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Keine nachhaltige Wende Kolumne "Marktplatz", von Frank Bremser.

Frankfurt (ots)

Es ist eine sehr vorsichtige Formulierung, die
der YaleProfessor Robert Shiller kürzlich in einem Interview wählte: 
"Ich muss sagen, aktuell ist keine gute Zeit, um am Aktienmarkt 
investiert zu sein." Es lässt sich wenig sagen gegen diese Einsicht, 
denn diejenigen, die lange Zeit auf steigende Kurse gesetzt haben, 
können im Minutentakt beobachten, wie ihr Depotwert zusammenschmilzt.
Das erste Halbjahr haben Analysten und Volkswirte denn auch schon 
länger weitestgehend abgeschrieben. Denn als hätte einer vom anderen 
abgeschrieben, war in den Jahresausblicken stets dasselbe zu lesen: 
Spätestens zum dritten Quartal werden die schlimmsten Auswüchse der 
Subprime-Krise überwunden sein, dann werden die Aktienmärkte den 
wiederkehrenden Aufschwung vorwegnehmen. Doch in den zurückliegenden 
Wochen und Monaten wurden immer neue Schreckensmeldungen aus den 
Bilanzen der Großbanken bekannt, und auch der US-Immobilienmarkt 
zeigt wenig Anzeichen einer Erholung. Zudem ist die US-Wirtschaft in 
der Rezession, und deren Folgen für die Weltwirtschaft werden 
gravierend sein. Wie sehr Sorge und Angst regieren, zeigt der 
Goldpreis: 1.000 Dollar je Unze, von Analysten allenfalls als 
Jahresendziel ausgegeben, wurden bereits deutlich überschritten. Zwar
ist die Notierung zuletzt zurückgefallen, Experten gehen jedoch davon
aus, dass der Preis wieder anziehen wird
Still und leise
Und so verabschieden sich die Ersten still und leise von ihren 
Erholungsvorhersagen für die Weltwirtschaft und den Aktienmarkt. Der 
ehemalige Chef der amerikanischen Notenbank Alan Greenspan oder der 
deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger sprechen von der schlimmsten
Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Aus den Reihen der 
Hedgefonds, Private-Equity-Gesellschaften und Investmentbanken sind 
Rufe nach staatlicher Intervention zur Rettung der Finanzmärkte und 
ihrer selbst zu hören. Die kaum zu bändigenden freien Kräfte des 
Marktes, die Stars der vergangenen Jahre, die sich vehement gegen 
jegliche Kontrolle und Einschränkung ihres Handelns gewehrt haben, 
geben sich plötzlich handzahm und bitten um Hilfe. Und einheitliche 
Transparenzregeln für Hedgefonds finden inzwischen sogar in den USA 
und in Großbritannien Befürworter.
Die Krise, in die die Finanzwelt gerutscht ist, ist noch lange 
nicht vorüber, und Zweifel, ob das Schlimmste wirklich überstanden 
ist, sind mehr als berechtigt. Zwar haben sich die Aktienmärkte in 
den zurückliegenden Tagen etwas erholt, eine nachhaltige Wende ist 
dies aber nicht. Denn nun bestätigt sich, was einige Marktbeobachter 
schon vor Monaten geunkt hatten. Was als US-Hypothekenkrise begann, 
hat sich zu einer weltumspannenden Finanzmarktkrise ausgewachsen.
Mit voller Wucht
Und was viel dramatischer ist: Die Krise ist in der Realwirtschaft
angekommen und trifft diese mit voller Wucht. Banken vertrauen sich 
schon lange nicht mehr und leihen sich kein Geld mehr, darunter 
leiden auch die Kunden. Unternehmen, die ihr Wachstum über Anleihen 
finanziert haben, ächzen unter den gestiegenen Refinanzierungskosten,
das Neuemissionsgeschäft ist nahezu vollständig zum Erliegen 
gekommen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis es den ersten 
aufsehenerregenden Ausfall zu beklagen gibt. Und auch Unternehmen, 
die eigentlich weit weg von Subprime-Papieren sein sollten, gehören 
zu den Verlierern, und zwar nicht aufgrund der Finanzierung. Ihnen 
bricht die Nachfrage weg. Dass Ferrari oder Tiffany Probleme 
bekommen, weil die Boni der Investmentbanker niedriger ausfallen, ist
dabei nur eine amüsante Randnotiz.
Exportorientierten Unternehmen macht zudem der schwache US-Dollar 
zu schaffen. Was auch zum Dilemma der Notenbanken führt, die zwischen
Optionen zu wählen haben, die ihnen wie Pest oder Cholera vorkommen 
müssen: Rezession oder Inflation. Probleme und Krisen, wohin man auch
schaut.
Die Schwächephase der Weltwirtschaft wird anhalten und noch lange 
die Finanzmärkte prägen. Anleger müssen sich auf weitere Kursverluste
einstellen, bei gleichzeitig hoher Volatilität. Deshalb könnte man 
Robert Shillers Aussage auch so modifizieren: Wenn man gute Nerven 
hat und auf fallende Kurse setzt, ist aktuell eine gute Zeit, um am 
Aktienmarkt zu investieren.
(Börsen-Zeitung, 29.3.2008)
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