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Neue Perspektiven für veränderte Migration

Luzern (ots)

Für optimale Bildung und leistungsorientierte Integrationspolitik
An der Jahresversammlung von migratio, einem
Stabsgremium der Schweizer Bischofskonferenz, am Mittwoch in Bern,
setzte sich Rosita Fibbi, Soziologin und Forscherin an der
Universität Lausanne, für neue Perspektiven und eine neue
Migrationspolitik ein. Wie das konkret aussehen könnte, zeigte Thomas
Kessler, Delegierter für Migration und Integration, Basel, anhand des
in Basel erarbeiteten Modells.
Seit Jahrzehnten bemühen sich Staat und Gesellschaft, Kirchen und
Politik in unserem Land um eine optimale Integration der vielen bei
uns lebenden fremdsprachigen Mitmenschen. In Basel, wo heute
ausländische Staatsangehörige 27 Prozent der Bevölkerung ausmachen,
in einzelnen Quartieren kaum die Hälfte der Anwohner Schweizer sind,
ist ein neues Integrationsleitbild geschaffen worden, das Thomas
Kessler den Mitgliedern von migratio und zahlreichen interessierten
Gästen vorgestellt hat.
Neues Prinzip: fördern und fordern
Im Kern des neuen Leitbildes steht ein Paradigmenwechsel. Während
bis anhin die Bemühungen um Integration im Vordergrund gestanden
haben, soll es fortan heissen: fördern und fordern.  Es soll auf dem
vorhandenen Potential aufgebaut werden, zukunftsgerichtet und
visionär, leistungs- und aufstiegsorientiert, wobei die individuelle
Mitverantwortung des Einzelnen eine wichtige Rolle spielt.
Schliesslich geht es um gleiche Rechte und Pflichten bei
erfolgreicher Integration und um Konsequenzen gegenüber
Integrationsunwilligen. Das Vorhaben imponiert; es dürfte Anreiz sein
für andere, gleiche oder ähnliche Wege einzuschlagen.
Trendwende zu Beginn der 90er Jahre
Den Blick über die Landesgrenzen hinaus hat zuvor Rosita Fibbi
gerichtet. Während früher vor allem Leute aus andern Ländern als
Arbeitskräfte eingewandert waren, sieht sich Europa seit rund zehn
Jahren mit dem Flüchtlingsproblem, namentlich aus dem ehemaligen
Jugoslawien, konfrontiert. Italien, Griechenland, Spanien sind im
Gegensatz zu früher zu Einwanderungsländern geworden. Auffallend
gestiegen ist der Anteil der in die Schweiz eingewanderten Frauen.
1982 traf es auf 100 eingewanderte Männer knapp 84 Frauen; in den
letzten Jahren machte der Frauenanteil über die Hälfte aller
Einwanderer aus.
Die neue, 1990 eingesetzte Einwanderung, führte zu einer
wachsenden Abwehrhaltung, zu grösseren Befürchtungen bei der
einheimischen Bevölkerung. Die Folge war eine verstärkte
Abschreckungspolitik auf der staatlichen Ebene. Erinnert hat die
Referentin an die zahlreichen Gesetzesänderungen in den letzten zehn
Jahren.
Rosita Fibbi betonte - als Antwort auf die geschilderte
Entwicklung - neue Theorien der Inkorporation, das vermehrt nötige
Engagement der Einwandernden selber. Die Einwanderungsgesellschaft
sei zu einem wichtigen Partner geworden, wobei über den kulturellen
und sprachlichen Faktor hinaus vor allem strukturelle,
wirtschaftliche und soziale Elemente einzubeziehen sind. Fibbi ist
der Ansicht, dass das Verhalten, das Mitmachen der
Einwanderungsgesellschaft wesentlich dazu beiträgt, ob die heutige
Inkorporationspolitik letztlich Erfolg haben wird.
Stetes Anpassen der Pastoration
Im Jahresbericht, den Nationaldirektor Urs Köppel, Luzern,
präsentierte, wird das Bemühen von migratio - früher
Arbeitsgemeinschaft für Ausländerfragen SKAF - unterstrichen, die
Pastoralplanung für die Seelsorge an den fremdsprachigen Ausländern
den Gegebenheiten anzupassen. Zurzeit zeigt sich besonders bei den
Portugiesischsprachigen ein wachsender Mangel an Seelsorgern.
Vorgesehen sind eine neue Einteilung der Seelsorgegebiete und die
engere Zusammenarbeit mit anderen Missionen und mit Pfarreien.
Erfreulich ist die Feststellung, dass in zahIreichen
Fremdsprachigenmissionen in der Schweiz lebendige Gemeinschaften
entstanden sind, die auf ein aktives kirchliches Leben hinweisen.
Grosse Bedeutung wird der Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen
eingeräumt.
Präsident Fulvio Caccia, Bellinzona‚ zeigte sich dankbar für allen
Einsatz, den das kleine Team im Sekretariat von migratio leistet und
für die grosse Arbeit, welche in den Kommissionen von migratio
erbracht wird. Eine rege Diskussion im Anschluss an die Vorträge
zeigte, dass erneut zahlreiche Ideen und Anregungen gefallen sind,
welche die Weiterarbeit von migratio beflügeln können.

Kontakt:

migratio
Neustadtstrasse 7
6003 Luzern
Tel. +41 41 210 03 47