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Eine Tragödie in Schönefeld - Leitartikel von Christine Richter

Berlin (ots)

Wäre es ein Schauspiel, würde man interessiert zuschauen, die Macht- und Ränkespiele verfolgen, vielleicht sogar mitfiebern, wer am Ende als Sieger vom Platz geht. Wäre es ein Schauspiel, wäre es keine Romanze, sondern eine Tragödie. Doch das, was sich da seit Wochen in der Flughafengesellschaft von Berlin und Brandenburg abspielt, ist bittere Realität. Und die ist schlimmer als manches Theaterstück.

Es geht um die Macht am künftigen Großflughafen BER in Schönefeld. Nachdem der für Juni 2013 geplante Eröffnungstermin ganz kurzfristig abgesagt werden musste, holte die Flughafengesellschaft mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit (SPD) an der Spitze Horst Amann als Technikchef an den BER. Amann, 60 Jahre alt, ist ein erfahrener Manager, hat sich am Flughafen Frankfurt am Main einen guten Namen gemacht. Doch möglicherweise hat er die Probleme am BER unterschätzt, möglicherweise haben die drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund seine Fähigkeiten überschätzt. Jedenfalls bekam er die Probleme nicht in den Griff, erzählte öffentlich, dass das Licht im BER-Terminal Tag und Nacht brenne, weil man es nicht ausschalten könne. Ein Jahr lang geschah kaum etwas - außer der Fehlersuche und Bestandsaufnahme. Beides wichtig, aber nicht ausreichend, um den Flughafen startklar zu bekommen.

Dann holte der Kurzzeitaufsichtsratsvorsitzende Matthias Platzeck den ehemaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn als neuen Flughafenchef an den BER. Hätte man sehen können, sogar sehen müssen, dass zwei Charaktere wie Amann und Mehdorn nicht miteinander arbeiten können? Angesichts des eskalierenden Machtkampfs am BER wohl schon. Mehdorn will, das ist in der Stadt schon lange kein Geheimnis mehr, Amann loswerden. Offenbar so dringend, dass er keinen Tag länger warten kann. Amann habe angeboten, seinen Arbeitsvertrag aufzuheben, und verhandele schon darüber, hieß es am Mittwoch in Flughafenkreisen. Ohne Wenn und Aber. Dass Wowereit, der Platzeck nach dessen krankheitsbedingtem Rücktritt als Aufsichtsratschef wieder abgelöst hat, davon nichts weiß, spricht für sich - und gegen all diejenigen, die mit dem BER zu tun haben.

Die abgesagte Eröffnung, die vielen bekannt gewordenen Pannen am BER, die immer noch ungeklärten Probleme mit der Brandschutzanlage, der öffentliche Streit um die Miniteileröffnung - all das ist für Berlin und all die politisch Verantwortlichen schon sehr, sehr peinlich. Der Machtkampf aber ist kaum noch zu begreifen. Mehdorn und Amann, zwei Manager mit langjähriger Berufserfahrung, müssten sich eigentlich zusammenreißen und den BER endlich an den Start bringen können - eigentlich.

Doch der Konflikt ist jetzt so eskaliert, einer wird wahrscheinlich gehen müssen, sicherlich mit einer hohen Abfindung. Weil es nahezu ausgeschlossen ist, in dieser Phase einen neuen Flughafenchef zu finden, wird es wohl Amann treffen. Eines steht schon fest: Es ist eine Blamage für alle Beteiligten. Und für die Steuerzahler wird es noch mehr: sehr, sehr teuer.

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