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Sucht Schweiz / Addiction Suisse / Dipendenze Svizzera

Alkoholprobleme in der Schweiz: Betroffenheit der Angehörigen und Lust am Rausch

Lausanne (ots)

Eine landesweite repräsentative Umfrage der
Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme
(SFA) in Lausanne bei 1500 Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren
kommt zu dem Ergebnis, dass jeder achte Schweizer und jede achte
Schweizerin Alkoholprobleme in seiner/ihrer Umgebung wahrnimmt. Fast
die Hälfte ist davon konkret betroffen und leidet emotional
insbesondere an den Störungen der sozialen Beziehungen. Eine
Verbesserung der Hilfe für Angehörige ist deshalb vorrangig. Als
weiteres Teilergebnis der Studie scheint die Lust der Schweizer und
Schweizerinnen am Rausch ungebrochen. Jeder vierte Mann hat
hierzulande nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Monaten
zuviel getrunken. Jüngere greifen dabei häufiger zu Spirituosen. Nach
Ansicht der SFA erweisen sich Preisnachlässe bedingt durch
Steuerreduktionen auf diesem Getränkesektor für eine wirksame
Prävention von Alkoholproblemen als kontraproduktiv.
Jede achte Schweizer sieht sich mit Alkoholproblemen konfrontiert
Jeder achte Bewohner der Schweiz (13%) nimmt in seiner näheren
Umgebung Personen wahr, die Probleme durch den Konsum von Alkohol
haben. Dies zeigen die Ergebnisse einer landesweiten Umfrage bei 1500
Personen durch die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere
Drogenprobleme in Lausanne. Mehr Frauen als Männer und mehr Bewohner
und Bewohnerinnen der Romandie als Deutschschweizer und
-schweizerinnen registrieren einen problematischen Alkoholkonsum bei
anderen. Frauen trinken grundsätzlich weniger Alkoholisches als
Männer und dürften deshalb sensibler auf Alkoholmissbrauch -
besonders denjenigen der Männer - reagieren. In der Westschweiz
spricht man bekanntlich stärker dem Alkohol - und besonders dem Wein
- zu als jenseits des "Röstigrabens". Diese Tatsache lässt die
Aufmerksamkeit der Westschweizer für Alkoholprobleme wohl steigen.
Körperliche, psychische und Beziehungsprobleme dominieren
Die telefonisch Interviewten aus den drei Sprachregionen der
Schweiz konnten nicht nur die Existenz von Alkoholproblemen in ihrem
Umfeld angeben, sondern diese auch genauer spezifizieren. Unabhängig
von Geschlecht und Sprachregion sind die wahrgenommenen
Alkoholprobleme bei den Betroffenen jeweils zu einem Drittel
körperlicher und psychischer Art. Ein Zuviel an Alkoholischem zehrt
an Körper und Psyche, soviel ist den Schweizern klar. Doch nicht nur
Körperorgane und psychische Gesundheit werden negativ durch Alkohol
beeinflusst. Mehr als ein Viertel der Befragten (26%) sieht als Folge
übermässigen Trinkens konkrete Schädigungen der sozialen Beziehungen
in ihrem Familien- und Bekanntenkreis. Hinzu kommen Schwierigkeiten
am Arbeitsplatz (17%) und Finanzsorgen (14%). Das Spektrum der
wahrgenommenen Probleme ist also weit und umfasst Körper, Psyche und
soziales Umfeld.
Negative Gefühle, Stress und Schädigung des sozialen Netzes
Es ist denkbar, Alkoholprobleme in seinem Umfeld wahrzunehmen,
ohne deren Auswirkungen am eigenen Leib zu erfahren. Die SFA-Umfrage
wollte deshalb den Grad der direkten Betroffenheit durch
Alkoholprobleme anderer bei den Befragten feststellen. 40 Prozent der
Befragten bezeichneten sich in dieser Hinsicht selber als "persönlich
betroffen". Die Art der Betroffenheit ist vielfältig.
Mitleiden an Alkoholproblemen anderer drückt sich einerseits
häufig emotional durch ein konkretes Mitleiden (52%) und negative
Gefühle wie Wut und Ärger (44%) gegenüber dem Alkoholkranken aus.
Doch genauso oft leiden die Befragten an gestörten Familien- und
Freundschaftsbeziehungen (52%). Stress (40%) und die Gefährdung der
eigenen Gesundheit (23%) sind ebenfalls häufig angegebene Folgen der
Alkoholprobleme anderer. Auch die Kinder werden vielfach in
Mitleidenschaft gezogen (22%).
Das Potenzial an Leiden, das die SFA-Studie in ihren Ergebnissen
widerspiegelt, ist somit enorm. Die psychischen Lasten in Form von
Stress und negativen Gefühlen sind für die Mitbetroffenen von
Alkoholproblemen gar nicht zu unterschätzen. Frauen nehmen
Alkoholprobleme nicht nur intensiver wahr, sondern leiden auch
deutlich mehr darunter. Die sozialen Beziehungen, besonders in
Familie, Ehe oder Partnerschaft und Freundeskreis werden systematisch
in Mitleidenschaft gezogen, wenn zu viel getrunken wird.
Jeder vierte Mann trinkt über den Durst
Alkoholprobleme können grundsätzlich aus einer
Alkoholabhängigkeit, also süchtigem Trinkverhalten entstehen oder aus
einem punktuellen Zuviel an Alkohol, welches sich in Betrunkenheit
äussert. Jeder sechste Befragte (17%) bekannte sich dazu, in den
vergangenen zwei Monaten zu viel getrunken zu haben. Erwartungsgemäss
sind es mehr Männer (25%) als Frauen (9%), die zu tief ins Glas
geschaut haben. Besonders häufig (34%) waren es auch jüngere Personen
(18 bis 24 Jahre) sowie die Altersklasse der 25- bis 34-Jährigen
(25%), die sich zu mindestens einer Trunkenheit bekannten.
Rauschgetränke: mehr Spirituosen bei den Jüngeren
Welche alkoholischen Getränke bei Trunkenheitssituationen
besonders oft konsumiert werden, lässt sich der SFA-Umfrage ebenfalls
entnehmen.
Mit grossem Abstand sind es Wein und Schaumweine (58%, besonders
bei Frauen), die eine herausragende Rolle beim Über-den-Durst-Trinken
spielen. Dann folgen Bier (37%, das bevorzugte Getränk der Männer)
und Spirituosen (15%). Cocktails (9%) und Premixgetränke (4%) spielen
eine geringere, aber keineswegs zu vernachlässigende Rolle beim
punktuellen Überkonsum. Bei älteren Menschen kommt es eher durch Wein
zum Gefühl des Betrunkenseins. Vermutlich handelt es sich dabei mehr
um einen Schwips in geselligen Situationen. Für die Jüngeren hingegen
ist der Gerstensaft das häufigste Rauschgetränk, gefolgt von den
Spirituosen. Auch wenn über die Menge der konsumierten Alkoholika in
der Befragung nichts ausgesagt wird, darf man hier schon ein
kräftigeres Zulangen annehmen. Insbesondere im Zusammenhang mit den
Steuervergünstigungen und damit Preisverringerungen für importierte
Spirituosen geben diese Ergebnisse Anlass zur Besorgnis. Verbilligte
Spirituosen und ihre Ableger wie Premixgetränke können ihre
Sonderstellung auf der Getränkekarte junger Menschen noch ausbauen.
Mit allen unerwünschten Folgen für die Betroffenen und ihr soziales
Umfeld.
Mehr Hilfe für Nahestehende und keine Verbilligung für
Rauschgetränke
Für die SFA bestätigen diese Umfrageergebnisse die allgemeine
Erkenntnis, dass Alkoholprobleme hierzulande ein weit verbreitetes
sozialmedizinisches Problem darstellen. Besonders die Aspekte der
Beeinträchtigung der Sozialbeziehungen werden dabei deutlich. Neben
den emotionalen Belastungen und dem Stress, denen die mitbetroffenen
Familienangehörigen und Nahestehenden ausgesetzt sind, werden in der
Studie ganz überwiegend negative Auswirkungen der Alkoholprobleme auf
das soziale Netz der Betroffenen geäussert. Neben der Behandlung von
Alkoholabhängigkeit ist somit nach Ansicht der SFA eine intensivere
Betreuung der "mitleidenden" Angehörigen nötig. Richtet sich diese
Forderung in erster Linie an die Betroffenen, Mitbetroffenen und ihr
Verhalten, so muss der Blick zusätzlich auf die Ursachen der
Alkoholprobleme gerichtet werden. Wenn Trunkenheit - und dies
besonders bei jungen Menschen - ein offenbar gar nicht so seltenes
Ereignis ist und dabei bestimmte Getränkearten eine herausragende
Rolle spielen, muss hier eine Prävention von der Angebotsseite her
einsetzen. Steuerreduktionen für Spirituosen sind dabei der falsche
Weg, denn sie verbilligen die Getränkepreise, was wiederum einen
erhöhten Alkoholkonsum bei jungen Menschen zur Folge haben kann. Und
wo mehr Alkoholika getrunken werden, ist das Risiko für Folgeprobleme
ebenfalls höher. Hilfe für Betroffene und Mitbetroffene sowie eine
vernünftige Kontrolle des Angebotes alkoholischer Getränke machen die
beiden Seiten der Medaille zur Verringerung von Alkoholproblemen aus.
Kontakt und Grafiken:
SFA Lausanne
Sekretariat Prävention und Information 
Tel. +41/21/321'29'76

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