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Echtes Risikokapital, Kommentar zur Ausgestaltung des Euro-Rettungsschirms ESFS, von Angela Wefers.

Frankfurt (ots)

Darf es etwas mehr sein? Auf 440 Mrd. Euro ist das Haftungsvolumen des akuten Euro-Rettungsschirms EFSF angelegt und die europäischen Parlamente haben sich schwer genug getan, diese Summe zu billigen. Kaum ist das Plazet da, arbeiten die Regierungen - allen voran in Berlin und Paris - daran, das gegebene Volumen zu vergrößern. Denn schon wieder ist ein Rettungspaket, kaum dass es beschlossen ist, zu klein für den nimmersatten Finanzmarkt. Der schielt schon längst nicht mehr auf die Probleme im winzigen Griechenland, sondern sorgt sich um die bedeutend größeren Spanien und Italien.

Sicher ist, dass die Regierungen den europäischen Parlamenten keine Genehmigung für weitere Mittel mehr abringen können. So haben ihre Arbeitsstäbe nach Lösungen gesucht, wie das Rad noch etwas größer gedreht werden kann, ohne in Konflikt mit dem Budgetrecht der gewählten Abgeordneten zu geraten. In Berlin wird abgewiegelt. Es geht angeblich nur darum, die genehmigten Mittel effektiv zu nutzen. Bei genauem Hinsehen mag dies sogar stimmen: Übernimmt die EFSF nur die Haftung für den besonders risikoreichen Teil einer Finanzierungstranche für eine Staatsanleihe und überlässt den Rest - statt sich selbst finanziell zu verausgaben - einem privaten Investor, dann wird ihr Risiko dadurch nicht größer oder kleiner. Doch mussten die Parlamente und auch die Steuerzahler bislang von einem anderen Modell ausgehen: Dass ein insolventer Staat niemals komplett ausfallen und auch die EFSF nie mit ihrem vollen Engagement in die Haftung genommen werden wird. Nun aber sind die Mittel, die die EFSF im Feuer haben wird, mit einem Mal viel stärker gefährdet als bisher suggeriert. Die EFSF gibt echtes Risikokapital. Die beruhigende Erklärung, es gehe bei der Haftungssumme, die für Deutschland immerhin die Größenordung der kompletten Steuereinnahmen des Bundes in einem Haushaltsjahr ausmacht, nicht um echtes Geld, sondern nur um mehr oder weniger formale Garantien, stimmt so nicht mehr.

Die Lösung mag intelligent sein, weil sie den Finanzmärkten Futter gibt und zugleich auch eine Alternative zu der von Frankreich zunächst favorisierten Banklizenz für die EFSF bietet, die das Tor zur monetären Staatsfinanzierung aufmachen würde. Der Glaubwürdigkeit, die nicht nur bei den Banken, sondern auch bei den Regierungen abhandengekommen ist, dient ein solcher Schritt jedoch nicht. Es bleibt der schale Geschmack, dass die Abgeordneten in Kenntnis von nur der halben Wahrheit an die Urnen geschickt wurden.

(Börsen-Zeitung, 20.10.2011)

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