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Richtige Symbolpolitik
Leitartikel von Hans Evert

Berlin (ots)

Lange Zeit hatte man sich in Berlin damit abgefunden. Gut, Hartz-IV-Hauptstadt war kein so schönes Attribut, aber im Großen und Ganzen hatten sich viele in der Stadt damit arrangiert. Berlin musste nach der Wende nun mal den Zusammenbruch der Industrie verkraften, einen harten Strukturwandel im Zeitraffertempo. Was will man da schon machen, außer das Heer der Beschäftigungslosen zu verwalten? Mit dem Verwalten dieses Zustandes konnten viele gut leben, im wortwörtlichen Sinne. Vor allem jene Berliner Großindustrie der Träger von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, finanziert aus den unzähligen Geldtöpfen von Arbeitsagenturen, Jobcentern, Europäischen Sozialfonds und Berliner Landeshaushalt. Die Wirtschaft der Hauptstadt galt als schwachbrüstig und unfähig, Stellen auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl anzubieten. So ist das nun mal in Berlin, da kann man nichts machen. Mit dieser Haltung verfestigte sich eine Mentalität, und es wurden Strukturen zementiert. Man hatte sich eingerichtet mit dem Verwalten des Arbeitsmarktelends. Seit einigen Jahren jedoch passiert etwas in der Stadt, was so gar nicht zu jener Mentalität passt. Junge Menschen tragen neuen Unternehmergeist in die Stadt und gründen Firmen. Eine Umfrage des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller belegt die Attraktivität der Hauptstadt als Wirtschaftsstandort. Touristen strömen und verpassen dem Gast- und Dienstleistungsgewerbe eine kräftige Infusion. Die Deutsche Bank siedelt ihr Zentrum für Risikomanagement in Berlin und nicht in London oder Singapur an. Berlin und wirtschaftliche Dynamik - das ist nicht länger ein schlechter Witz. Dieser neuen Realität versucht sich nun auch der Senat zu stellen. Das neue Jobprogramm "Berlin Arbeit" aus dem Haus von Senatorin Dilek Kolat ist durchaus Beleg dafür. Richtig ist: In dem Programm werden vor allem Absichtserklärungen formuliert. Die Zahl der Arbeitslosen soll unter 200.000 sinken, Berufsorientierung früh und umfangreich in den Schulen angeboten werden. Qualifizierungen von Menschen ohne Job sollen sich an den Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten, Bildungsziele konkret formuliert werden. Überambitioniert ist das alles nicht. An einigen Stellen wird schlichtweg Naheliegendes aufgegriffen. Schon lange ist bekannt, dass die Hälfte der 212.000 Berliner ohne Job keine abgeschlossene Berufsausbildung hat. Was liegt da näher, als das System der Qualifizierung einer Prüfung zu unterziehen? Man kann in dem Jobprogramm "Berlin Arbeit" einen Mangel an Konkretem sehen, und natürlich ist es nur selbstverständlich, die Landesregierung an den Absichtserklärungen zu messen. Aber man darf die Symbolik nicht von vornherein schmähen. Lange genug hat es schließlich gedauert, bis der Senat sich zu einem Mentalitätswandel aufraffen konnte. Dieser Wille ist nun immerhin schriftlich fixiert.

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