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Senta Berger: "Es ist sehr bitter, wenn man bei Preisverleihungen nicht bedacht wird. Ich knabbere heute noch dran."

München (ots)

Tele 5 zeigt anlässlich des WIR LIEBEN KINO-LOLA
Festivals 08 zwei Filme mit Senta Berger:
So., 20.4., 20.15 Uhr: 'Der Schatten des Giganten'
So., 20.4., 23.00 Uhr: 'Quiller Memorandum: Gefahr aus dem 
Dunkeln'
Vom 16. Bis 20. April präsentiert die DEUTSCHE FILMAKADEMIE 
gemeinsam mit Tele 5 "WIR LIEBEN KINO - Das LOLA-Festival 08". Tele 5
sprach mit Senta Berger, Präsidentin der Deutschen Filmakademie, über
Kritik an der Jury, peinliche Preisverleihungen, den deutschen Film 
und ihre aktuellen Projekte.
Tele 5: Sie sind Präsidentin der deutschen Filmakademie. Eine 
schwierige Aufgabe? Worin liegt für Sie die besondere 
Herausforderung?
Senta Berger: Die Deutsche Filmakademie ist jung, sehr jung. Ich 
hätte nichts dagegen, wenn sie "jung" bliebe. Also im Sinne von 
streitbar, experimentierfreudig, innovativ. Natürlich ist gerade die 
Akademie für Filmschaffende ein Haus der Temperamente. Zu diesem 
Zeitpunkt lernen wir uns gerade kennen. Wir lernen uns 
auseinanderzusetzen, den Standpunkt des anderen zu akzeptieren, wenn 
wir ihn auch nicht teilen können. Meine Aufgabe ist es nicht nur, 
zwischen den Generationen und den einzelnen Sektionen zu vermitteln, 
sondern die Ideen, die Projekte der Akademie, die Notwendigkeiten 
ihrer Mitglieder auch nach außen zu vermitteln.
Der deutsche Film sei international "mehr als wettbewerbsfähig", 
so Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Wie sehen Sie das?
Der deutsche Film hat oft im Ausland einen besseren Stand als im 
eigenen Land. Man begegnet ihm vorurteilslos. Wir haben insgesamt ein
Problem mit dem europäischen Film und genauer gesagt, mit dem 
europäischen Kino. Die Kinos verschwinden. Der deutsche Film ist so 
vielfältig, so interessant, - aber es fehlen immer mehr die Kinos, 
die europäische Filme auch flächendeckend einsetzen. Ich glaube, das 
ist ein großes Problem, über das wir erst anfangen nachzudenken.
Was muss ein Film haben, um international attraktiv zu sein?
Gott sei Dank kann man diese Frage nicht beantworten. Es gibt kein
Rezept. Ein guter Film ist ein guter Film ist ein guter Film. Ein 
guter deutscher Film sollte etwas mit unserer Kultur, mit unserer 
Lebensart, unserer Sprache zu tun haben und kein Imitat sein. Das 
heißt nicht, dass deutsche Filme nur in Deutschland spielen müssen. 
Ich denke an die Filme von Wim Wenders, die auch in Texas auf 
wunderbare Weise unverwechselbar deutsch sind.
Woran arbeiten Sie selbst?
Ich werde einen Kinofilm mit Ben Verbong drehen. Es geht um eine 
todkranke Tochter, die in ihr Elternhaus zurückkehrt, um dort zu 
sterben. Ich spiele ihre Mutter. Die Geschichte wird ganz 
ungewöhnlich erzählt - völlig unsentimental, tragisch und komisch - 
wie das Leben eben ist.
Wo bewahren Sie Ihre Preise auf, die Sie im Laufe Ihrer 
glanzvollen Karriere bekommen haben? Was ist Ihr liebster Preis?
Der deutsche Regieverband hat vor Jahren einen wunderschönen 
Darstellerpreis vergeben in Form eines Chaplinschuhs aus Bronze. Den 
lieb' ich sehr, es bedeutet mir etwas, von den Regisseuren 
ausgezeichnet worden zu sein. Und dann natürlich die Preise, die mein
Mann Michael Verhoeven bekommen hat für seine Filme, die unsere 
gemeinsame Filmproduktion, die "Sentana-Film" produziert hat, wie den
British Academy Award und den Preis der New Yorker Filmkritiker. Das 
sind schon sehr feine Auszeichnungen. Sie stehen auf einer Treppe in 
unserem Haus.
Sie haben mal gesagt "Preisverleihungen haben immer etwas leicht 
Provinzielles". Woran liegt das?
Unser Beruf hängt von so vielen Faktoren ab. Man kann kein Tor 
schießen, wenn man keine Vorlagen bekommt. Also möchte man im Moment 
der Auszeichnung an all jene erinnern, denen dieser Preis ebenfalls 
zugedacht ist, die aber nicht  auf der Bühne stehen. Ich verstehe das
so gut. Dennoch wird es manches Mal für das Publikum ein bisschen 
lang und manches Mal sogar eintönig. Die längsten Preisverleihungen 
habe ich immer in Italien erlebt. Sie fangen schon gar nicht 
pünktlich an und ziehen sich und ziehen sich, weil die übervollen 
Herzen der Preisträger sich ausschütten wollen und müssen. Oft wird 
es dann zu viel des Guten.
Sind Preise entscheidend für Filmschaffende?
Preise, Auszeichnungen sind gerade für den unwägbaren Beruf der 
Schauspieler wichtig und ermutigend. Ich habe noch nie gehört, dass 
mit einem Preis gewisse Nachteile einhergehen.
Sie sind seit 50 Jahren dabei. Welchen Trend sehen Sie für die 
Zukunft, wird es wieder mehr gute Rollen für ältere Schauspieler 
geben?
Das Fernsehen spiegelt natürlich die Wirklichkeit unserer 
Gesellschaft und ihre Entwicklungen. Deshalb gibt es zunehmend gute 
Rollen für "ältere" Frauen - was immer man unter "ältere Frauen" 
versteht -  weil auch im wirklichen Leben Frauen ab 50 nicht auf 
Rückzug aus sind, sondern ihr Leben gestalten. Im Kinofilm hat man 
sich in den letzten Jahrzehnten mit wenigen Ausnahmen ganz auf das 
junge Publikum spezialisiert und dementsprechend sind auch die 
allermeisten Geschichten, die wir im Kino zu sehen bekommen. Ich habe
nichts dagegen - Hauptsache, sie sind gut!
Nicht alle sind glücklich über die Vergabe des Filmpreises durch 
die Filmakademie. Über die Jury in der Zeit vor 2005 wurde aber auch 
gejammert. Kann man es den Deutschen überhaupt recht machen?
Die Kritik, die in den ersten Jahren von außen kam, beruhte auf 
dem Vorurteil, die Akademiemitglieder hätten nicht genug 
Kunstverstand, um auch die Qualität der so genannten kleinen Filme zu
erkennen. Man war sich sicher, dass die Akademie nur die 
"Mainstream-Filme", die Kassenknüller, als preiswürdig erachten 
würde. Als dann das Gegenteil eintrat und die "kleinen Filme" 
nominiert wurden, wurde Kritik laut, die Akademie würde 
publikumsträchtige Filme ablehnen. Also schon ein bisschen 
merkwürdig, das Ganze. Die Kritik aus den Reihen der 
Akademiemitglieder bezieht sich jedes Jahr auf die 
Nominierungsauswahl. Dazu möchte ich sagen: Die Vergabe eines 
Filmpreises ist immer und überall das Resultat eines Wettbewerbs! 
Einer wird ausgezeichnet und hundert andere nicht! Das ist so - in 
Cannes, beim Oscar und bei der deutschen Filmakademie. Wenn Preise 
vergeben werden, geschieht es immer und überall unter der 
Heraushebung einzelner Arbeiten und dem gleichzeitigen Ausschluss 
anderer.
Das kann bitter sein.
Das kann sehr bitter sein, ich habe das oft erlebt, als 
Schauspielerin und als Produzentin, nicht bedacht worden zu sein, es 
schmerzt und ich knabbere heute noch dran. Das Gremium, das vor der 
Gründung der Filmakademie den Filmpreis zu vergeben hatte, hat sicher
immer das Beste gewollt, obwohl in den Augen vieler nicht das Beste 
dabei herausgekommen ist. Ja, hat man gesagt, in diesem Gremium 
sitzen auch so viele Leute, die eigentlich branchenfremd sind und 
nichts von unserem Beruf verstehen. Und nun stimmen Filmkünstler für 
Filmkünstler, vergeben Filmschaffende Preise an Filmschaffende. Und 
siehe, plötzlich empfindet man ein vermeintliches Unrecht als 
doppeltes Unrecht. Und - ich kann das auch völlig verstehen! Dennoch 
ist mir diese demokratische Wahl der Akademiemitglieder sehr viel 
lieber als die ehemalige Praxis einer berufsfernen Jury.
Interview: Michaela Simon
Textrechte: ©Presse Tele 5, Verwertung honorarfrei nur bei 
Programmhinweis auf Tele 5.
Wir lieben Kino.
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