Tous Actualités
Suivre
Abonner Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung

Erfolgreicher Unsympath, Kommentar zur neuerlichen Reduktion des US-Staatsanteils an dem vor vier Jahren vor dem Kollaps geretteten Versicherers AIG, von Sebastian Schmid.

Frankfurt (ots)

Präsident Barack Obama muss sich im Wahlkampf derzeit - erwartungsgemäß - eine Menge Vorwürfe gefallen lassen. Das US-Haushaltsdefizit und die Arbeitslosenquote seien zu hoch, das Wirtschafts- und Jobwachstum zu niedrig. Über die großzügig bemessenen Rettungsgelder für angeschlagene Banken und Versicherer in der Finanzkrise haben sich zuletzt allerdings nur noch Hardliner der republikanischen Partei beschwert. Das liegt wohl daran, dass die US-Regierung hier einiges richtig gemacht hat, wie auch der jüngste Mehrheitsverkauf beim Versicherer American International Group (AIG) zeigt.

2009 wurde das Börsenkürzel AIG als Folge der sich auf mehr als 180 Mrd. Dollar summierenden Rettungspakete bereits als Abkürzung für "And It's Gone" ("Und es ist weg") verballhornt. Mittlerweile steht der US-Finanzminister Timothy Geithner kurz davor, mit der Nothilfe einen Gewinn zu erzielen - vor gut dreieinhalb Jahren schien das noch undenkbar. Zu verdanken ist die überraschende Lukrativität der Rettung nicht zuletzt dem streitbaren CEO Ben Benmosche. Dieser war von der Obama-Administration Mitte 2009 auf den Chefsessel von AIG gesetzt worden, zeigte sich in der Folge allerdings alles andere als dankbar. Der Kongress bestehe nur aus "Verrückten", erklärte er seinen Angestellten bereits am ersten Arbeitstag. Der damalige New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo, wie Präsident Obama ein Demokrat, verdiene es nicht, "in der Regierung zu sein". Zudem forderte er einen Privatjet für sich und drohte, den Job hinzuschmeißen, wenn nicht bald die von der Regierung festgelegte Gehaltsobergrenze angehoben werde.

Kurz: Sympathiepunkte hat Benmosche in seiner Amtszeit sicher nicht gesammelt. Dafür hat er über zahlreiche Devestitionen den US-Steuerzahlern ihr Geld in unerwartet kurzer Zeit fast komplett zurückgezahlt. Überhaupt ist der US-Fiskus nach eigenen Angaben bei der Bankenrettung insgesamt schon mit 20 Mrd. Dollar im Plus. In Deutschland kann davon derzeit nur geträumt werden. Bei einigen Instituten wie der Hypo Real Estate ist ohnehin nicht viel zu erwarten. Aber auch bei der Commerzbank, die bisher nicht einmal die Zinsen für die stillen Einlagen zahlen konnte, ist nicht absehbar, ob und wann die Staatsgelder zurückfließen werden. Vielleicht auch, weil ein politisch derart unkorrekter Kandidat wie Benmosche, der den Politikbetrieb hasst, hierzulande keine Chance hätte, den Job des Chefs eines staatlich gestützten Konzerns zu bekommen - geschweige denn zu behalten.

(Börsen-Zeitung, 11.9.2012)

Kontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Plus de actualités: Börsen-Zeitung
Plus de actualités: Börsen-Zeitung
  • 07.09.2012 – 19:40

    Draghis Paukenschlag, Börsenkommentar "Marktplatz", von Christopher Kalbhenn.

    Frankfurt (ots) - Auch wenn die meisten Einzelheiten des geplanten neuen Anleihekaufprogramms bereits offiziell bekannt gegeben bzw. über vermeintliche Lecks gestreut worden waren, kann die Ankündigung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, vom Donnerstag als Paukenschlag bezeichnet werden. Denn die Finanzmärkte haben sehr deutlich auf die ...

  • 06.09.2012 – 20:50

    Wohlwollender Diktator EZB, Leitartikel zur Rolle der Zentralbank von Stephan Balling

    Frankfurt (ots) - Zugegeben: In deutschen Ohren klingt vieles schrill, was der republikanische Kandidat für das US-Präsidentenamt fordert. Mitt Romney will "dafür arbeiten, den Zugang und die Möglichkeiten der Amerikaner zum Jagen und Schießen zu erweitern und zu verstärken", wie er auf seiner Internetseite verkündet. Krankenversicherung für alle? Unnötig, zu ...

  • 05.09.2012 – 20:50

    Die Quadratur der Prüfer, Kommentar zur Regulierung von Sabine Wadewitz

    Frankfurt (ots) - Die Differenzen in der Wirtschaftsprüferbranche scheinen unüberwindlich. Die in Brüssel vor dem Hintergrund der Finanzkrise ausgelöste Reformdiskussion hat einen Keil zwischen die großen Prüfungsgesellschaften und den Mittelstand getrieben, und der Riss ist mit fortschreitender Debatte immer tiefer geworden. Hierzulande war der Streit ...