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Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB

Lohnentwicklung 2006 bis 2008: Zwei in vieler Hinsicht verlorene Jahre

Bern (ots)

In Jahren mit guter Konjunktur können
Ungleichgewichte in der Lohnstruktur und sozial bedenkliche 
Lohnentwicklungen einfacher beseitigt werden als in Rezessionsjahren,
weil in den Firmen aufgrund der guten Ertragslage mehr Geld vorhanden
ist. Die nun vorliegenden Ergebnisse der Lohnstrukturerhebung zeigen 
jedoch ein bedenkliches Bild. Vom Aufschwung in den Jahren 2006 bis 
2008 profitiert haben vor allem die Kader und die Männer. Die 
Frauenlöhne sind zurückgeblieben und die Lohnschere hat sich in 
verschiedenen Branchen stark geöffnet. Gegen diese Entwicklungen 
braucht es eine Mindestlohnoffensive und eine systematische 
Überprüfung der Frauenlöhne auf Diskriminierung.
Weitere Öffnung der Lohnschere:
Die gute Konjunktur in den Jahren 2006 bis 2008 hat vor allem bei den
Kadern zu einem starken Anstieg der Gehälter geführt. Diese stiegen 
um 11.5 Prozent, nachdem sie bereits von 2004 bis 2006 
überdurchschnittlich gewachsen waren (+5.4 Prozent). Nach Abzug der 
Teuerung sogar schlechter gestellt ist das Gros der Arbeitnehmenden. 
Beschäftigte ohne Kaderfunktion beispielsweise hatten 2008 real sogar
0.5 Prozent weniger Lohn als 2006. Die Schere zwischen den 
Kadersalären und den Löhnen der Mehrheit der Arbeitnehmenden in der 
Schweiz hat sich markant geöffnet.
In einigen Branchen ist das ganz ausgeprägt. Die Chefs haben 
zugelangt, während das Personal sogar weniger Lohn erhält. So zum 
Beispiel bei den Banken. Während die Kaderlöhne um deutlich über 30 
Prozent gestiegen sind, verdiente die Mehrheit der normalen 
Bankangestellten 2008 sogar rund 80 Franken weniger als im Jahr 2006.
Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Branche "Landverkehr" (SBB und 
anderer öffentlicher Verkehr, Strassenverkehr): Die Kader haben fast 
10 Prozent mehr Lohn, das Personal hingegen 0.1 Prozent weniger. 
Diese Lohnschere haben Bund, Kantone und Gemeinden als Betreiber und 
Besteller des öffentlichen Verkehrs klar mitverschuldet.
Positiver ist das Bild in Branchen, in denen Gesamtarbeitsverträge 
mit Mindestlöhnen existieren. Im Baugewerbe und im Gastgewerbe, aber 
auch im Detailhandel (GAV mit grossen Firmen) konnten die Abstände 
zwischen Kadersalären und dem Gehalt der Beschäftigten ohne 
Kaderfunktion zum Teil sogar verringert werden.
Nach wie vor brisante Tieflohnsituation:
Das Problem der Tieflöhne konnte in den letzten Jahren vor allem 
durch Mindestlohnoffensiven der Gewerkschaften entschärft werden. 
Dennoch sind Tieflöhne nach wie vor eine Realität, und die 
Entwicklung zwischen 2006 und 2008 stimmt nachdenklich. Zwar ist der 
Anteil der Vollzeitstellen mit einem Lohn unter 3500 Fr./Mt. leicht 
-von 6.2 auf 5.4 Prozent - zurückgegangen. Doch im Vergleich zu 
früheren Jahren ist die Abnahme eher bescheiden. In zahlreichen 
Tieflohnstellen sind die Lohnerhöhungen von der Teuerung weggefressen
worden. Das Problem der Tieflohnstellen ist im Dienstleistungssektor 
am grössten (persönliche Dienstleistungen, Gastgewerbe, 
Detailhandel). Doch auch in Teilen der Industrie (z.B. Bekleidung) 
sind Tiefstlöhne nach wie vor verbreitet. Besonders alarmierend ist 
die Situation in der Branche der persönlichen Dienstleistungen 
(Coiffeure, Kosmetik u.a.). Hier verdienen selbst Fachleute, die 
beispielsweise eine Lehre gemacht haben, mehrheitlich weniger als 
3600 Fr. Ihr Lohn ist nach Abzug der Teuerung von 2006 bis 2008 um 
zwei Prozent gesunken. Diese Branche ist kaum durch Mindestlöhne 
geschützt (dazu kam ein vertragsloser Zustand bei den Coiffeuren). 
Das Problem der Tieflöhne wird ohne weitere Mindestlohnoffensiven 
nicht in den Griff zu bekommen sein. Im Gegenteil: Ohne eine aktive 
Mindestlohnpolitik droht ein Absinken der Tieflöhne von ihrem bereits
sehr tiefen Niveau.
Lohnrückstand der Frauen hat zugenommen:
In Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau ist die Zeit 
zwischen 2006 und 2008 ebenfalls ein Rückschlag. Nachdem der 
Lohnrückstand der Frauen gegenüber den Männern seit Ende der 1990er 
Jahre etwas verringert werden konnte, nahm er seit 2006 erstmals 
wieder zu. Das Ziel einer Beseitigung der Ungleichheit bei den Löhnen
und somit die Umsetzung des Verfassungsauftrags einer Gleichstellung 
von Frau und Mann ist weiter weggerückt.
Auf Bundesebene wurde zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften im
März 2009 der so genannte Lohngleichheitsdialog gestartet. Ziel ist 
es, dass die Unternehmen ihre Löhne sozialpartnerschaftlich darauf 
überprüfen, ob die Frauen gegenüber den Männern diskriminiert werden.
Der gestiegene Lohnrückstand der Frauen zeigt klar, dass diese 
Überprüfung notwendiger ist denn je. Allerdings wird die Beseitigung 
der direkten Diskriminierung noch zu keiner vollen Lohngleichstellung
führen. Dazu müssten auch die Chancen in Bezug auf Weiterbildung usw.
gleich sein.

Kontakt:

Schweizerischer Gewerkschaftsbund
Auskünfte: Daniel Lampart, 079 205 69 11

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