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Bundesanwaltschaft BA

BA: Schweizerische Bundesanwaltschaft - Erklärung von Bundesanwalt Valentin Roschacher - Mittwoch, 8. Dezember 2004, 13.00 Uhr

Bern (ots)

Es gilt das gesprochene Wort
Geschätzte Damen & Herren
Besten Dank, dass Sie meiner Einladung in die Bundesanwaltschaft 
gefolgt sind.
Wie Sie aus erster Hand wissen, stehen die Arbeit der 
Bundesanwaltschaft und meine Person seit einigen Wochen wiederum 
verstärkt im Zentrum der Aufmerksamkeit von Medien, Oeffentlichkeit 
und Parlament und sind das Ziel von teilweise heftiger Kritik. Nicht 
nur das verfahrensmässige Vorgehen der Bundesanwaltschaft wird 
bemängelt, es werden verschiedentlich auch Zweifel an meiner 
Amtsführung und an meinem weiteren Verbleib im Amt des Bundesanwalts 
geäussert, dies namentlich vor dem Hintergrund des 
Bundesratsentscheids vom letzten Freitag, wonach die Aufsicht über 
die Bundesanwaltschaft im Eidgenössischen Justiz- und 
Polizeidepartement (EJPD) vereinigt werden soll.
Auch wenn Kritik an der Arbeit des Bundesanwalts grundsätzlich zu 
den Rahmenbedingungen meiner Tätigkeit als Leiter einer 
Strafverfolgungsbehörde gehört, und auch wenn sich Tonart und 
Stossrichtung verschiedener Kritikpunkte im Rahmen der 
tagesaktuellen Auseinandersetzungen in Strafverfolgung und Politik 
selbst erklären, so hat mich die Heftigkeit der in den letzten 
Wochen in den Medien geäusserten Kritik doch überrascht und haben 
mich einzelne Attacken auch getroffen. Dies gilt insbesondere dort, 
wo die Kritik objektiv fraglich und meines Erachtens unberechtigt 
ist, meine Mitarbeiter trifft und diesen über Gebühr zusetzt. Ich 
kann und will mich indessen der Kritik an unserer Arbeit und an 
meiner Amtsführung nicht verschliessen und ich gehe nicht davon aus, 
dass der Bundesanwalt oder die Arbeit der Bundesanwaltschaft 
jenseits der Kritik von Medien und Oeffentlichkeit stehen. Ich werde 
mich zusammen mit meinen Stellvertretern was die einzelnen, in den 
letzten Wochen thematisierten Fälle betrifft anschliessend in diesem 
Sinn auch hier Ihren kritischen Fragen stellen, wie ich das und wie 
wir das übrigens in der Vergangenheit immer wieder getan haben. 
[Eine Wiederholung meiner Ausführungen im letzten Juni, die in 
weiten Teilen ihre Gültigkeit behalten haben, erspare ich Ihnen 
indessen. Sie können diese auf unserer Website im Internet abrufen.]
Selbstverständlich habe ich mir die Frage gestellt, wie weit die in 
den und von den Medien geäusserte Kritik berechtigt ist und welche 
Konsequenzen daraus zu ziehen sind, für die Bundesanwaltschaft, aber 
auch für mich persönlich als Bundesanwalt. Lassen Sie mich nach 
sorgfältiger und gründlicher Prüfung der heutigen Situation und der 
verschiedenen Kritikpunkte vorweg feststellen, dass ich weiterhin 
und mit ungebrochener Entschlossenheit meinen Auftrag und meine 
Verantwortung als Bundesanwalt wahrnehmen und der Strafverfolgung 
des Bundes auch in Zukunft dienen werde.
Ich lasse mich dabei von den nach folgenden Ueberlegungen leiten:
I.
Der Bundesanwalt und die Bundesanwaltschaft sind selbstverständlich 
vor Fehlern nicht gefeit. Ich war und bin zu jeder Zeit auch 
öffentlich und in den Medien bereit, Fehler einzuräumen. Wie ich 
aber in einem Schreiben an die Präsidenten der 
Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegationen 
beider Räte Ende letzter Woche ausgeführt habe, kann ich in der 
überwiegenden Mehrzahl der in jüngster Zeit als solche bezeichneten 
„Fehler“ und „Pannen“ keine solchen erkennen. In diesem Zusammenhang 
hat mich die Redundanz erstaunt, mit welcher korrigierende 
Entscheide der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in den 
Medien als „Ermittlungspannen“ der Bundesanwaltschaft interpretiert 
wurden.
Verstehen Sie mich recht - ich will damit nun weder Rechthaberei 
noch Medienschelte betreiben, sondern stelle aus meiner Sicht 
folgenden grundsätzlichen Vorgang fest: Die Bundesanwaltschaft wählt 
in ihren Verfahren in besten Treuen und unter sorgfältiger 
Berücksichtigung der im Straf- oder Rechtshilfeverfahren beim Bund 
geltenden Regeln und gesetzlichen Grundlagen bestimmte Standpunkte 
und Vorgehensweisen in ihren Verfahren. Diese können von den 
Verfahrensbetroffenen angefochten werden, wie dies ihr gutes Recht 
ist. Die Beschwerdeinstanzen (beispielsweise im Fall Behring das 
Bundesstrafgericht, oder bei der Vermögensblockierung im Fall Yukos 
das Bundesgericht, weil es sich bei Rechtshilfevollzug nicht um 
Strafrecht, sondern um Verwaltungsverfahrensrecht handelt) 
beurteilen im Sinne fortlaufender Rechtssprechung den Sachverhalt 
anders und fällen einen entsprechenden Beschwerdeentscheid. Es 
handelt sich nach meiner Einschätzung bei diesem Vorgang ganz 
unabhängig von der causa um den rechtsstaatlichen „courant normal“ 
in der Arbeit einer Strafverfolgungsbehörde und nicht um „Sieg“ der 
Beschwerdeführer und „Niederlage“ bzw. „Panne“ der 
Bundesanwaltschaft. Wir werten diese Beschwerdeentscheide, auch wenn 
sie nicht zu unseren Gunsten ausfallen, nicht als „Schlappe“, 
„Ohrfeige“ oder „Zurückpfiff“, sondern als rechtsstaatlich nötige 
und in der Rechtssprechung gültige Kontrolle und Korrektur unserer 
Arbeit.
Hier besteht zwischen Bundesanwaltschaft und Medienöffentlichkeit 
offenbar ein grundlegender Dissens in der Bewertung, der auch zu 
grundlegend unterschiedlichen Einschätzungen über die Qualität der 
von der Bundesanwaltschaft geleisteten Arbeit führt. Dabei zeigt 
allerdings die vorläufige Statistik, dass eine überwiegende Mehrzahl 
der gegen Verfügungen der Bundesanwaltschaft eingelegten 
Beschwerden, nämlich rund 85%, von der Beschwerdekammer des 
Bundesstrafgerichts abgewiesen werden.
Massgebend zur Beurteilung der Arbeit der Bundesanwaltschaft und 
meiner Amtsführung als Bundesanwalt muss in erster Linie die 
Einschätzung des Bundesstrafgerichts sein, welches die fachliche 
Aufsicht über die Verfahren der Bundesanwaltschaft wahrnimmt. Das 
Bundesstrafgericht hat letzten Freitag unter anderem aufgrund der in 
den vergangenen Wochen durchgeführten Inspektionen bekanntgegeben, 
es bestehe aus seiner Sicht bezüglich Verfahrensarbeit der 
Bundesanwaltschaft kein Anlass zur Besorgnis und es sei – trotz 
feststellbarem Verbesserungspotential - auch keine allgemein 
unsachgemässe Vorgehensweise festzustellen. Was das vom 
Bundesstrafgericht festgestellte Verbesserungspotential in der 
Bundesanwaltschaft betrifft, teile ich mit unserer Aufsichtsbehörde 
die Einschätzung bezüglich Handlungsbedarf und 
Handlungsmöglichkeiten und werde auch künftig meine diesbezügliche 
Verantwortung wahrnehmen. Ich gehe aber auch mit dem 
Bundesstrafgericht einig, dass diese Ausgangslage, d.h. das 
Verbesserungspotential aufgrund des Auf- und Ausbaus der letzten 
drei Jahre nicht aussergewöhnlich ist. Und ich teile ebenfalls mit 
dem Bundesstrafgericht die Einschätzung wonach, die von den 
Verfügungen der Bundesanwaltschaft abweichenden Entscheide der 
Beschwerdekammer (beispielsweise in der Fristenfrage im Fall 
Behring), keinen Anlass zur Besorgnis darstellen, weil sich das 
Bundesstrafgericht hier – wie es am Freitag mitgeteilt hat - auf 
strafprozessualem Neuland befindet und in zahlreichen Fällen keine 
höchstrichterlichen Präjudizien vorliegen. Für die vom 
Bundessstrafgericht anvisierten, rechtsstaatlich korrekten Lösungen, 
hat die Bundesanwaltschaft zu jeder Zeit Hand geboten und wird dies 
unter meiner Verantwortung und unter meiner Leitung auch künftig 
tun.
II.
Von zentraler Bedeutung in der Auseinandersetzung um die 
Bundesanwaltschaft und den Bundesanwalt war in den letzten Wochen 
die Frage der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft. Die Ueberprüfung 
der zweifachen Unterstellung der Bundesanwaltschaft fachlich unter 
das Bundesstrafgericht und administrativ unter das Eidgenössische 
Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) war bereits seit Monaten ein 
Thema. Ich habe mich dazu bekanntlich schon Ende Juni vor den Medien 
geäussert. Vergangenen Freitag hat der Bundesrat nun auf Antrag von 
EJPD-Vorsteher Bundesrat Christoph Blocher entschieden, dass die 
Aufsicht über die Bundesanwaltschaft beim EJPD vereinigt werden 
soll. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich die Bundesanwaltschaft 
für eine andere Lösung, nämlich die volle Unterstellung unter das 
Bundesgericht oder das Bundesstrafgericht ausgesprochen hatte.
[Welche Gründe haben mich zu dieser Stellungnahme bewogen?  
Meines Erachtens muss eine Aufsichtsbehörde politisch neutral sein, 
das gewährleistet am besten eine der Gerichtsbehörden;  
Weiter ist mir an einer starken Aufsicht gelegen, weil dies die 
Arbeit der Bundesanwaltschaft entlastet und die Unabhängigkeit der 
Justiz am besten garantiert;  Die Gerichtsbehörden bringen 
die notwendige fachliche Kompetenz, die justizielle Erfahrung und 
das Verständnis für die strafverfolgerische Arbeit mit.]
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Medienkritik und unter Bezug auf 
angebliche Unstimmigkeiten zwischen mir und Bundesrat Blocher ist 
der Entscheid des Bundesrats für eine andere Lösung als Niederlage 
des Bundesanwalts und als Zeichen meines bevorstehenden Abgangs 
interpretiert worden. Solche Spekulationen sind unbegründet. Zum 
einen habe ich bereits im Juni erklärt, und bekräftige dies heute 
nochmals, dass es zwischen dem EJPD-Vorsteher und mir keinerlei 
Differenzen gibt, die nicht im unterschiedlichen Auftrag von 
Exekutive und Strafverfolgungsbehörde begründet wären. Die 
unterschiedlichen Standpunkte bezüglich Unterstellung der 
Bundesanwaltschaft sind sachlich begründet, in der Gewaltentrennung 
und in der besonderen Stellung der Bundesanwaltschaft auf der 
Trennlinie zwischen Judikative und Exekutive. Diese 
unterschiedlichen Standpunkte sind notwendig und verhindern einen 
konstruktiven Diskurs keineswegs, umsomehr als ich mit Bundesrat 
Blocher in der negativen Bewertung geteilter Verantwortlichkeit 
übereinstimme. Zum anderen habe ich ebenfalls im Juni wörtlich 
erklärt, die Bundesanwaltschaft biete „im Problemfeld der Aufsicht 
Hand für sämtliche Lösungen, die fachlich angemessen sind und die 
dazu dienen, dass die Bundesanwaltschaft ihre Arbeit in notwendiger 
Unabhängigkeit von Politik und Verwaltung tun und noch besser tun 
kann“. Wie das EJPD in seiner Pressemitteilung vergangenen Freitag 
festgehalten hat, soll die fachliche Unabhängigkeit der 
Bundesanwaltschaft gewährleistet und Eingriffe in Strafverfahren 
verhindert werden. Als Bundesanwalt und damit als erster 
Strafverfolger des Bundes erachte ich es als meinen Auftrag, meine 
Verantwortung und meine Pflicht, diese Sicht der Gewaltentrennung – 
mit welcher ich vor fünf Jahren gewählt und vor einem Jahr vom 
Bundesrat im Amt bestätigt wurde - im Rahmen der anstehenden 
Gesetzesrevision mit Nachdruck zu vertreten und einzubringen, 
unabhängig von der von mir persönlich favorisierten Lösung einer 
Unterstellung der Bundesanwaltschaft unter das Bundesgericht oder 
das Bundesstrafgericht. Ich gehe davon aus, dass eine Politisierung 
der Strafverfolgung des Bundes nirgends auf der Tagesordnung steht. 
Und ich sehe meinen Auftrag als Bundesanwalt auch weiterhin darin, 
darüber zu wachen und alles zu tun, dass dies so bleibt, wer auch 
immer die ungeteilte Aufsicht über die Bundesanwaltschaft wahrnimmt.
III.
Gestatten Sie mir im dritten Teil eine kurze Stellungnahme zu den 
Vorwürfen, die in den Medien direkt an meine Person gerichtet und 
meine persönliche Amtsführung betreffen. [Ersparen Sie mir 
allerdings, auf Anwürfe einzugehen, mit denen es selbst 
Routinekontrollen der Papierkörbe in der Bundesanwaltschaft auf die 
Titelseiten der Sonntagspresse schaffen]. Ich habe in verschiedenen 
Artikeln vorgezogenene Nachrufe auf den ehemaligen Hoffnungsträger 
Roschacher lesen müssen. Und ich habe den gegen mich gerichteten 
Vorwürfen von Unnahbarkeit, Arroganz und Sturheit die Bestätigung 
entnommen, dass sich weder das Amt des Bundesanwalts noch die 
Funktion des Strafverfolgers als Sympathieträger zur 
Medienpopularität eignen. Das bedrückt mich zwar, aber meine 
persönliche Befindlichkeit spielt hier keine Rolle, Ich habe die 
Aufgabe des Bundesanwalts nie als Hoffnungsträger oder als 
Sympathieträger verstanden, sondern als Verantwortungsträger in der 
Strafverfolgung.
Ich habe mit dem Amt des Bundesanwalts die Verantwortung für die 
Bekämpfung der grenzüberschreitenden Schwerstkriminalität auf 
Bundesebene übernommen. Der von mir vertretene Nachdruck der 
Internationalität in der Strafverfolgung hat nichts mit einer Absage 
an den Föderalismus oder mit Heimatmüdigkeit zu tun. Ich habe mit 
dem Amt des Bundesanwalts die Verantwortung für eine starke, 
souveräne und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen arbeitende 
Strafverfolgungsbehörde übernommen. Ich habe mit dem Amt des 
Bundesanwalts die Verantwortung für eine in den letzten drei Jahren 
stark gewachsene Zahl von wertvollen und einsatzfreudigen 
Mitarbeitenden übernommen. Diese Verantwortung wiegt für mich 
schwerer als das Gewicht der negativen Schlagzeilen der letzten 
Wochen und Monate. Und schliesslich habe ich die Verantwortung für 
die in den letzten Jahren eröffneten Strafverfahren übernommen, die 
nun in den kommenden Monaten in Bellinzona zur Anklage gebracht 
werden.
Als Verantwortungsträger für die Strafverfolgung des Bundes, für 
meine Mitarbeitenden in der Bundesanwaltschaft und für die von uns 
geführten Verfahren widerspricht es meinem Verständnis von Pflicht 
und Verantwortung, aufgrund des scharfen Gegenwinds, der einem 
Strafverfolger naturgemäss ins Gesicht weht, die Waffen zu strecken. 
Ich habe in der Vergangenheit die Bundesanwaltschaft gegen jeglichen 
Druckversuch von anderen als strafverfolgerischen Interessen zu 
schützen versucht, und ich werde dies auch in Zukunft tun.
Selbstverständlich überschätze ich meine persönliche Wichtigkeit 
nicht. Die Zukunft der Strafverfolgung des Bundes hängt keineswegs 
von meiner Person ab. Aber die Zukunft der Strafverfolgung des 
Bundes hängt von der Bundesanwaltschaft ab und von den Frauen und 
Männern, welche in dieser Behörde den Auftrag der internationalen 
Strafverfolgung unter äusserst herausfordernden und schwierigen 
Rahmenbedingungen wahrnehmen. Es bedeutet für mich als Bundesanwalt 
und als Verantwortungsträger für die Strafverfolgung des Bundes 
nicht nur Pflicht und Verantwortung, dieser Bundesanwaltschaft 
vorzustehen. Es bedeutet ein Privileg. Ich danke meinen 
Mitarbeitenden für ihren Einsatz. Und ich danke Ihnen für Ihre 
Aufmerksamkeit und für eine objektive Berichterstattung.
Nun stehen wir für Ihre Fragen zur Verfügung.

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