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Neu-Interpretation zu Michelangelos "Jüngstem Gericht": Kunsthistoriker Fillitz sieht Fresko als Manifest eines gescheiterten Papstes

Wien (ots)

In diesen Tagen veröffentlicht der Wiener
Kunstprofessor Hermann Fillitz im Verlag der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften das Buch "Papst Clemens VII. und
Michelangelo - Das Jüngste Gericht in der Sixtinischen Kapelle", das
grundlegende neue Aspekte zur Interpretation dieses berühmten Freskos
enthält.
Wie wenige andere Kunstwerke der abendländischen Geschichte wurde
Michelangelos Jüngstes Gericht in der Sixtinischen Kapelle des
Vatikans immer wieder als eine Herausforderung empfunden; von allem
Anfang an hat es verschiedenartige Fragen aufgeworfen. Erst vor
wenigen Jahren wurde es in einer Publikation der päpstlichen
Universität Gregoriana als theologisch problematisch bezeichnet, weil
nach christlicher Auffassung am Ende das göttliche Erbarmen stehe,
während Michelangelos Weltenrichter als verdammender dargestellt ist.
Auch die Tatsache, dass das Weltgericht normalerweise seinen Platz am
Eingang in der Kirche hatte, nicht aber auf der Altarwand, bedurfte
einer Erklärung. So stellt sich letztlich die Frage nach dem
politischen oder kirchenpolitischen Anlass für die Entscheidung von
Papst Clemens VII. (1523-1534) - dem Auftraggeber, das Jüngste
Gericht in dieser Form und an dieser Stelle durch Michelangelo
gestalten zu lassen.
Hermann Fillitz, emeritierter Professor für Kunstgeschichte der
Universität Wien, ehemaliger Generaldirektor des Kunsthistorischen
Museums Wien und wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften, kommt aufgrund einer umfassenden
Neu-Interpretation des Freskos zum Schluss, dass Papst Clemens VII.
nicht wie bisher oft vermutet einem einzigartigen Künstler wie
Michelangelo eine Bühne zur Darstellung höchster menschlicher,
künstlerischer Ausdruckskraft zu bieten beabsichtigte. Vielmehr
wollte der Papst dargestellt haben, dass er selbst, Clemens, für den
dramatischen Niedergang des Papsttums und der Kirche infolge des
Siegeszugs der Reformation, der Abspaltung der englischen Kirche, der
kriegerischen Verwüstung Roms, sowie der für den Papst unerfreulichen
politischen Situation verantwortlich ist und diesen Niedergang nicht
verhindern konnte.
Bibliographie:
   Hermann Fillitz
   Papst Clemens VII. und Michelangelo
   Das Jüngste Gericht in der Sixtinischen Kapelle
   2005, 56 Seiten + 12 Seiten italienische Übersetzung, zahlr.
   Farbabb., broschiert, Veröffentlichungen der Kommission für
   Kunstgeschichte 6, ISBN 3-7001-3487-8, ¤ 19,--

Kontakt:

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Christian Sonnleitner
Dr. Ignaz Seipel Platz 2
1010 Wien
Tel. +43/(0)1-51581-3402
E-Mail: verlag@oeaw.ac.at