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Staatskanzlei Luzern

Schweizerisches Jugendschriftenwerk: "Ein geistiges Rütli"; Trouvaillen der Kinder- und Jugendliteratur

Luzern (ots)

Die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern zeigt
vom 9. April bis 11. Mai 2008 eine Ausstellung zum Schweizerischen
Jugendschriftenwerk
"Literarisch, künstlerisch" und 50 Millionen mal verkauft - zur
Geschichte der SJW-Heftli
Im Rahmen des Internationalen Comix-Festivals Fumetto zeigt die
Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern in diesem Jahr eine
Ausstellung zum Schweizer Jugendschriftenwerk, kurz: SJW, das im
vergangenen Jahr auf 75 bewegte Jahre zurückblickte. Mit einer
Gesamtauflage von nahezu fünfzig Millionen zählen die illustrierten
Hefte zu den absoluten Bestsellern im Bereich des Kinder- und
Jugendbuchs. Die materialreiche Ausstellung in der ZHB dokumentiert
die leb- und wechselhafte SJW-Geschichte und stellt die
Original-Illustrationen Zentralschweizer Künstlerinnen und Künstler
in den Mittelpunkt.
Ein Verlag im Kampf für "gute Literatur" oder die Bibliothek fürs
Taschengeld Das 1931 von Vertretern verschiedener Institutionen (Pro
Juventute, SSV, Vertreter der Lehrerschaft) gegründete Schweizer
Jugendschriftenwerk, kurz: SJW, machte sich die Herausgabe
preisgünstiger Jugendschriften zum Hauptzweck, wobei literarisch,
künstlerisch und didaktisch wertvolle Werke den bekämpften
Schundheften äusserlich gleichen sollten, also nur das "Outfit" der
ansonsten verachteten Gattung imitieren. Weil also die Illustratoren
und Illustratorinnen auf das ausgeklügelte Geheiss der Verlagsleitung
vielfach mit der Ästhetik der Schundheftchen operierten, handelte es
sich hier gewissermassen um Leseförderung im Kassiber. So nämlich
gedachten die SJW-Gründungsväter den verkaufstaktischen Kampf
aufzunehmen gegen die so genannte Schmutz- und Schundliteratur und
Serienhelden wie Harry Piel und Frank Allan, die schwunghaft unter
der Schulbank oder im Verborgenen gehandelt wurden. 1932 erschienen
die ersten 12 SJW-Hefte zu 25 Rappen das Stück. Ihnen folgten in den
kommenden 75 Jahren mehr als 2300 Titel in den vier Landessprachen
der Schweiz. Zu den unbestrittenen Schwerpunkte des SJW-Programms
zählen noch immer: Erstlesetexte, Literarische Texte der
verschiedenen Genre, Sachhefte, Sprachspiel- und Bastelhefte. Mit
einer Gesamt-Auflage von annähernd 50 Millionen hat der Verlag
inzwischen gute Chancen für einen Eintrag im Guiness-Buch der
Rekorde. Weil sich der Buchhandel aber bis heute nicht recht für die
SJW-Hefte engagieren wollte - zu hoch der Aufwand, zu gering der
Ertrag -, werden die handlichen Hefte noch immer ausschliesslich in
Schulhäusern oder via homepage des sjw (www.sjw.ch) verkauft, allein
im Jahr 2006 über 150'000 mal.
"Vom geistigen Rütli" zu Trouvaillen der Kinder- und
Jugendliteratur Die Entwicklung des SJW liest sich allerdings nicht
nur als glänzende Erfolgsstory, sondern als eine zwischen grossen
Erfolgen und drohenden Abstürzen pendelnde Verlagsgeschichte, in die
sich auch das politisch kulturelle Klima oder eben die
Mentalitätsgeschichte der Schweiz eingeschrieben hat. Während im
Gründungsjahr eindeutig die Kampfansage gegen die moralisch
bedenkliche "Schmutz- und Schundliteratur" dominierte, wurde 1933 der
zunächst rein moralische Impetus politisch angereichert durch die
Habitus "geistige Landesverteidigung". Die Abwehrmassnahmen gegen den
deutschen Nationalsozialismus oder das "geistige Rütli" begann bei
den Marketingstrategien des SJW eine bedeutende Rolle zu spielen.
Auch nach 1945 blieben die SJW-Hefte lange den wertvollen und
moralisch unbedenklichen Lesezielen verpflichtet und entfernten sich
dergestalt oftmals weit von der realen Lebenswelt der Jugendlichen.
Erst in den 80er Jahren initiierte der damalige Verlagsleiter Heinz
Wegmann populäre Genres wie den Krimi oder Comic und holte junge
Autoren und Autorinnen ins Verlagsprogramm. Wiederholt problematisch
gestaltete sich auch die wirtschaftliche Situation des SJW, das trotz
des ambitionierten Programms mehrfach kurz vor dem Aus stand. Die
positive Wende in der jüngsten Verlagsgeschichte brachte Margrit
Schmid. Die aus Luzern stammende Künstlerin und Filmemacherin
übernahm 2006 das kriselnde Jugendschriftenwerk, das sie mit Geschick
und Leidenschaft seither konsolidiert und zu neuem Erfolg geführt
hat. Nicht unwesentlich dazu beigetragen haben die Illustrationen von
Künstlerinnen und Künstlern, wie Anna Luchs, die das aktuelle
Jubiläumsheft gestaltete, Comic-Zeichner Nicolas Robel oder Hannes
Binder (der Schweizer Kandidat für den Andersen-Preis), die die
SJW-Hefte zu begehrten Sammlerstücken machen.
Die Ausstellung in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern Die
lange, facettenreiche Geschichte des SJW wurde immer wieder
nachhaltig geprägt von Illustratoren und Illustratorinnen, zu denen
auch zahlreiche Künstlerinnen und Künstler der Zentralschweiz zählen.
Die Arbeiten von Werner Andermatt, Werner und Godi Hoffmann, Bruno
Gentinetta, Dora Wespi, Irene Wydler, Anna Luchs und vielen anderen
sind aus dem "Erscheinungsbild" des SJW nicht wegzudenken. Nahezu
alle, übrigens auch die gegenwärtige Verlagsleiterin Margrit Schmid,
kamen aus der ehemaligen Luzerner Kunstgewerbeschule, der Schule für
Gestaltung, der Hochschule für Gestaltung und Kunst oder der
HSLU-D&k, wie die entsprechende Institution seit kurzem heisst. Dass
diese Verbindung noch immer produktiv wirkt, dokumentieren die
Arbeiten von Studierende der Fachklasse Illustration, die im
vergangenen Jahr mehrere SJW-Hefte gestaltet haben. Die Luzerner
Ausstellung zur Geschichte des SJW rückt denn auch die Künstlerinnen
und Künstler der Zentralschweiz in den Mittelpunkt und zeigt deren
Original-Illustrationen vom 9.April bis zum 11. Mai 2008. Anlässlich
der Vernissage am 9.04.2008 diskutieren die Verlagsleiterin Magrit
Schmid, der Literaturwissenschaftler Charles Linsmayer und Pierre
Thomé, Leiter Illustration HSLU - D&k die Geschichte und die
Besonderheiten des SJW. Das Gespräch moderiert Ina Brueckel, Kultur-
und Öffentlichkeitsbeauftragte der ZHB.
Im Anhang finden Sie das von Anna Luchs gestaltete Plakat und
Titelblatt des aktuellen Jubiläumshefts.
Anhänge      
   http://www.lu.ch/download/sk/mm_photo/5773_zhb_luchs_anna.jpg
Vernissage am 9.04.2008, 20:00 Uhr: Podiumsgespräch mit Margrit 
Schmid, Verlagsleiterin, Charles Linsmayer, Literaturwissenschaftler
und Autor der  Geschichte des SJW sowie Pierre Thomé, Leiter
Illustration HSLU - D&k
Literaturhinweis: Charles Linsmayer: "Ein geistiges Rütli für die
Schweizer Jugend." 75 Jahre Schweizer Jugendschriftenwerk. Zürich,
2006

Kontakt:

Dr. Ina Brueckel
Beauftragte für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +41/41/228'53'16
E-Mail: ina.brueckel@zhbluzern.ch

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