 in die Rüstungsbehörde
der taiwanesischen Marine berufen - zwei Jahre nachdem der
Vertrag für den Verkauf der Fregatten von Frankreich an
Taiwan unterzeichnet worden war. Zu dieser Zeit war Andrew
Wang beinahe 70 Jahre alt, hatte einen unbescholtenen
Leumund und hatte seine geschäftlichen Aktivitäten beendet.
Es gibt keine Motive, die nahe legen würden, dass Andrew
Wang in ein solches Verbrechen verwickelt sein könnte.b. Für den im Jahr 2000 von den taiwanesischen Behörden
erlassenen Haftbefehl gegen Andrew Wang fehlen Motiv und
hinreichende Beweise. Der Haftbefehl ist damit sogar nach
taiwanesischem Recht illegal. Andrew Wang wurde bis heute
nie für Mord unter Anklage gestellt.c. Die vom Genfer Untersuchungsrichter Perraudin während mehr
als drei Jahren untersuchten Konten und Dokumente ergaben
keine Beweise für Zahlungen Andrew Wangs an französische
Politiker oder von Schmiergeldern an Entscheidungsträger.d. Hingegen wurde offensichtlich, dass all die Zahlungen, die
aus verschiedenen Quellen auf Andrew Wangs Konten geflossen
sind, abgesehen von unbedeutenden persönlichen Auslagen und
Anlagen, dort verblieben sind. Es erstaunt deshalb in hohem
Masse, dass Andrew Wang der Bezahlung von hohen
Schmiergeldern verdächtigt wird, wenn die untersuchten
Dokumente eindeutig erkennen lassen, dass die erhaltenden
Summen auf seinen Konten verblieben sind.e. Die Anschuldigungen bezüglich der Schmiergeldzahlungen
basieren ausschliesslich auf Gerüchten und Vermutungen und
entbehren jeglicher Beweise. Auch die neusten Vorwürfe, die
gemäss französischen Medienberichten in einem anonymen (!)
Schreiben den Untersuchungsbehörden zugespielt wurden, sind
falsch und bösartiger Natur.6. Die Entscheide des Schweizerischen Bundesgerichtes sind ein
grosser Erfolg für Taiwans umstrittenen Präsidenten Chen, der
sich um weltweite Unterstützung für die Unabhängigkeit Taiwans
bemüht. Die jüngsten Entscheide des Schweizerischen
Bundesgerichtes entsprechen einer de facto Anerkennung der
Souveränität Taiwans als von der Volksrepublik China
unabhängiger Staat.Kontakt:
Gerald Page
Rechtsanwalt
1211 Genf
Tel. +41/79/200'23'46
Isabelle Poncet
Rechtsanwältin
Poncet Turrettini Amaudruz
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1211 Genf
Tel. +41/22/319'11'11