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Schweizer Patenschaft für Berggemeinden

Schweizer Patenschaft der Schweizer Berggemeinden: Napfmilch-Bauern setzen auf Eigenständigkeit

Zürich (ots)

Die Napfmilch AG, ein Jungunternehmen im Luzerner
Hinterland, vertreibt seinen eigenen Kräuterfrischkäse, den es aus
lokalen Ressourcen gewinnt. Weil inzwischen 40 Produkte zum Sortiment
gehören, muss der Betrieb vergrössert werden.
In der einst stillgelegten Käserei, etwas oberhalb von Hergiswil
im Luzerner Napfgebiet, herrscht wieder Hochbetrieb. Im ersten Stock
schrubben zwei Angestellte rote und gelbe Karotten. Unten im
Produktionsbereich schleppt der Käsermeister die eben eingetroffenen
Milchtansen in die Käserei, während im Nebenraum Milch und Jogurts
maschinell abgefüllt werden. Etwas weiter hinten - im Kühlraum -
stapelt ein Mitarbeiter fertige Kräuterfrischkäse, ein anderer stellt
die eben abgepackte Vollmilch zur Lieferung bereit.
"Unsere Produkte sollen möglichst frisch bei den Abnehmern
eintreffen", erklärt Isidor Kunz, Bio-Bauer und Initiant der
Napfmilch AG, während er - wie es die Hygienevorschrift erfordert -
mit Häubchen, Mantel und mit Plastik verhüllten Schuhen durch das
Haus führt. Hier ist man mit allen Angestellten per du, die
Atmosphäre ist familiär. Trotzdem bleibt kaum Zeit für einen längeren
Schwatz. Liefere ein Landwirt seine Milch, sagt Isidor Kunz, sollen
die daraus entstandenen Frischprodukte schon am nächsten Tag im
Verkaufsregal der Grossverteiler stehen, mit denen die Napfmilch AG
zusammen arbeitet.
Hätte man vor sieben Jahren die Einwohner in Hergiswil und dem
benachbarten Willisau über die Zukunftschancen der Napfmilch AG
befragt, hätten die meisten abgewinkt. Damals war man im Luzerner
Hinterland skeptisch, ob der Betrieb tatsächlich bestehen könne -
inzwischen ist man eines Besseren belehrt worden. Heute ist die
Napfmilch AG ein Paradebeispiel für ein gelungenes Jungunternehmen in
einem immer wieder zur Randregion erklärten Berggebiet. Lokale
Ressourcen werden so genutzt, dass bestehende Marktlücken geschlossen
werden. "Es hat sich bewährt, dass wir auf Eigenständigkeit setzen",
sagt Geschäftsführer Heinz Fraefel.
Heute gehören über 40 Produkte zum Sortiment - aus regionalen
Rohstoffen werden nicht nur verschiedene Arten von Frischkäse
produziert, sondern auch Holunderblütensirup, Orangenminze- oder
Zitronenmelisse-Jogurt, sogar Panna Cotta mit Hagebuttengeschmack.
Das als Selbsthilfeprojekt bezeichnete Unternehmen zählt 18
Mitarbeiter; sein Umsatz wird sich dieses Jahr auf 6 Millionen
Franken belaufen. Zu den Abnehmern gehören Grossverteiler wie Coop,
Migros und Manor.
Einfach war das Unterfangen jedoch nicht. "Erst mussten die Leute
überzeugt werden", erzählt Isidor Kunz, langjähriger CVP-Kantonsrat,
lachend. Bewohner des Napfgebiets seien eigensinnig und - wie die
meisten Menschen - zuerst kritisch, wenn sie von einer neuen Idee
hörten. Kunz wollte aber dem Trend der Abwanderung entgegenwirken,
wollte verhindern, dass seine Heimat, wo er mit acht Geschwistern
aufgewachsen ist, an Attraktivität einbüsst, weil immer mehr
Arbeitsplätze verloren gehen. Ihm war klar: "Diese Region ist nur
überlebensfähig, wenn sie etwas Eigenes hervorbringt."
Als eine Studie der Universität Bern das Napfgebiet vor bald zehn
Jahren als das intakteste Landwirtschaftsgebiet der Schweiz
bezeichnete, war für ihn der Zeitpunkt gekommen. Die Region war nicht
nur bekannt für ihre qualitativ hochwertige Milch, ebenfalls fanden
einheimische Kräuter wie etwa Goldmelisse, Kamille oder Thymian regen
Absatz. Isidor Kunz hatte die zündende Idee: Milch und Kräuter - die
ideale Kombination für einen Kräuterfrischkäse. Bis anhin wurde kein
einziger Kräuterfrischkäse in der Schweiz hergestellt; sämtliche
wurden aus dem Ausland importiert. Sofort wurde der Hergiswiler
Dorfkäser beauftragt, einen Napf-Kräuterfrischkäse auszutüfteln.
Als Isidor Kunz die Bauern mit seiner Vorstellung konfrontierte,
fortan einen eigenen Kräuterfrischkäse zu produzieren, stiess er erst
auf Ablehnung. Lieber wollte man die Milch weiterhin an Emmi, den
grössten Schweizer Milchkonzern, liefern. Erst als Kunz auf seiner
Idee beharrte und immer wieder auf die Eigenständigkeit des
Napfgebiets pochte, fand er allmählich Gehör. Als die Napfmilch
Aktiengesellschaft schliesslich im April 1998 aus der Taufe gehoben
wurde, waren 50 der 130 Bauern aus der Umgebung mit von der Partie -
noch heute haben sie die Aktienmehrheit inne. Auch für den
Verwaltungsrat und die Geschäftsführung gewann Kunz Leute, die in
seinen Worten "im richtigen Beziehungsfeld" stehen. Mit 700'000
Franken Aktienkapital und der Unterstützung von 300'000 Franken durch
die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden konnte im Frühling 1999
mit der Produktion des ersten Napf-Frischkäses begonnen werden, der
bei den Grossverteilern sofort ins Sortiment aufgenommen wurde.
Seither hat sich die Palette der Napfmilch-Produkte vergrössert.
Und gut möglich, dass das Unternehmen auch Einfluss auf die
Einwohnerzahlen hat: Jedenfalls stieg die Anzahl der Bevölkerung in
Hergiswil in den 90er-Jahren erstmals seit 60 Jahren wieder auf 1823
Bewohner an.
Gerade weil das Unternehmen wächst, immer wieder neue Aufträge an
Land zieht und innovativ neue Produkte kreiert, fehlt es in der
Produktionsstube zunehmend an Platz. "Wir müssen unseren Mitarbeitern
Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, die den Qualitätsanforderungen
entsprechen", sagt Isidor Kunz. Geplant ist nun der Bau einer 500
Quadratmeter grossen, zweistöckigen Halle, mit je einer Milch-,
Frischkäse- und Spezialitätenstrasse, die direkt neben der alten
Käserei gebaut werden soll. Bereits im Herbst will man die neuen
Räumlichkeiten beziehen. Die Restkostenfinanzierung konnte wiederum
durch die Gönner der Schweizer Patenschaft sichergestellt werden.
Dieses Projekt ist ein Bilderbuchbeispiel, wie die Milchwirtschaft
auch in Randgebieten eine Zukunft bieten kann. Es entspricht der
neuen Landwirtschaftspolitik: weniger Subventionen, mehr Markt mit
Bauern als Unternehmer.

Kontakt:

Rosmarie Ettlin
Tel. +41/44/382'30'80

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