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CEE-Journalistenpreis 2008: Migrantenschicksale am Rande Europas - BILD

Wien (ots)

Anna Koktsidou für Radioreportage "Die neuen Fremden -
Griechenland und seine Einwanderer" von APA und Bank
Austria-UniCredit Group mit 5.000-Euro-Award geehrt
Das Thema Migration ist ein Arbeitsschwerpunkt der in
Griechenland geborenen und in Deutschland aufgewachsenen
Radiojournalistin Anna Koktsidou, die am Dienstagabend mit dem von
der APA - Austria Presse Agentur und der Bank Austria, ein Mitglied
der UniCredit Group, zum fünften Mal in Wien vergebenen
Journalistenpreis "Writing for CEE" ausgezeichnet wurde. Den mit
5.000 Euro dotierten Award erhielt Koktsidou für die Radioreportage
"Die neuen Fremden - Griechenland und seine Einwanderer", die im Juni
2008 vom "Deutschlandfunk" ausgestrahlt worden war.
"Writing for CEE" sei mittlerweile bereits einer der
"profiliertesten Preise im europäischen Raum", freute sich
Bank-Austria-Sprecher Martin Halama. Seine Zielsetzung sei es, "die
journalistische Auseinandersetzung mit der europäischen Integration
und das gegenseitige Verständnis" zu fördern. "Journalisten sind
Multiplikatoren über die Grenzen", meinte Halama. Sie können dazu
beitragen, "Vorurteile zu beseitigen".
APA-Chefredakteur Michael Lang nahm eine Anleihe an dem durch die
Koalitionsverhandlungen berühmt gewordenen "zehn Fragen" der ÖVP an
die SPÖ. Den Punkt "Wie sichern wir die Rolle Österreichs als
verlässlicher Partner bei der Weiterentwicklung der EU?" beantwortete
er aus eigener Sicht: "Wir versuchen, in Zusammenarbeit mit
professionellen Journalisten einen Beitrag zur Förderung des
gemeinsamen Verständnisses zu leisten." Die APA füge damit einen
"Puzzle-Stein" in den Aufbau eines gemeinsamen Europas ein.
"Menschen verlassen ihre Heimat in der Regel, weil sie sich, ob
aus wirtschaftlicher Not, Krieg oder Verfolgung, durch den Weggang
eine bessere Zukunft versprechen. Doch wie stark Europa sich
gegenüber diesen Menschen abgrenzt, merkt man in der Mitte Europas
kaum", skizzierte der Sprecher der Jury, APA-Außenpolitik-Chef Ambros
Kindel, den Ausgangspunkt für den siegreichen, rund einstündigen
Radiobeitrag.
Die 1962 geborene Anna Koktsidou, die an sich für den
Südwestrundfunk (SWR) arbeitet, blickte aber an den Rand und schuf
ein ergreifendes Potpourri, mittels dessen die Schicksale von
Emigranten in Griechenland plastisch vor Augen geführt werden. Ihr
thematischer Kunstgriff besteht in einer Art "Klimax der
Leidensfähigkeit". Erzählt zu Beginn ein Albaner von den "ganz
normalen" Problemen eines Einwandererlebens, mittels dessen sich aber
immerhin ein Haus in der Heimat finanzieren lässt, steht am Ende des
Beitrags ein palästinensischer Flüchtling, dessen erste Erfahrungen
mit Europa im Wortsinn "atemberaubend" waren: Als er auf der Insel
Chios aufgegriffen wurde, bekam er von der Polizei zum Empfang einen
Plastiksack über den Kopf gestülpt.
Griechenland wurde als EU-Außengrenze zunehmend zum europäischen
Eingangstor für Menschen - etwa aus Afghanistan oder dem Irak -, die
oft ihr Leben aufs Spiel setzen, um vor Krieg, Not und Hunger zu
entfliehen. Doch ist "Hellas" schon seit rund 20 Jahren ein
Einwandererland, nicht nur für westeuropäische Wohlstands-Aussteiger.
Vor allem Osteuropäer aus Albanien, Bulgarien oder der Ukraine
landeten bei ihrer Suche nach Arbeit und einem besseren Leben hier.
Preisträgerin Koktsidou erinnerte anhand ihrer eigenen
Familiengeschichte daran, dass Migration ein zeitloses Thema ist.
Ihre Großeltern seien 1923 aus der Türkei nach Griechenland
zwangsumgesiedelt worden, ihr Vater wiederum ging 1970 nach
Stuttgart, um dort zu arbeiten. Solche Beispiele gebe es praktisch in
jeder Familie: "Wir alle sehen, dass Migration zu unserem Leben
gehört, gehört hat und gehören wird."
Einen "Migrationshintergrund" kann auch Joana Radzyner,
ORF-Korrespondentin für Tschechien, die Slowakei und Polen aufweisen.
Sie war mit ihren Eltern 1959 aus Polen nach Österreich ausgewandert.
In ihrer Key-Note mit dem Titel "Zwischen EUphorie und
EUverdrossenheit - Erfahrungen aus dem neuen Europa" spannte sie
einen Bogen vom Fall des Eisernen Vorhangs in die Gegenwart.
Der "Jubel" von damals sei in weiten Teilen der Bevölkerung den
"Ängsten" gewichen, lautete ihr bitteres Fazit. So habe die Bedrohung
durch Arbeitslosigkeit viele Menschen in ehemaligen "Ostblockländern"
anfällig für "populistische Heilsversprecher" gemacht. Freilich
sparte Radzyner bei ihrer Analyse der postkommunistischen Entwicklung
Polens und Tschechien auch nicht mit Kritik an Brüssel. Diese machte
sie am Beispiel der "Fortschrittsberichte" fest: "Statt Hilfe zur
Selbsthilfe zu geben, wurden diese Länder in die Rolle der Schüler
gedrängt."
"Die kurze demokratische Erfahrung ist ein Hindernis für
Integration", stellte die ORF-Korrespondentin fest. Mut mache ihr
allerdings der Umstand, dass in diesen Ländern nunmehr bereits eine
Generation herangewachsen ist, für die ein vereintes Europa völlig
selbstverständlich und Erzählungen aus dem kommunistischen Alltag nur
noch "böse Märchen" seien.
Das Beste aus fünf Jahren "Writing for CEE" ist zudem in einem
Buch erschienen, das am Dienstagabend ebenfalls vorgestellt wurde.
Der druckfrische Band "Which Road to Europe" ist als Anthologie der
Beiträge aller Preisträger der Jahre 2004 bis 2008 in englischer
Sprache im Klagenfurter Wieser-Verlag erschienen.
SERVICE: Weitere Informationen zum Preis sowie der Siegerbeitrag
2008 in deutscher und englischer Sprache: http://www.apa.at/cee-award
- Journalistenpreis
Buchtipp: Kindel,Ambros (Hg.): Which Road to Europe, Contributions
to the Journalism Prize "Writing for CEE". Wieser-Verlag,
Klagenfurt/Celovec 2008. 19,80 Euro. ISBN 978-3-85129-805-5
Bilder unter:
http://www.ots.at/redirect.php?ceepreis

Rückfragehinweis:

Petra Haller
stv. Leiterin Marketing & Kommunikation
APA - Austria Presse Agentur
Tel.: +43/1/360 60-5710
mailto:petra.haller@apa.at
www.apa.at

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