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Salü, Wirklichkeit, Kommentar zur Aufgabe des Ergebnisziels der Deutschen Bank, von Bernd Neubacher.

Frankfurt (ots)

Zum Abschied eine Gewinnwarnung - das hatte sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wohl anders vorgestellt, nach 15 Jahren im Vorstand und wenige Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Führungsgremium. Dass er nicht schon 2009 vorhersah, wie 2011 eine Staatsschuldenkrise grassiert, muss er sich nicht anlasten lassen, wohl aber, dass er in seiner Prognose eines Rekordgewinns zu wenig Spielraum ließ. Mit den Bereichen Corporate Banking & Securities sowie Asset and Wealth Management hinken der Planung immerhin zwei von vier operativen Sparten hinterher, die zuletzt für gut 60% des Ergebnisses vor Steuern sorgten. Für den Schweizer heißt es: adieu, Rekordgewinn, salü, Wirklichkeit. Der Rückzieher ist umso ärgerlicher, da Ackermann der Bank das überambitionierte Ziel zunächst ohne erkennbare Not verordnete, um dann länger als die Mehrheit der Anleger und Analysten daran zu glauben. Maßvolleres Erwartungsmanagement hätte die nun die Latte reißenden Bereiche jetzt gut aussehen lassen - beide hatten im zweiten Quartal ihr Ergebnis binnen Jahresfrist deutlich ausgebaut.

Den Vorwurf, er habe den Wunsch, mit einem Rekordergebnis abzutreten, über die Interessen der Bank und ihrer Aktionäre gestellt, wird Ackermann kaum entkräften können, nachdem schon der Plan seines Wechsels in den Aufsichtsrat auf Selbstbezogenheit und ein interessantes Verständnis von Corporate Governance schließen ließ. Nun steht er da als Manager, der nach jahrelangen Versprechungen nicht liefert. Auch so kann man Vertrauen am Kapitalmarkt verspielen.

Dies ist eine Zäsur, welche die Machtverhältnisse in der Bank verändert. Je stärker Ackermann vom Überbanker auf Normalmaß schrumpft, umso eher können die künftigen Co-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Fitschen und Anshu Jain aus seinem Schatten treten. Andernorts distanzieren sich antretende Unternehmenschefs mit einer Gewinnwarnung vom Vorgänger und schaffen damit einen günstigen Basiseffekt für künftige Resultate. Bei der Deutschen Bank erledigt dies der scheidende Vorstandschef höchstselbst. Fitschen und Jain müssen daher nicht mit der Aussicht antreten, unter den Augen ihres Aufsichtsrat gewordenen Amtsvorgängers ein Rekordergebnis übertreffen zu müssen. Ein Aufsichtsrat Ackermann wiederum wird zu verhindern suchen, dass sich das Haus mit einer Ergebnisprognose nochmals derart verhebt. All dies kann der Bank nur guttun.

(Börsen-Zeitung, 5.10.2011)

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