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Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

SNF: Die Sprachenpolitik im Einwanderungsland Schweiz

Bern (ots)

Immer mehr Menschen, die in der Schweiz leben und
hier arbeiten, verstehen die lokale Sprache nicht oder nur schlecht. 
Der Staat sollte seine Politik deshalb auf die neue Sprachenvielfalt 
ausrichten, indem er das Erlernen der Landessprachen fördert, aber 
auch vermehrt Übersetzungshilfen anbietet. Zu diesem Schluss kommt 
eine juristische Studie des Nationalen Forschungsprogramms 
«Sprachenvielfalt und Sprachkompetenz in der Schweiz» (NFP 56).
Sprachkenntnisse bezeichnet man heute oft als Schlüssel für die 
Integration von Zugewanderten. Auch die Schweizer Gesetzgebung sieht 
in Sprachkenntnissen zunehmend das ausschlaggebende Kriterium für den
Umgang mit Ausländerinnen und Ausländern. So erlaubt das neue 
Ausländergesetz den Behörden, das Erteilen einer 
Aufenthaltsbewilligung an die Bedingung zu knüpfen, dass der 
Betreffende einen Sprachkurs besucht. Die Niederlassungsbewilligung 
soll zukünftig nur noch erteilt werden, wenn der Ausländer über gute 
Sprachkenntnisse verfügt.
Problematisch dabei ist einerseits, dass das Aufzwingen von 
Sprachkursen mit den Grundrechten kollidieren kann, wie die Juristen 
Alberto Achermann und Jörg Künzli in ihrer im Rahmen des Nationalen 
Forschungsprogramms «Sprachenvielfalt und Sprachkompetenz in der 
Schweiz» (NFP 56) erstellten Studie aufzeigen. Andererseits kann man 
Angehörige von EU-Staaten nicht zur Integration verpflichten, was zu 
Rechtsungleichheit unter den Immigranten führt. Daher wäre vermehrt 
auf positive Anreize zu setzen, dass etwa, wer eine Amtssprache 
beherrscht, die Niederlassungsbewilligung schneller erhält.
Eine neue Sprachenpolitik
Das Schweizer Rechtssystem kennt kein allgemeines Recht auf 
Übersetzung. Bund und Kantone sind nicht verpflichtet, mit der 
Bevölkerung in einer anderen als einer Amtssprache zu kommunizieren. 
Aus den Grund- und Menschenrechten lässt sich zwar kein allgemeines 
Recht auf Übersetzung ableiten, doch im Bildungs- und im 
Sozialhilfebereich sowie im Gesundheitswesen ist eine allgemein 
funktionierende Kommunikation unerlässlich.
In gewissen Fällen besitzen Zugewanderte aus rechtsstaatlicher 
Sicht sehr wohl ein Recht auf Übersetzung - beispielsweise im Vorfeld
medizinischer Eingriffe oder wenn der Staat zum Schutz des Lebens 
verpflichtet ist, die notwendigen Informationen möglichst vielen 
Menschen zugänglich zu machen, etwa bei der Deklaration 
lebensgefährlicher Produkte. Eine vorausschauende Sprachenpolitik 
sollte nicht bloss auf Verpflichtungen im Rahmen des Ausländerrechts 
setzen. Deshalb ist eine weiter greifende Sprachförderungspolitik 
notwendig.
Englisch als Teil-Amtssprache?
Die Forschenden empfehlen den staatlichen Akteuren, im Sinne der vom 
neuen Ausländergesetz postulierten Chancengleichheit sprachliche 
Hindernisse abzubauen. Spitäler sollten professionelle 
Übersetzungshilfen beiziehen und Merkblätter in verschiedenen 
Sprachen anbieten. Vor schulischen Selektionsentscheiden könnten 
fremdsprachige Kinder privilegiert unterrichtet werden. Der Staat 
sollte die lokale Amtssprache bei der familienexternen 
Kinderbetreuung, auf Kindergartenstufe oder für Unterstützung auf 
Gymnasialstufe verstärkt vermitteln.
Zu prüfen ist laut den Autoren, die englische Sprache zur 
Teil-Amtssprache aufzuwerten, d.h. der Staat würde mit der 
Bevölkerung punktuell vermehrt auf Englisch kommunizieren. Dies käme 
den von der Wirtschaft begehrten hochqualifizierten Arbeitskräften 
entgegen, die mit ihrer Familie nur eine begrenzte Zeit hier leben 
und kaum zum Erlernen einer Landessprache zu verpflichten sind. Die 
Einführung der Teil-Amtssprache würde zudem die Rechtswirklichkeit 
nachvollziehen, da bereits mehrere Bereiche der Arbeitswelt, 
besonders bei international ausgerichteten Unternehmen, vom 
Englischen durchdrungen sind.
Der Schlussbericht «Zum Umgang mit den neuen Sprachminderheiten» 
kann heruntergeladen werden unter:
http://www.snf.ch > Medien > Medienmitteilungen.
Nationales Forschungsprogramm «Sprachenvielfalt und 
Sprachkompetenz in der Schweiz» (NFP 56)
Die traditionelle Viersprachigkeit der Schweiz ist längst zur 
Vielsprachigkeit geworden. Dies wirft für Schule und Gesellschaft 
Probleme auf. Andererseits aber eröffnet das sprachliche Kapital der 
Schweiz grosse Chancen, da die internationalen Verflechtungen 
Sprachenkenntnisse nötiger denn je machen. Die Vielfalt der Sprachen 
stellt heute neue Fragen an Schule, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft
und auch an jedes einzelne Individuum. Das vom Bundesrat in Auftrag 
gegebene NFP 56 erforscht und entwickelt seit 2006 die Grundlagen zur
Erhaltung, Förderung und Nutzung der Sprachenvielfalt in der Schweiz.
http://www.nfp56.ch
Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Website des 
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: http://www.snf.ch > 
Medien > Medienmitteilungen

Kontakt:

Dr. Alberto Achermann
Advokatur und Consulting
Lorrainestrasse 10
CH-3013 Bern
Tel. +41 (0) 31 332 52 19
Mobile + 41 (0)79 310 86 34
E-Mail: alberto.achermann@bluewin.ch

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