Interpharma: Gute Noten für KVG - wenig Lust auf radikale Änderungen
Basel (ots)
Abgesehen von der Kostenfrage wird das Krankenversicherungsgesetz (KVG) von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern positiv beurteilt. Die steigenden Krankenkassenprämien schärfen das Bewusstsein für Kostenfragen im Gesundheitswesen. Radikale Reformen mit Einschränkungen bei Leistungen, Auswahl oder Qualität haben zwar Auftrieb, werden aber mehrheitlich abgelehnt. Dies sind einige Erkenntnisse aus dem "Gesundheitsmonitor 2003", den das GfS-Forschungsinstitut, Bern unter Leitung von Claude Longchamp im Auftrag der Interpharma bereits zum sechsten Mal erstellt hat.
Viel kritisiert, aber dennoch eigentlich gut akzeptiert: Mit dem neuen KVG sind die Schweizerinnen und Schweizer - trotz der Kostenfrage - eher zufrieden. Nach sechs Jahren KVG ziehen 47 Prozent eine positive Bilanz, 38 Prozent eine eher negative. Mehrheitlich akzeptiert sind namentlich die Grundfesten des KVG. So sind 83 Prozent damit einverstanden, das Kopfprämiensystem, ergänzt durch Subventionen für Personen mit tieferen Einkommen beizubehalten. Den Leistungskatalog in der Grundversicherung würden 56 Prozent auf dem heutigen Niveau belassen, 26 Prozent wünschen gar einen Ausbau und nur 9 Prozent einen Abbau der versicherten Leistungen.
Der "Gesundheitsmonitor 2003" basiert auf einer Befragung von 1'234 Stimmberechtigten. Erstmals wurde der Kanton Tessin mit einbezogen, so dass die Resultate nun für die ganze Schweiz repräsentativ sind, und neu wurden Fragen rund um das Krankenversicherungsgesetz KVG und Wunschvorstellungen des gewünschten Gesundheitssystems in den Fragenkatalog aufgenommen. Gemäss Studienleiter Claude Longchamp liegen dem "Gesundheitsmonitor 2003" die längsten persönlichen ("face-to-face") Interviews in der Geschichte des GfS-Forschungsinstitutes zu Grunde. Im Vergleich zu den Vorjahren haben kostenorientierte Akzente an Gewicht gewonnen. Die Prämienlast drückt noch stärker als die Steuern; die Bereitschaft steigt, die individuellen Prämien über die Wahl höherer Franchisen zu senken. Trotz der finanziellen Belastung sind aber die Vorstellungen an das Gesundheitswesen geprägt durch den Wunsch nach hoher Qualität und Wahlfreiheit. Diesbezüglich sind die erstmals erfassten wertmässigen Akzente eindeutig gesetzt. Dagegen wünscht man sich einen Ausgleich in gegensätzlichen Polen wie Solidarität und Eigenverantwortung oder Staat und Markt. Auch zwischen Kantonen und Bund soll hinsichtlich der Verantwortung für das Gesundheitswesen ein Ausgleich geschaffen, beziehungsweise erhalten bleiben. Praktisch einhellig geteilt wird die Zielsetzung, dass eine Zweiklassenmedizin zu verhindern sei. 93 Prozent befürworten es sehr oder deutlich, dass alle BewohnerInnen der Schweiz vom medizinischen Fortschritt profitieren können.
Die Unterstützung der Eckwerte des bestehenden KVG äussert sich in einer Ablehnung radikaler Änderungen. Einschränkungen der Wahlfreiheit bei Arzt, Spital, Medikamenten und Therapie werden mit deutlichen Mehrheiten abgelehnt. Das steigende Kostenbewusstsein zeigt sich allerdings in einver vermehrten Bereitschaft, gewisse Einschränkungen zumindest zu prüfen, falls diese mit einer deutlichen Senkung der Prämien verbunden sind. Die Skepsis gegenüber Reformen zeigt sich auch in der Beurteilung aktueller Reformvorschläge. So lehnen sieben von zehn BürgerInnen die vom Bundesrat beschlossene Erhöhung von Selbstbehalt und Franchisen ab. Sie wehren sich auch gegen die im Parlament diskutierte Verknüpfung von Prämienhöhe und Mitgliedschaft in einem Ärztenetzwerk ebenso, wie gegen Vertragsfreiheit der Krankenkassen. Anklang findet hingegen die Idee, kantonale Angebote verstärkt zu koordinieren: die Einrichtung einer zentralen Stelle, welche die Finanzierung der Spitäler organisiert, wird klar befürwortet. Und in einem Punkt zeigen die Befragten, dass eine ursprüngliche Haltung aufgrund eigener Erfahrungen revidiert werden kann: Noch vor einem Jahr waren nur 37 Prozent dafür, dass der Zugang neuer Ärzte zum Arbeitsmarkt zeitweise gestoppt werden kann, heute sind es 81 Prozent.
Unbestritten hoch eingestuft wird die Bedeutung und Notwendigkeit der chemisch-pharmazeutischen Branche für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz. Sie rangiert hinter den Banken an zweiter Stelle in der Beurteilung für die Wirtschaftskraft unseres Landes und 85 Prozent der StimmbürgerInnen bejahen, dass es einen starken Pharma- und Forschungsstandort Schweiz braucht.
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