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Wir brauchen Griechenland Torsten Krauel über den Beschluss des Bundestags für ein neues Hilfspaket für Athen

Berlin (ots)

Griechenland ist ein Subventionsfall, ohne Zweifel - aber keine Investitionsfalle. Griechenland ist das sichtbare Beispiel dafür, dass die EU ihre Einheit und ihre Werte verteidigt. Und das jüngste Hilfspaket ist das sichtbare Signal dafür, dass die EU erstens den Wettkampf mit den Finanzmärkten durchzustehen gewillt ist. Zweitens ist es das Exempel für den gefährlichsten Krisenherd Europas, den Balkan. Die Botschaft an beide ist: Wer trickst, hat keine Chance - wer konstruktiv ist, dem kommt die EU zu Hilfe. Nur solche finanziellen Opfer, wie sie der Bundestag gestern beschlossen hat, beweisen die Willensstärke, die Gegner von Abenteuern abschreckt. Derzeit heißt es, für griechische Bilanztricks sollten die Deutschen ihr gutes Geld versenken. Dieser Eindruck täuscht. Den Finanzspekulanten, die in London oder New York jetzt mit Blick nach Athen auf den Bruch der Euro-Zone wetten, muss jede Hoffnung darauf genommen werden, dass die EU-Staaten wieder eigene Wege gehen. Heute setzen Finanzjongleure auf den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, dem der Austritt Portugals oder Spaniens folgen könnte. Es geht ihnen dabei nicht um das Wohlergehen des Euro. Es geht ihnen um ihr eigenes Wohlergehen. Es wird argumentiert, die Kosten dieser aussichtslosen Konfrontation seien zu hoch und wider jede Vernunft. Doch es gibt jenseits der finanziellen Opfer einen psychologischen und politischen Gewinn, der verspielt werden kann. Man kann große seriöse Investoren verschrecken, die die EU als den einzigen relevanten Wirtschaftsraum neben den USA betrachten, in dem Rechts- und Verwaltungssicherheit herrschen. Es gibt wichtige Akteure, die darauf bauen, dass die EU den Euro mit allen verfügbaren Mitteln verteidigt. Zurückweichen vor Opfern - das würfe die Frage auf, wie weit die EU bei der nächsten Krise zurückweichen würde. Das soll nichts kosten? Das war vor 1989 falsch und ist es heute. Den billigen Weg zu einer besseren Welt gibt es nicht. Das gilt besonders auch mit Blick auf die zweite Komponente, den Balkan. Dort schwelen etliche Konflikte, die Europa ins Chaos stürzen können. Die Ruhe dort ist trügerisch. Die Leidenschaften südöstlich von Wien münden nur deshalb nicht in Kriege, weil alle Staaten dort in die EU wollen. Serbien und das Kosovo haben sich gerade zum ersten Mal seit dem Jugoslawienkrieg auf die gemeinsame Verwaltung eines Grenzübergangs geeinigt. Die EU spielte die entscheidende Rolle. Und ihre Autorität beruht auch darauf, ob sie die Schuldenkrise beherrscht oder an ihr zerbricht. Wollen wir die Griechenhilfe, vielleicht sogar einen Schuldenschnitt bezahlen - oder wollen wir Balkankriege und die Abwehr von Spekulanten finanzieren, die ein Vielfaches der Griechenhilfe kosten würden? Griechenland ist keine Gleichung der Art "Es könnte so viel mehr Kitas in Herford geben, wenn Hellas den Euro-Raum verlässt". Athen steht für die Chancen einer gemeinsamen Zukunft - und für die Stärke, ihretwegen Opfer zu bringen.

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