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Mehr für unsere Sicherheit tun / Leitartikel von Christina Brüning

07.10.2012 – 21:50 

Berlin (ots) -

Tatort S-Bahnhof Ahrensfelde: Zwei Männer werden brutal geschlagen. Tatort S-Bahnhof Wuhlheide: Graffiti-Sprayer greifen einen Fahrgast an, treten ihn, besprühen ihn mit Farbe. Tatort S-Bahnhof Olympiastadion: Ein Fußballfan wird geschlagen, dann mit seinem eigenen Fan-Schal fast erwürgt. Der Blick in die Polizeimeldungen der vergangenen Woche offenbart gleich eine Reihe von Beispielen für die mangelnde Sicherheit bei der Berliner S-Bahn: In allen genannten Fällen konnten die Täter unerkannt entkommen. Die Vorfälle haben zu Recht die Diskussion über den Ausbau der Videoüberwachung im Nahverkehr entfacht. Verkehrssenator Michael Müller (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) fordern, die S-Bahn müsse in Sachen Sicherheit endlich den Standard etablieren, der bei der U-Bahn die Regel ist: Videokameras allerorten. Die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben in fast allen Zügen und an allen Bahnhöfen Überwachungstechnik. Bei der S-Bahn, deren Betreiber die Deutsche Bahn AG ist, wird nur in wenigen großen Bahnhöfen zu Sicherheitszwecken gefilmt. Der Ausbau hakt hier an zwei Punkten, die längst abgeräumt sein müssten. Es gibt bereits Kameras an einigen S-Bahnsteigen. Sie sollen den Fahrern bei der Zugabfertigung helfen. Ihre Aufnahmen werden aber nicht gespeichert, können also bei Vorfällen nicht von der Polizei ausgewertet werden. S-Bahn-Chef Peter Buchner sagt, die Technik auch für Sicherheitszwecke zu nutzen scheitere am Nein des Betriebsrats. Der fürchtet, die Kameras könnten auch zur Überwachung der Mitarbeiter eingesetzt werden. Dass an diesem dünnen Argument die Sicherheit von Millionen Fahrgästen hängen soll, ist nicht nachvollziehbar. Das Problem ließe sich etwa mit einer Betriebsvereinbarung schnell aus der Welt schaffen: Nur die Polizei darf das Material auswerten, das Unternehmen nicht. Fertig. Zudem sagt die BVG, ihre Angestellten würden die Kameratechnik schätzen, seien sie doch selbst oft Opfer von Attacken. Doch auch wenn die S-Bahn die Kameras zur Zugabfertigung künftig auch zur Überwachung einsetzen kann, ist das Thema nicht zu Ende. Denn dann wird nur die Bahnsteigkante gefilmt, Bahnhof und Züge selbst nicht. Wer hier aufrüsten will, muss Geld in die Hand nehmen. Und da muss der Senat seinen Forderungen Verhandlungen mit der DB AG als Betreiber der S-Bahn und damit Auftragnehmer des Landes folgen lassen. SPD und CDU haben im Koalitionsvertrag vereinbart, auf das Unternehmen in Sachen Sicherheit einzuwirken. Da müssen jetzt Ergebnisse kommen. Um wirklich nachhaltig für Sicherheit im Nahverkehr zu sorgen, muss aber noch mehr investiert werden. Videoüberwachung ist kein Allheilmittel. Gerade der Fall des Hertha-Fans zeigt, wie die Technik versagen kann. Denn der S-Bahnhof Olympiastadion wird überwacht, auf den Bildern ist aber wegen Überfüllung des Bahnsteigs offenbar nichts zu erkennen. Videokameras können immer nur Teil eines Sicherheitskonzepts sein. Dazu muss immer auch gut ausgebildetes, sichtbares und ansprechbares Personal vor Ort gehören.

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