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Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

SNF: Bild des Monats November 2006: Computermodell simuliert Verbreitung und Entwicklung des Permafrosts im steilen Fels

SNF: Bild des Monats November 2006: Computermodell simuliert 
Verbreitung und Entwicklung des Permafrosts im steilen Fels
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Bern (ots)

Bild und Text unter:
http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?type=obs
Eine gute Prognose hilft Kosten sparen
Wenn Permafrost in den Alpen taut, leidet die Stabilität von 
Bauwerken im Hochgebirge. Um die heutige Verbreitung und die 
zukünftige Entwicklung des Permafrosts im Fels abschätzen zu 
können, haben Wissenschaftler der Universität Zürich mit 
Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds neue 
Computermodelle und Messmethoden entwickelt. Die vielversprechenden 
Resultate werden dazu beitragen, bei Wartungs- und 
Sanierungsarbeiten sowie bei der Planung neuer Bauvorhaben Kosten 
zu sparen.
Verborgen in Felswänden und ganzen Gipfelregionen existiert in 
den Alpen eine bis zu mehrere hundert Meter dicke 
Permafrostschicht, in der das ganze Jahr Temperaturen unter dem 
Gefrierpunkt herrschen. Weil der Permafrost nur über die Temperatur 
definiert ist, handelt es sich um ein unsichtbares Phänomen. Der 
Nachweis seiner Existenz ist daher sehr schwierig.
Mit Hilfe von Modellrechnungen ist es Forschenden des 
Geographischen Instituts der Universität Zürich nun gelungen, die 
räumliche Verteilung und die zeitliche Entwicklung der 
Oberflächentemperaturen und damit des Permafrostes in den 
Felsregionen der Alpen zu bestimmen. Das von Stephan Gruber und 
Jeannette Nötzli mit Unterstützung des Schweizerischen 
Nationalfonds entwickelte Modell berechnet die Energiebilanz an der 
Felsoberfläche. Es basiert auf langjährigen meteorologischen 
Messreihen und digitalen Geländemodellen. Weil im Gebirge die 
Temperaturen in der Nordseite eines Berges oder steilen Grates auch 
von der viel wärmeren Südseite beeinflusst werden, reicht es aber 
nicht, nur die Oberfläche zu betrachten. Das Modell kann deshalb 
mit einem dreidimensionalen Modell gekoppelt werden, das auch den 
Wärmefluss im Berg berücksichtigt. «Damit lässt sich auch die 
Temperaturverteilung im Untergrund bestimmen», erklärt Nötzli.
Ziel der Wissenschaftler war es, ein Modell zu entwickeln, das 
die hochkomplizierte Topographie der Alpen mit ihren vielen 
Facetten berücksichtigt. Wie gut das Modell die Realität abbildet, 
überprüfen Gruber und Nötzli mit Hilfe von Sensoren, die seit 
mehreren Jahren in über 30 Felswänden zwischen 2500 und 4500 m ü.M. 
montiert sind und die das ganze Jahr über die Temperaturen im Fels 
messen. «Wir waren selbst erstaunt darüber, wie gut unsere 
Modellrechnungen mit den Messungen im Gebirge übereinstimmten», 
freut sich Gruber. Auch Abweichungen haben seine Freude nicht 
gedämpft – im Gegenteil. «Die Untersuchung der Abweichungen hilft 
uns, Neues und oft unerwartete Zusammenhänge zu lernen und das 
Modell zu verbessern», erklärt Gruber.
Die verwendete Strategie von Messungen und Modellrechnungen 
erlaubte es zum ersten Mal, die Ausdehnung und die Temperaturen des 
Permafrostes in Felswänden zu quantifizieren. Die Resultate haben 
deshalb schnell ihren Weg in die Praxis gefunden: Sie bildeten eine 
wichtige Grundlage der im Sommer 2006 vom Bundesamt für Umwelt 
publizierten Karte zur potenziellen Verbreitung des Permafrosts in 
der Schweiz. Ziel der Übersichtskarte ist eine Überprüfung und 
Anpassung der kantonalen Gefahrenkarten.
Permafrost ist in der Regel ein unspektakuläres Phänomen. Das 
kann sich aber ändern, wenn der Fels in steilen Lagen tief auftaut –
 so geschehen im Hitzesommer 2003, in dem sich zahlreiche 
Felsstürze in Permafrostgebieten der Alpen ereigneten. Da steile 
Felswände keine isolierende Schneedecke haben und Eis nur in 
Gesteinsporen und Spalten auftritt, reagieren sie sehr schnell auf 
veränderte Temperaturbedingungen. «Wenn sich Fels mit eisgefüllten 
Klüften erwärmt, verringert sich oft seine Stabilität», erklärt 
Gruber. Mit Hilfe ihres Modells, konnten die Forschenden 30 
Ereignisse aus dem Jahr 2003 reanalysieren. Dabei zeigte sich, dass 
die Felstemperaturen im Bereich der meisten Anrisszonen nur wenig 
unter 0°C lagen. «Der grösste Teil der Bruchvorgänge geht demnach 
im Bereich des Permafrosts nahe des Gefrierpunkts vor sich», sagt 
Nötzli.
In den kommenden Jahrzehnten muss mit einer weiteren Erwärmung 
in Permafrostgebieten gerechnet werden. Dies hat ökonomische 
Konsequenzen. Die Abschätzung der zukünftigen Permafrostentwicklung 
ist deshalb eine Herausforderung für die Wissenschaft. Felsstürze, 
Steinschlag und Bodenverschiebungen bedrohen Infrastruktur wie 
Seilbahnstationen oder Berghütten. «Wartungs- und 
Sanierungsmassnahmen sowie Planungen von neuen Bauvorhaben werden 
voraussichtlich deutlich erhöhte Kosten verursachen», sagt Gruber. 
Um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und damit Kosten 
einzusparen, will das Forscherteam in den kommenden Jahren 
Techniken und Werkzeuge für lokale Prognosen über die 
Permafrostentwicklung verfügbar machen. Ein wichtiger Schritt dazu, 
nämlich das Zusammenführen von bestehenden Klimamodellen mit dem 
Permafrostmodell, ist ihnen bereits gelungen. Erste Resultate 
zeigen, dass sich der Permafrost im steilen Gebirge bei steigenden 
Temperaturverhältnissen schnell erwärmt, weil die Wärme von 
mehreren Seiten in den Untergrund eindringen kann.
Nicht alle Auftauprozesse im Permafrost lassen sich aber mit 
ausreichender Genauigkeit modellieren. Kritische Stellen im Bereich 
von Bergbahnen und anderen Infrastrukturen im Hochgebirge müssen in 
Zukunft verlässlich und effizient überwacht werden. Zusammen mit 
Wissenschaftlern aus dem Nationalen Forschungsschwerpunkt «Mobile 
Informations- und Kommunikationssysteme» (NFS MICS) entwickeln und 
testen die Forscher deshalb neue Sensoren, die ihre Messdaten mit 
drahtlosen Netzwerken über das Internet sofort verfügbar machen.
Für weitere Informationen: 
Glaciology and Geomorphodynamics Group
Physische Geographie
Geographisches Institut der Universität Zürich
Winterthurerstrasse 190
CH-8057 Zürich
Dr. Stephan Gruber
Tel: +41 (0)44 635 51 46
Fax: +41 (0)44 635 68 48
E-Mail:  stgruber@geo.unizh.ch
Dipl. geogr. Jeannette Nötzli
Tel: +41 (0)44 635 52 24
Fax: +41 (0)44 635 68 48, 
E-Mail:  jnoetzli@geo.unizh.ch
Text und Bild dieser Medieninformation können auf der Nationalfonds-
Homepage abgerufen werden http://www.snf.ch/medienmitteilung

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