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Alles falsch gemacht, Kommentar zur Insolvenz des Baumarktbetreibers Praktiker, von Martin Dunzendorfer.

Frankfurt (ots)

Der Baumarktbetreiber Praktiker ist pleite. Wirklich überraschen kann das niemanden mehr. Zu sehr hatte sich in den vergangenen Jahren geschäftlicher Misserfolg mit eklatanten Fehleinschätzungen und -entscheidungen der Führungsgremien gepaart, in denen von personeller Stabilität keine Rede sein konnte. So waren vier Vorstandschefs in zwei Jahren auch die Folge von Starrköpfigkeit und Eitelkeit beim österreichischen Großaktionär Alain de Krassny und bei den mit ihm verbundenen Investoren. Jetzt die Insolvenz mit dem nicht abgeschlossenen Verkauf einer Konzerntochter zu begründen geht an den wahren Ursachen vorbei.

2006 hatte das Unternehmen mit knapp 3,2 Mrd. Euro Umsatz noch 84 Mill. Euro Gewinn erwirtschaftet, doch die mit dem Slogan "20% auf alles" erzielten Erfolge Mitte des vorigen Jahrzehnts wurden zum Bumerang - die Kunden kamen zuletzt nur noch, wenn eine Rabattaktion lief, sonst blieben die Filialen leer. Und auch die Betonung als Billiganbieter ("Hier spricht der Preis") wurde zum Rohrkrepierer; anders als im Lebensmittel-Einzelhandel wollen Baumarktbesucher alle Produkte, die auf dem Einkaufszettel stehen, in einem Markt kaufen. Praktiker aber konnte das niedrige Preisniveau nur dank eines kleinen Sortiments und fehlender Beratungsqualität halten. Wer zwei-, dreimal nach vergeblicher Suche bei Praktiker erst bei einem Rivalen fündig wurde, ging beim nächsten Mal gleich zu Obi, Hornbach oder Bauhaus.

Doch statt den Tod der Marke Praktiker zu akzeptieren und einen radikalen Schnitt zu machen, setzte die Konzernleitung wechselweise auf unrealistische, zu teure oder zu zeitaufwendige Strategien. 2010, der Niedergang hatte schon begonnen, wurde der Strategieschwenk weg vom Billigheimer-Image verkündet. Als "Preis-Leistungs-Führer" wollte man sich etablieren. Doch für Feintuning war es da bereits zu spät. Praktiker hatte ihre Kunden zu reinen Rabattjägern erzogen.

Als die Neuausrichtung scheiterte und weiter Marktanteile verloren gingen, kam man im Frühjahr 2012 auf die Idee, einen Großteil der Praktiker-Märkte auf die Gewinn schreibende Konzerntochter Max Bahr umzuflaggen, die im höherpreisigen Segment angesiedelt ist. Doch dafür wurden Zeit und Geld knapp. So war die zweite Jahreshälfte geprägt vom notdürftigen Schließen von Finanzierungslücken - und von Machtkämpfen, die sich Praktiker in dieser Lage am allerwenigsten leisten konnte. Kurz: Für einen Pleitekandidaten hat Praktiker alles falsch gemacht. Jetzt hat das Siechtum ein Ende.

(Börsen-Zeitung, 12.7.2013)

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