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Raus aus dem Hinterzimmer, Kommentar zum geplatzten Vergleich zwischen der Deutschen Bank und den Kirch-Erben, von Bernd Wittkowski.

Frankfurt (ots)

Die auf Dutzenden Schauplätzen ausgetragenen Rechtsstreitigkeiten zwischen Leo Kirch bzw. seinen Erben einerseits sowie der Deutschen Bank und ihrem früheren Chef Rolf Breuer andererseits gehen ins zweite Jahrzehnt. Gut so! Natürlich sind auch in diesem Fall alle Beteiligten dort, wo man vor Gericht und auf hoher See immer ist: in Gottes Hand. Aber der bevorstehende Wechsel im Vorstandsvorsitz der Beklagten und der Wunsch des Amtsinhabers Josef Ackermann respektive seiner Nachfolger Jürgen Fitschen und Anshu Jain, ein möglichst besenreines Haus zu übergeben bzw. zu übernehmen, dürfen für die Bank keine hinreichenden Gründe sein, sich mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag vor allem auf Kosten ihrer Aktionäre aus einem lästigen Verfahren herauszukaufen und die Kläger generös abzufinden.

Wir leben schließlich nicht in den USA, wo es der inzwischen verstorbene Kirch übrigens auch schon erfolglos mit einer Zahlungsklage versucht hatte. Es fehle jede Basis für den Schluss, Breuers Meinungsäußerung zur Kreditwürdigkeit Kirchs in dem berühmten Interview vom Februar 2002 habe falsche oder irreführende Aussagen enthalten, entschied ein New Yorker Gericht schon 2004.

An einer ultimativen, das heißt höchstrichterlichen Klärung dieses beispiellosen Falles besteht ein öffentliches Interesse, auch jenseits der ohnehin nicht per Vergleich aus der Welt zu schaffenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen mehrere Deutsche-Bank-Promis wegen angeblicher Falschaussage.

Erstens haben die Bank und ihre Anwälte stets den Eindruck erweckt, ihre Rechtsposition sei praktisch unangreifbar. Zweitens bekräftigte Ackermann immer wieder, in solchen Fällen werde man sich "mit allen gebotenen Mitteln" zur Wehr setzen. Drittens sind die Bank und Breuer bisher nicht rechtskräftig verurteilt worden, auch nur 1Cent Schadenersatz an die Kirch-Seite zu zahlen. Viertens wurde erst jüngst ein Strafverfahren gegen Breuer gegen Geldauflage, also ohne Verurteilung, eingestellt. Eingedenk dessen wäre ein in einem Hinterzimmer geschlossener Vergleich in aberwitziger Höhe aus Sicht der Anteilseigner in äußerstem Maße unbefriedigend - und wiederum seinerseits justiziabel. Davon abgesehen: Diese Causa interessiert schon wegen der in Rede stehenden Summe, an der über den aus dem Aufwand resultierenden Steuerausfall ja die Allgemeinheit beteiligt würde, längst auch das breitere Publikum. Der Vorstand der Bank war mithin bei seiner "einvernehmlich" getroffenen Entscheidung, den Vergleichsvorschlag abzulehnen, sehr gut beraten.

(Börsen-Zeitung, 2.3.2012)

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