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Raumplanung. Die Chance Liechtensteins

Vaduz (ots)

Nicht mehr, sondern weniger Regeln
Boden ist eine lebenswichtige Ressource. Das wussten
unsere Vorfahren und gingen mit dem Boden haushälterisch um. Sie
bauten in «verdichteter Bauweise» meist entlang bereits bestehender
Strassen. Die noch erhaltenen alten Dorfteile von Vaduz, Triesen,
Balzers und Schaan sind Bauzeugen dieser Entwicklung.
Brandkatastrophen, Weiterentwicklung des Eigentums- und
Nachbarrechtes und wirtschaftlicher Strukturwandel führten sukzessive
zu einer geänderten Bauweise. Das Baugesetz von 1947 sieht die
Einzelbauweise als Regelfall vor. Über lange Jahrzehnte entsprach der
Wunsch, auf der eigenen Parzelle ein Haus herzustellen ohne den
Nachbarn gross fragen zu müssen, der gesellschaftlichen und
persönlichen Vorstellung. Diese Einzelbauweise führt aber auch zu
einem grossen Landverbrauch, zu einer Zersiedelung der Ortschaften
und zu einer Zerstörung der Ortsbilder.
Das geltende Baugesetz und noch klarer das neue Raumplanungsgesetz
will diese Entwicklung bremsen. Es will Siedlungen nach innen
gestaltet weiterentwickeln. Mit den bereits bestehenden Instrumenten
der Spezialzonen, der Überbauungs- und Gestaltungspläne soll der
Boden sparsam genutzt, aber gleichzeitig eine hohe Lebens- und
Raumqualität erreicht werden. Das verlangt aber verstärkt ein
innovatives Denken und Handeln der Behörden, Grundeigentümer und
Architekten.
Boden ist kostbar und knapp. Es macht Sinn, dass auch die
baurechtlichen Bestimmungen weiterentwickelt werden. Sie sollen die
raumplanerische und gesellschaftspolitische Vorstellung der künftigen
Entwicklung unserer Dörfer, der Wohn- und Arbeitsplätze, des
öffentlichen Raumes, gesamthaft unseres Landschafts- und Lebensraumes
unterstützen und erleichtern.
Eine Arbeitsgruppe der Regierung, der Fachleute, Berufsverbände,
Vertreter der Gemeinden und der Bauwirtschaft angehören, arbeitet
gegenwärtig an einer Neufassung des Baurechtes. Bei der Diskussion
des Baurechtes zeigt sich eine erstaunliche Bandbreite der
Interessen, aber auch Widersprüche werden deutlich: Einerseits will
jedermann eine möglichst hohe Ausnützung, primär aus wirtschaftlichen
Gründen. Andererseits wollen viele weiterhin ihr solitäres Eigenheim
nach dem Grundsatz, «my home is my castle».
Ein zukunftsgerechtes Baugesetz wird noch breite Diskussionen und
viel Überzeugungskraft benötigen, bis es in Kraft gesetzt werden
kann. Angelpunkt dieser Diskussion wird zweifellos sein, ob es
gelingt, von der heute noch vorherrschenden «Einzel- bauweise» (sei
es Eigenheim oder Block) sukzessive zu einer eher bodensparenden
«geschlossenen Bauweise» zu kommen, die auch Raum- und Lebensqualität
fördert. Dies setzt voraus, dass wir vom heutigen dominierenden
Nachbarrecht und Individualrecht zu mehr Solidarität, zum Näher- und
Grenzbau, zur stärkeren Gewichtung öffentlicher Grundsätze und des
Allgemeininteresses kommen. Es braucht nicht mehr, sondern weniger
Regeln. Es braucht vor allem aber einen gesellschaftlich vereinbarten
Konsens, dass der öffentliche Raum und der Siedlungsraum allen dient.
Bau- und Raumgestaltung fördert die Raum- und Lebensqualität. Auch
darin liegt die Chance für unsere Zukunft.

Kontakt:

Presse- und Informationsamt des Fürstentums Liechtenstein (pafl)
Tel. +423/236 67 22
Fax +423/236 64 60
Internet: http://www.presseamt.li

Nr. 136

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