Färöer-Inseln: Jagdsaison auf Grindwale setzt sich fort – 116 weitere Tiere getötet
OceanCare verurteilt die erneute Grindwaljagd auf den Färöer-Inseln. 116 weitere Tiere wurden am 20. Juli bei Tjørnuvík getötet, womit die Zahl der bereits in diesem Sommer erlegten Grindw ale auf über 450 steigt. Die Organisation bezeichnet diese Treibj agden als unnötig und grausam.
PRESSEMITTEILUNG – 23.07.2025
Färöer-Inseln: Jagdsaison auf Grindwale setzt sich fort – 116 weitere Tiere getötet
- Jüngste Jagd bei Tjørnuvík lässt die Gesamtzahl der in diesem Sommer erlegten Grindwale auf über 450 Tiere ansteigen – Behörden richten Sperrzonen ein, um Zeug:innen fernzuhalten.
- Meeresschutz-Expert:innen verurteilen die Fortsetzung der als unnötig und grausam bezeichneten Treibjagden.
- OceanCare fordert das Ende der Jagden unter Verweis auf neue wissenschaftliche Belege für extremes Tierleid.
Die Grindwaljagd auf den Färöer-Inseln setzte sich am 20. Juli fort: 116 Tiere wurden an Land getrieben und bei Tjørnuvík getötet, einem winzigen Dorf mit nur 50 Häusern und rund 70 Einwohner:innen. Etwa 15 Boote trieben die Wale in den Tod, während die Behörden erneut eine Sperrzone – ein sogenanntes „Grindgebiet" – errichteten, um Zeug:innen von der Jagd fernzuhalten. Alle nicht autorisierten Boote, Schiffe, Flugzeuge, Drohnen und Personen sind in diesem Gebiet verboten.
Die jüngste Jagd reiht sich ein in weitere Tötungen dieses Sommers: 49 erlegte Grindwale bei Bø am 5. Juli und eine große Gruppe von etwa 300 Grindwalen, die am 12. Juni bei Leynar gejagt und getötet wurden. Damit steigt die Gesamtzahl der in diesem Jahr auf den Inseln erlegten Grindwale auf weit über 450 Tiere.
„Wir verurteilen diese jüngste Tötung von 116 Grindwalen bei Tjørnuvík und die Fortsetzung dieser grausamen und unnötigen Treibjagden aufs Schärfste,“ erklärt Mark Simmonds, Wissenschaftsdirektor von OceanCare. „Als empfindungsfähige Wesen begreifen diese Grindwale, was mit ihnen selbst und ihren Familienmitgliedern geschieht, während sie systematisch in den Tod getrieben werden. Dass die Behörden Sperrzonen errichten, um Zeug:innen fernzuhalten, spricht Bände über die wahre Natur dieser Jagden.“
„Was am Sonntag bei Tjørnuvík geschah, war die unnötige Vernichtung einer ganzen Sozialgemeinschaft empfindungsfähiger Meeressäugetiere. Diese Wale durchlitten Angst, Stress und Qualen, als sie von Booten gejagt und in seichtes Wasser gedrängt wurden, wo man sie umbrachte. Für diese Grausamkeit gibt es im 21. Jahrhundert schlicht keine Rechtfertigung,“ so Simmonds weiter.
OceanCare engagiert sich seit über 30 Jahren gegen diese Treibjagden und argumentiert, dass sie in der modernen Gesellschaft sowohl unnötig als auch unmenschlich sind. Die Organisation betont, dass jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse die Grausamkeit dieser Jagdmethoden bestätigen, und fordert deren sofortiges Ende.
Kürzlich schloss sich auch die renommierte Primatologin Dr. Jane Goodall den Forderungen an, die Jagden zu beenden. In einem offenen Brief an die färöischen und dänischen Behörden prangerte sie die „unbestreitbare Grausamkeit der Methoden an, mit denen diese Säugetiere zusammengetrieben und getötet werden“.
Pressekontakt
- Dániel Fehér, Pressesprecher OceanCare: +49 176 81434026; dfeher@oceancare.org
Hintergrund
Bei färöischen Treibjagden auf Grindwale (lokal „Grindadráp“ genannt) werden Gruppen von Grindwalen und anderen Delfinen mit Motorbooten in Buchten getrieben, wo sie in seichtem Wasser stranden und anschließend getötet werden. Dabei werden Haken in die Atemlöcher der Tiere gerammt und diese ins seichte Wasser gezerrt, bevor man ihnen eine „Wirbellanze“ in den Hals stößt und weitere Schnitte mit Messern vornimmt. Jüngste unabhängige wissenschaftliche Bewertungen stufen diese Methoden angesichts des heutigen Verständnisses von Wal-Wohlfahrt und Empfindungsfähigkeit als „ethisch und moralisch inakzeptabel" ein.
Alle nicht autorisierten Boote, Flugzeuge, Drohnen und Personen sind während der Jagden in ausgewiesenen „Grindgebieten“ verboten. Die Sperrzonen erstrecken sich bis zu „einem Viertel“, also 1.852 Meter, in alle Richtungen – einschließlich nach oben. Diese Praxis, Zeug:innen fernzuhalten, wird bei jüngsten Jagden immer häufiger angewandt.
OceanCare engagiert sich seit 1992 gegen färöische Wal- und Delfinjagden, als Gründerin Sigrid Lüber eine Petition mit 42.000 Unterschriften der Internationalen Walfangkommission vorlegte. Die Organisation argumentiert, dass diese Jagden unnötiges Leiden hochintelligenter Meeressäugetiere verursachen und in einer modernen, wohlhabenden Gesellschaft nicht mehr zu rechtfertigen sind.
Aktuelle Umfragen auf den Färöer-Inseln zeigen: Obwohl es weiterhin Unterstützung für die Grindwaljagd gibt, nimmt die Mehrheit der färöischen Bevölkerung nicht an der Waljagd teil und konsumiert auch nicht regelmäßig Walprodukte. Die öffentliche Ablehnung der Delfinjagd ist besonders ausgeprägt – laut einer Gallup-Umfrage von 2022 lehnen sie 69% ab.
Die färöischen Behörden behaupten, die Jagden seien human, nachhaltig und kulturell bedeutsam. Kritiker:innen wenden jedoch ein, dass die verwendeten Methoden bei der Schlachtung von Nutztieren nicht akzeptabel wären, dass die Praxis ganze Sozialverbände langlebiger, sich langsam fortpflanzender Tiere vernichtet und dass sich kulturelle Traditionen entsprechend dem heutigen Verständnis von Tierschutz weiterentwickeln müssen.
Publikationen
- Dr. Jane Goodall & JGI's Cetacean Committee: Offener Brief zur Waljagd auf den Färöer-Inseln
- Dr. Alick Simmons: Capture and killing of small cetaceans in the Faroe Islands is inhumane and offers little scope for improvement, Frontiers in Marine Science, 2024
- OceanCare und Partnerorganisationen: Unravelling the truth: Whale killing in the Faroe Islands, 2023
- OceanCare: Wal- und Delfinjagd auf den Färöer-Inseln: Wie lässt sich das Blatt wenden?
Über OceanCare
OceanCare setzt sich seit 1989 weltweit für die Meerestiere und Ozeane ein. Mit Forschungs- und Schutzprojekten, Umweltbildungskampagnen sowie intensivem Einsatz in internationalen Gremien unternimmt die Organisation konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren. OceanCare ist vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen als Sonderberaterin für den Meeresschutz anerkannt und ist offizielle Partnerorganisation in zahlreichen UN-Abkommen und internationalen Konventionen. OceanCare engagiert sich zudem in internationalen zivilgesellschaftlichen Bündnissen wie der High Seas Alliance, Seas at Risk, oder der #BreakFreeFromPlastic-Koalition. www.oceancare.org
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OceanCare Dániel Fehér, Pressesprecher Gerbestrasse 6 CH-8820 Wädenswil +49 176 81434026 dfeher@oceancare.org www.oceancare.org