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Heilmann packt es an
Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Berlin (ots)

Wir räumen da auf, wo Berlin nicht funktioniert", wiederholte wild entschlossen wirkend Berlins Innensenator und CDU-Chef Frank Henkel in seiner ersten Jahresbilanz zur großen Koalition. Weil es in Berlin bekanntlich an vielen Stellen klemmt, gibt es jede Menge aufzuräumen. Auch bezüglich der inneren Sicherheit in der Stadt. Bevor der verantwortliche Innensenator selbst so richtig anpackt, wird sein Senatskollege aus dem Justizressort und Parteifreund Thomas Heilmann schon mal aktiv. Er will sich intensiver als seine Vorgänger um die Jugendlichen kümmern, die bereits viel auf dem Kerbholz haben, daraus aber nichts lernen wollen. Dazu zählen auch einige der Schläger, die jüngst durch brutale Überfälle Gleichaltrige fast oder ganz zu Tode geprügelt haben.

Heilmann räumt ein, dass er kein neues Thema entdeckt habe. Aber weil alle bisherigen Bemühungen, gefallene Jugendliche wieder zurück auf den Pfad der Tugend zu führen, nicht auffallend erfolgreich waren, müsse endlich mehr geschehen. Ein Patentrezept hat der Justizsenator natürlich auch nicht. Aber einen richtigen Ansatz. Die von ihm angekündigte ressortübergreifende Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention ist überfällig. Sie soll endlich einmal überprüfen, wie wirkungsvoll oder auch vergeblich bislang alles Kümmern seitens des Senats und der Bezirke um das jugendliche städtische Gewaltpotenzial ist. Evaluieren nennt man neudeutsch das, was beamtete Fachkräfte aus den Ressorts Innen, Recht sowie Bildung und Jugend in den nächsten Jahren mit dem Ziel herausfinden sollen, die Resozialisierung und damit die Rückführung jugendlicher Gesetzesbrecher in ein geordnetes gesellschaftlichen Leben zu optimieren. Und damit die von so vielen Berlinern beklagte mangelnde Sicherheit auf Straßen, in Bahnhöfen und Bahnen zu verbessern. Dass sich Heilmann Unterstützung aus den beiden anderen Ressorts holt, spricht für ihn. Aber das entbindet ihn nicht davon - soweit in einem Rechtsstaat überhaupt möglich - , auch im eigenen Justizressort tätig zu werden. Nicht erst seit der mutigen Jugendrichterin Kirsten Heisig wissen wir, dass eine tendenziell milde Justiz nicht erreicht, was zu mitfühlende Richter sich von ihr erhoffen. Und dass die Strafe auf dem Fuße und nicht erst nach Monaten folgen muss, wenn sie zur Umkehr führen soll, ist längst auch eine Binse.

Daran, dass Heilmann sein noch weitgehend theoretisches Programm gestern nicht gemeinsam mit Innensenator Frank Henkel vorgestellt hat, haben sich gleich auch noch parteiinterne Spekulationen entzündet. Wollte er etwa dem ohnehin angeschlagenen Henkel, mit dem ihn die sprichwörtliche Parteifreundschaft verbindet, also keine besonders vertrauensvolle, die Schau stehlen? Dazu passt, dass der ehrgeizige ehemalige Werber in Zehlendorf/Steglitz als Kreisvorsitzender kandidieren will. Dort ist der mitgliederstärkste CDU-Kreisverband, und es wäre im Falle des Erfolgs eine günstige Ausgangslage, um bei passender Gelegenheit seinen Parteichef Frank Henkel zu beerben. Das allerdings sind noch Munkeleien, wie es ungewiss ist, ob Heilmanns Pläne jugendliche Straftäter tatsächlich zur Vernunft bringen.

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