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Stellungnahme zum Kostendämpfungspaket 1: Bei Finanzierung statt bei Kosten ansetzen

Basel (ots)

Das Eidg. Departement des Innern (EDI) unterstellt grossen und dringenden Handlungsbedarf bei den Kosten. Das erste Kostendämpfungspaket des EDI setzt einseitig bei den Kosten an und beinhaltet keine Ansätze für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems aufgrund des medizinischen Fortschritts. Interpharma unterstützt zwar drei Massnahmen im Grundsatz, fordert jedoch Korrekturen hin zur Qualitätsorientierung. Das vorgeschlagene Referenzpreissystem ist in der vorliegenden Form nicht akzeptabel und Bedarf verschiedener Änderungen, damit es unterstützt werden könnte.

Warum jetzt, in einer Periode mit vielen, teilweise bedeutenden Innovationen, dringender Handlungsbedarf bestehen soll, auf der Kostenseite anzusetzen, wird im durch das EDI in die Vernehmlassung geschickten Kostendämpfungspaket 1 nicht weiter ausgeführt. Es wird zudem der Eindruck erweckt, die Schweiz sei was die Gesundheitsausgaben betrifft ein Sonderfall. Dem ist aber nicht so. Vielmehr kann hierzulande ein Wachstum der Gesundheitsausgaben in Relation zur Entwicklung des Bruttoinlandprodukts beobachtet werden, das der Entwicklung in anderen, wohlhabenderen OECD-Ländern durchaus entspricht und hinter Frankreich, Schweden, Deutschland und den Niederlanden liegt. Interpharma vertritt deshalb mit vielen anderen Akteuren im Gesundheitswesen den Standpunkt, dass der Problem- und Handlungsdruck im Schweizer Gesundheitswesen weniger aus dem Kostenwachstum per se entsteht, als vielmehr durch die ungleiche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen.

Zu den einzelnen Massnahmen im Kostendämpfungspaket 1 nimmt Interpharma wie folgt Stellung:

Unterstützung unter Vorbehalt

   - Pauschalen ambulanter Bereich: Interpharma befürwortet im 
Grundsatz die Förderung von Pauschalen im ambulanten Bereich, solange
diese die Medikamente ausschliessen und auf Initiative der Akteure 
erfolgen. Auf subsidiäre Kompetenzen des Bundes ist zu verzichten.
   - Experimentierartikel: Interpharma erachtet einen 
Experimentierartikel als sinnvoll. Der Geltungsbereich für 
Pilotprojekte ist aber offen zu halten und nicht auf Kostendämpfung 
einzuschränken. Ebenso ist der Adressatenkreis für weitere 
interessierte Stakeholder - inklusive der Industrie - zu öffnen. Die 
vorgeschlagene Limitierung bringt das Gesundheitssystem nicht weiter 
und stellt eine verpasste Chance für Pilotprojekte zur 
Weiterentwicklung des Gesundheitswesens dar. Wichtig wären gerade 
auch Projekte, welche die Qualität und Effizienz der Leistungen 
erhöhen, wie sie die Pharmabranche in Zusammenarbeit mit weiteren 
Akteuren auch mit der Multistakeholder-Plattform santeneXt verstärkt 
fördern will. Ausserdem sollen durch den Experimentierartikel die 
Grundlagen des KVG (z.B. das Territorialitätsprinzip) nicht in Frage 
gestellt werden.
   - Anpassung des Vertriebsanteils: Interpharma unterstützt 
grundsätzlich die Anpassung des Vertriebsanteils nach Artikel 38 KLV.
Wir unterstützen insbesondere Abgeltungsmodelle für die 
Vertriebsleistung von rezeptpflichtigen Medikamenten, die Fehlanreize
verhindern oder abbauen.

Referenzpreissystem: Kann in vorliegender Form nicht unterstützt werden

Originalpräparate mit abgelaufenen Patenten wären im «Referenzpreis-Marktsegment» mit einem Anteil von etwa 50% vertreten. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die forschende Pharmaindustrie im Rahmen des Referenzpreissystems mit Originalpräparaten mit über 50 Prozent zur Kosteneindämmung beitragen würde. Interpharma hat den vorliegenden Vorschlag detailliert geprüft und kann diesen in der vorliegenden Form nicht unterstützen. Akzeptabel könnte ein Referenzpreissystem bei Arzneimitteln sein, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

   - Im Geltungsbereich des Gesetzes sind nur Präparate mit gleicher 
Wirkstoffzusammensetzung (ATC-5-Level) erfasst.
   - Ein Referenzpreis wird nur festgelegt, wenn mindestens drei 
wirkstoffgleiche Arzneimittel in der Spezialitätenliste registriert 
sind. Das heisst ATC-4-/ATC 3-Level und patentierte Arzneimittel sind
nicht im Geltungsbereich des Referenzpreissystems (diese ersten zwei 
Punkte sind im vorliegenden Vorschlag erfüllt).
   - Die beiden Preismodelle, welche für das Referenzpreissystem 
vorgeschlagen werden, sind unausgereift. Beide Modelle (Modell mit 
Preisabschlag und Modell mit Meldesystem) berücksichtigen die 
Patentsituation der betroffenen Arzneimittel nicht oder zu wenig.
   - Es gilt klarer festzuhalten, dass Präparate vom 
Referenzpreissystem ausgenommen sind, die noch über einen gültigen 
Patentschutz, ein gültiges ergänzendes Schutzzertifikat oder über 
einen gültigen Unterlagenschutz verfügen. Zudem weisen beide Modelle 
weitere Mängel auf, weshalb eine Priorisierung nicht abschliessend 
vorgenommen werden kann.
   - Die Verschreibungsfreiheit des Arztes in Art. 52a KVG ist ohne 
Ausnahme zu bestätigen.
   - Eine Gleichstellung von Biosimilars und Generika wird strikt 
abgelehnt. Aus Gründen der Patientensicherheit sind Biosimilars 
analog zum revidierten Heilmittelgesetz als eigene 
Arzneimittelkategorie zu definieren und aus den vorgeschlagenen 
Modellen für ein Referenzpreissystem explizit auszuschliessen. Sie 
bedürfen einer separaten Regelung. Dieselben Überlegungen müssen für 
alle Biologika einschliesslich Blutprodukte und Vakzine gelten.
   - Eine abschliessende Stellungnahme zum Preismodell mit 
Preisabschlag wird erst möglich sein, wenn der Bundesrat die 
entsprechenden Verordnungsbestimmungen aufgelegt haben wird. 
Interpharma lädt den Bundesrat deshalb dazu ein, die 
Verordnungsbestimmungen zum Referenzpreissystem mit der Botschaft zur
KVG-Revision vorzulegen.

Ablehnung

   - Massnahmen Tarifpartner zur Steuerung der Kosten: Die im 
Expertenbericht Diener für den Fall der Nichteinhaltung von 
Globalzielen genannten Sekundärmassnahmen wie «Tarifkorrektur» oder 
«automatische Tarifreduktion» tauchen bemerkenswerterweise im 
Kostendämpfungspaket 1 verschiedentlich auf. So etwa unter 
«Massnahmen der Tarifpartner zur Steuerung der Kosten» (basierend auf
der parlamentarischen Initiative 17.402, welche im Nationalrat nach 
inhaltlicher Diskussion abgelehnt wurde). Interpharma lehnt solche 
Massnahmen zur Kostensteuerung ab.
   - Beschwerderecht der Versicherer betreffend Beschlüsse der 
Kantonsregierungen: Interpharma lehnt ein Beschwerderecht der 
Versicherer betreffend Beschlüsse der Kantonsregierungen zur Planung 
und Liste der Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime ab. Die 
rechtlichen Grundlagen für die Erstellung der Spitallisten werden vom
Gesetzgeber auf Bundes- und Kantonsebene erstellt. Die Krankenkassen 
haben hier eine ausführende Rolle. Ein Beschwerderecht wäre deshalb 
systemfremd und würde einen Eingriff in die Versorgungskompetenz der 
Kantone bedeuten.

Die vollständige Vernehmlassungsantwort von Interpharma ist auf der Website verfügbar: http://ots.ch/BvCfwr

Kontakt:

Sara Käch, Leiterin Kommunikation Interpharma, Verband der
forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, Mobile 079 208 16 33

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