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Regisseur Frank Castorf in der ZEIT: "Wer Theater macht, wie Axel Schulz boxt, der hat kein Publikum"

Hamburg (ots)

Frank Castorf, Regisseur der Volksbühne, äussert
sich in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT kritisch über
die Gesellschaft. Ihn befremde, dass die ganze Bundesrepublik so
"merkwürdig ahistorisch" sei. "Alle tun, als sei dies die beste aller
vorstellbaren Welten - an dem, was man jetzt erreicht hat mit Herrn
Schröder und Herrn Fischer, sei eigentlich nichts mehr zu verändern.
Diese Selbstgefälligkeit erinnert stark an die DDR in ihrer
Endphase." Er bemängelt ebenfalls eine gewisse "Selbstgefälligkeit"
am Theater, doch glaube er, dass ein "politischer Ansatz im Denken
der übergrossen Mehrheit der Theatermacher nicht vorhanden ist. Es
geht nur darum, möglichst schnell bekannt zu werden. Es ist die Zeit
der Hasardeure."
Vom Theater erwarte Castorf "Masslosigkeit" und "Komplexität". Das
Publikum sei "drogengewöhnt, es verlangt nach hohen Konzentrationen.
Wer hier nur mit der Form zu punkten versucht, ich sag mal: Wer
Theater macht, wie Axel Schulz boxt, der hat kein Publikum - man will
den Kampf, den Zufall, die Überraschung, die Ehrlichkeit und auch die
Selbstgefährdung." Im Moment sehe er "nur das Wiederauferstehen der
Muffigkeit der fünfziger Jahre - und dann sind mir schon die
kommunistischen fünfziger Jahre lieber als die quasifaschistischen
der Bundesrepublik. Die Erwartungen an die Darstellungskunst haben
sich doch wahnsinnig verändert. Überall sieht man jetzt darstellende
Künstler, lauter Boris Beckers. Alles spielt, jeder möchte ein
Hauptdarsteller sein."
Fank Castorfs Vertrag an der Volksbühne läuft 2002 aus. Ob er ihn
verlängert, ist noch nicht sicher. "Unter den bisherigen Konditionen
kann ich einfach nicht weiterarbeiten." Er hoffe, dass "einer wie
Wowereit weiss, dass hier in Berlin - unter den Prämissen des kalten
Kriegs - einiges immer über-, anderes unterfinanziert war. Das muss
sich ja nicht in die Unendlichkeit verlängern - Kulturpolitik muss zu
Änderungen in der Lage sein. Sonst gehen die Leute eines Tages
einfach weg."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 29/2001 mit
   Erstverkaufstag am Donnerstag, 12. Juli 2001, ist unter
   Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der
   Wortlaut des ZEIT-Interviews kann angefordert werden.

Kontakt:

Elke Bunse
ZEIT-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel. +49 40 3280-217, Fax -558
E-Mail: bunse@zeit.de
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