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Ein bisschen Hoffnung, Börsenkommentar "Marktplatz", von Thorsten Kramer.

Frankfurt (ots)

Mit ihrer Senkung des Dax-Ziels für das Jahresende auf 7000 Punkte hat die Landesbank Baden-Württemberg vor dem Wochenende einen weiteren Anhaltspunkt dafür geliefert, dass die Perspektiven an Europas Finanzmärkten auf Sicht der nächsten Monate eher trübe sind. Auch am deutschen Aktienmarkt. Die Politik kommt im Kampf gegen die Schuldenkrise nicht entscheidend voran, stattdessen rufen etwa die Griechen schon wieder nach einem neuen Zeitplan für die Einlösung ihrer Sparzusagen. Konjunkturzahlen und Frühindikatoren signalisieren rezessive Tendenzen in der gesamten Peripherie der Eurozone, und nicht zuletzt steht eine weitere Anpassung der Schätzungen für die Firmengewinne bevor. Dies lässt die günstige Bewertung an den Börsen in einem anderen Licht erscheinen. Woher sollen da also ermutigende Impulse kommen, die für einen Anstieg von Dax und EuroStoxx50 oder eine Stabilisierung des Euro sprechen?

Aufhorchen lässt da die Reaktion der Märkte auf die mit Spannung erwarteten Wachstumsdaten aus China. Die zweitgrößte Volkswirtschaft ist im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 7,6% gewachsen und somit mit dem geringsten Tempo seit drei Jahren. Sowohl an den Aktienmärkten als auch an den Rohstoffmärkten atmeten Investoren dennoch auf. Dies liegt erstens daran, dass die Erwartungen vieler Volkswirte damit erfüllt worden sind. Zweitens allerdings spiegelt die Reaktion der Märkte die Hoffnung wider, dass die Notenbank People's Bank of China und die Regierung in Peking durch weitere Zinssenkungen oder gezielte Infrastrukturhilfen dazu beitragen, dass die chinesische Wirtschaft neue Dynamik entwickelt. Dies würde sich positiv auf die Perspektiven der gesamten Weltkonjunktur auswirken und konkret nicht zuletzt auf die Gewinnaussichten der exportstarken europäischen Firmen.

In den zurückliegenden Wochen hatte Chinas Notenbank bereits zweimal den Leitzins gesenkt. Die schnelle Abfolge beunruhigte manche Beobachter, die darin einen Beleg dafür sahen, dass sich die dortige Konjunktur nun doch stärker abkühlen könnte als befürchtet. Inzwischen mehren sich jedoch die Kommentare, in denen Volkswirte kenntlich machen, dass sie in der zweiten Jahreshälfte mit der erhofften Stabilisierung rechnen. Die beiden Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS beispielsweise gehören zu den Adressen, die von Juli bis Dezember wieder ein Wachstum mit einer Acht vor dem Komma prognostizieren. Das offizielle Wachstumsziel der Regierung in Peking in Höhe von 7,5% wäre somit also nicht gefährdet.

Mut macht Beobachtern dabei, dass einige Indikatoren die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Stabilisierung verstärken. So legte der Einzelhandelsumsatz nun den zweiten Monat in Folge mit einer Rate von annähernd 14% zu, und das Wachstum der Investitionen nahm - in Reaktion auf die erste Zinssenkung - bereits wieder Fahrt auf. Anlass zur Sorge bietet indes weiterhin der Gewinnrückgang in der Industrie. Die Furcht vor einer harten Landung Chinas dürfte gleichwohl im Laufe des dritten Quartals nachlassen und sich positiv auf die Risikobereitschaft der Anleger auswirken.

Bleibt eine weitere Verschärfung der Schuldenkrise aus, besteht also durchaus die Chance, dass sich die Lage an den Finanzmärkten im Verlauf des zweiten Halbjahres beruhigt. Gerade recht kommt es da, dass Italien nach der erfolgreichen Auktion von Geldmarktpapieren am Donnerstag auch am Freitag bei der Platzierung von Staatsanleihen weniger Zinsen als zuvor bezahlen musste - und dies, obwohl die Ratingagentur Moody's das Land in der Nacht auf Freitag um zwei Stufen auf "Baa2" heruntergestuft hatte. Ob die jüngsten Reformbeschlüsse der Regierung in Rom nachhaltig Eindruck machen, muss sich allerdings erst noch beweisen.

Für eine Rückkehr der Risikobereitschaft gilt es freilich auch als Voraussetzung, dass die US-Konjunktur an Dynamik gewinnt. Weil damit - ebenso wie mit der Entwicklung in China und der Schuldenkrise - nach wie vor viele Unwägbarkeiten verbunden sind, wird die Volatilität an den Finanzmärkten über den Sommer hoch bleiben - und vermutlich auch darüber hinaus. Sollten in den nächsten Monaten die Frühindikatoren für die amerikanische und die chinesische Wirtschaft nach oben zeigen, spricht indes einiges dafür, dass die Dax-Prognose der LBBW erreichbar ist.

(Börsen-Zeitung, 14.7.2012)

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