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Schäuble im Glück, Kommentar zum Bundeshaushalt von Angela Wefers

Frankfurt (ots)

Hans Eichel hat es vor ihm nicht geschafft und auch nicht Peer Steinbrück. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gelingt indes die Null im Bundeshaushalt - und dies schon überraschend ein Jahr vor der Planung. Bereits im November hatte sich abgezeichnet, dass der Bund die vom Parlament gebilligte Nettokreditaufnahme von 6,5 Mrd. Euro nicht ganz benötigen würde. Die gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage hat die Steuereinnahmen über Plan steigen lassen, das niedrige Zinsniveau hat die Ausgaben unter Plan gedrückt. Doch dass ein Jahr vor der Zeit die für 2015 angestrebte schwarze Null unter dem Strich steht, dazu hat auch Glück verholfen: Die Nachzahlung der gerichtlich umstrittenen Kernbrennstoffsteuer hat dem Bundesetat 2014 einen unerwarteten Geldsegen beschert, den Schäuble erst nach dem Jahreswechsel erhofft hatte.

Die neue Lage stellt den Minister vor neue Probleme. Die unterwarteten Steuermittel aus 2014 fehlen Schäuble nun im Bundeshaushalt 2015. Denn in der kameralistischen Haushaltsführung lassen sich keine Reserven bilden: Zusätzliche Einnahmen drücken die Kreditaufnahme oder fließen - wenn gar ein Überschuss entsteht - in die Tilgung. Diese Mittel sind für die Disposition verloren und lassen sich nicht über den Jahreswechsel hinüberretten. Zudem steht Schäuble nun unter Druck, Kurs zu halten: 2015 muss er die angekündigte schwarz Null auf jeden Fall wieder herzeigen, will er politisch glaubwürdig bleiben. Er braucht sogar einen kleinen Überschuss als Puffer. Eine Punktlandung anzustreben, könnte knapp danebengehen.

Den Koalitionspartner SPD muss er dabei ebenso bremsen wie überzogene Forderungen aus den eigenen politischen Reihen sowie diejenigen aus dem Ausland, die den deutschen Konsolidierungskurs als Konjunkturbremse einstufen. An den politischen Verhaltensmustern hat sich noch wenig geändert: Kaum ist die Null da, löst diese unmittelbar neue Begehrlichkeit nach zusätzlichen Investitionen aus. So als läge neues Geld auf der hohen Kante.

Noch weniger passt zur Finanzlage, aus der einmaligen "Sondereinnahme" Kernbrennstoffsteuer - dauerhafte - Ausgabeerhöhungen beim Kindergeld oder Einnahmekürzungen durch Steuersenkungen abzuleiten. Die Null ist kein Selbstläufer. Auch wenn sie einmal erreicht ist, muss sie jedes Jahr wieder neu erarbeitet werden. Dies gilt auch für Zeiten, in denen die Wirtschaft weniger floriert und Zinsausgaben des Bundes das historische Tief verlassen haben. Dazu gehört mehr als nur Glück.

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