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Ende einer guten Idee, Kommentar zum Ende des Projekts "Europäische Ratingagentur", von Stefanie Schulte.

Frankfurt (ots)

Von "AAA" zu "D" - so könnte man mit den Codes der Bonitätsprüfer die Karriere des Projekts "Europäische Ratingagentur" beschreiben. Anfang 2012 genoss der Initiator Markus Krall, damals Partner des Beratungshauses Roland Berger, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung höchste Bonität, denn er wurde als potenzieller Retter des in Verruf geratenen Ratinggeschäfts gehandelt.

Nur gut ein Jahr später wird das Projekt mangels Finanzierung in aller Stille beerdigt. Vergleiche mit Hypothekenverbriefungen der Subprime-Krise, die eine ähnliche Ratinghistorie aufweisen, verbieten sich dennoch. Denn anders als manch toxisches Wertpapier hatten Kralls Ideen durchaus Substanz.

Um sie sinnvoll umzusetzen, hätte der Ex-Berater allerdings Unterstützung der Regulierer gebraucht. Ohne diese waren die wirtschaftlichen Aussichten seines Projekts bescheiden und die Zurückhaltung potenzieller Geldgeber nachvollziehbar.

Gescheitert ist Krall mit seinem Vorschlag, Ratings künftig von Investoren - statt wie bisher von Emittenten - finanzieren zu lassen. Letztere stehen seit langem im Verdacht, die Agenturen manchmal dahingehend zu beeinflussen, zu freundliche Noten zu vergeben. Um das zu ändern, hätte man, so Krall, die Erstzeichner von Anleihen europaweit dazu verpflichten können, ein Rating zu erwerben. Wäre dies Realität geworden, hätte Kralls Unternehmen vorn mitmischen können, während etablierte Agenturen erst mühevoll eingefahrene Geschäftsmodelle hätten reformieren müssen. Allerdings fand Krall in Brüssel kein Gehör. Was blieb, war der Plan, ein weiteres von Emittenten finanziertes Ratinghaus aufzubauen, ein Vorhaben, mit dem schon viele gescheitert sind.

Obwohl öffentlich über Ratingagenturen geklagt wird, profitieren viele Akteure vom Status quo. Investoren sindfroh, nicht für Bonitätsnoten bezahlen zu müssen. Emittenten sind froh, bei Nichtgefallen des Ratings die Agentur wechselnzu können. Beide zögern, sich auf Bonitätsnoten von Neulingen zu stützen, auch wenn etablierte Häuser in der Subprime-Krise teilweise schwer danebenlagen.

Kralls Scheitern zeigt, wie gering die Bereitschaft von Regulierern und Finanzbranche zu einer tiefgreifenden Veränderung des Ratingsystems ist. Sein Vorschlag, die Finanzierung der Agenturen umzustellen, wäre zumindest eine Diskussion wert gewesen. Damit dieser noch einmal auf den Tisch käme, nachdem der umtriebige Krall das Handtuch geworfen hat, müsste aber wohl ein Wunder geschehen.

(Börsen-Zeitung, 30.4.2013)

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