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economiesuisse

economiesuisse - Wirtschaftslagebericht und wirtschaftspolitische Prioritäten 2007

Zürich (ots)

Aktuelle Situation
Nach den Beobachtungen von economiesuisse präsentiert sich die 
Wirtschaft am Jahresende in einer erfreulichen Verfassung. Dies 
zeigt sich auch daran, dass alle vor einem Jahr gemachten Prognosen 
z.T. deutlich übertroffen wurden. Die Konjunktur verläuft weiterhin 
positiv und ist breit auf den Konsum, die Investitionen und den 
Export abgestützt. Die wichtigsten Exportbranchen verzeichneten in 
den ersten 10 Monaten ein Absatzplus zwischen 9 bis 14 Prozent. Das 
Tourismusjahr (November – Oktober) fiel, gemessen an den 
Übernachtungen, mit einem Plus von 5.6 Prozent erfreulich aus. Die 
Kapazitätsauslastung in der Industrie ist hoch. Die Ertragssituation 
hat sich in den meisten Branchen günstig entwickelt. Die 
Beschäftigung weist nach oben, und die Zahl der registrierten 
Arbeitslosen und der umfassender definierten Erwerbslosen ist seit 
2004 rückläufig. Trotz der dynamischen Konjunktur und den 
gestiegenen Energiepreisen ist es an der Preisfront ruhig geblieben. 
Mit dazu beigetragen haben unter anderem der starke Wettbewerb als 
Folge der anhaltenden Globalisierung und die Öffnung des 
schweizerischen Arbeitsmarktes gegenüber der EU.
economiesuisse schätzt das Realwachstum für 2006 auf 2.9 Prozent, 
bei einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3.1 Prozent und 
einer mittleren Inflationsrate von 1.3 Prozent. Damit verzeichnet 
die Schweiz seit 2004 eine anhaltend positive 
Wirtschaftsentwicklung. Sie konnte damit den Rückstand gegenüber dem 
langfristigen Wachstumstrend in den Jahren 2001 bis 2003 teilweise 
wieder auffangen. So erfreulich dies auch ist, so darf nicht 
vergessen werden, dass die Steigerung der Produktivität für den 
Wohlstand der Bevölkerung letztlich wichtiger ist als das 
Wirtschaftswachstum.
Zur Weltwirtschaft Der Boom in der Weltwirtschaft geht allmählich zu 
Ende. Die konjunkturelle Expansion flacht sich 2007 ab, wobei sich 
die Wachstumskräfte zwischen den Industrieländern annähern werden. 
Während sich die konjunkturelle Gangart in den USA verlangsamen 
wird, bleibt sie in der EU solid. In Japan ist der 
Konsolidierungsprozess in der Wirtschaft so weit fortgeschritten, 
dass einer weiteren moderaten Expansion nichts im Wege steht. China 
bleibt ein wichtiger Motor der Weltkonjunktur, auch wenn mit einem 
etwas abnehmenden Produktionsanstieg zu rechnen ist. In Russland und 
in Lateinamerika entwickelt sich die Binnennachfrage dank der hohen 
Rohstoffpreise rege und kompensiert ein etwas schwächeres 
Exportwachstum. Vor diesem globalen Konjunkturhintergrund wird sich 
der Welthandel im Rahmen des längerfristigen Trends von 7 Prozent 
ausweiten. Das Ende des weltweiten Zinserhöhungszyklus dürfte 
erreicht sein oder steht kurz bevor, womit sich auch das 
transatlantische Zinsgefälle verflachen wird. Der Preisauftrieb 
dürfte sich im kommenden Jahr leicht verringern.
Die Abwärtsrisiken dominieren derzeit die Aufwärtsrisiken zu diesem 
Szenario einer etwas schwächeren, aber insgesamt weiterhin robusten 
Weltkonjunktur. Kurzfristig besteht die Gefahr, dass die wegen des 
privaten Konsumüberhangs ohnehin anfällige US Wirtschaft sich als 
Folge des Einbruchs am Immobilienmarkt deutlich stärker abkühlt als 
bisher erwartet. Hinzu kommen die weltweiten 
Leistungsbilanzungleichgewichte mit den damit verbundenen 
Kapitalströmen, die Ausdruck erheblicher binnenwirtschaftlicher 
Ungleichgewichte sind. Eine Umschichtung der Devisenreserven durch 
die Währungsbehörden der wichtigsten asiatischen Länder könnte eine 
ungeordnete Anpassung des Dollarkurses auslösen mit nachteiligen 
Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Längerfristig haben sich die 
Abwärtsrisiken wegen möglicher neuer Ölpreiserhöhungen angesichts 
geopolitischer Instabilitäten oder der strukturell wachsenden 
Ölnachfrage aus den aufstrebenden Volkswirtschaften erhöht. Zudem 
wächst der protektionistische Druck nach der Aussetzung der Doha- 
Runde, der den Globalisierungsprozess der Weltwirtschaft abbremsen 
könnte.
Perspektiven für die Schweiz Die Exportwirtschaft konnte von der 
starken Weltwirtschaft dank der in den vergangenen Jahren 
gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit besonders profitieren. Sie ist 
damit aber nicht immun gegen eine Abschwächung der globalen 
Konjunktur; so dürften die Exporte 2007 an Dynamik einbüssen; der 
unterliegende Trend bleibt jedoch intakt. Der Konsum, der sich im 
Einklang mit der Entwicklung der real verfügbaren Einkommen günstig 
entwickelt, wird Wachstum stabilisierend wirken, zumal sich auch die 
Beschäftigung weiter verbessern wird. Auch die Investitionsausgaben 
der Unternehmen werden dank weiterhin günstiger 
Finanzierungsbedingungen, teilweise kräftigerer Erträge, 
Effizienzanstrengungen und Bilanzrestrukturierungen robust bleiben. 
Die bislang rege Bautätigkeit wird sich dagegen verlangsamen, da 
sich im privaten Wohnungsbau Sättigungserscheinungen zeigen, wie sie 
sich vor allem in der Leerstands-Entwicklung äussern. Stabilisierend 
wirkt der Wirtschaftsbau, der über ein gutes Auftragspolster 
verfügt. Der Tourismus wird aus dem Inland weiterhin positive 
Impulse empfangen. Doch auch die ausländische Nachfrage wird durch 
die solide Wirtschaftslage in den Herkunftsländern und die 
verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit wegen der Abschwächung 
des Frankens profitieren. Als zusammenfassender Befund ergeben die 
aktuell verfügbaren Indikatoren das Bild einer weiterhin soliden 
Wirtschaft mit recht viel Zuversicht.
Die Voraussetzungen für ein potentialgerechtes Wachstum zwischen 1.7 
bis 2.3 Prozent für 2007 sind somit gegeben. Die Situation an der 
Preisfront wird mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1.2 
Prozent entspannt bleiben, und die Arbeitslosenquote wird weiter 
sinken (2.8 Prozent). Sollte sich der Zinsabstand zum Euro-Leitzins 
im Zuge weiterer Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank 
erhöhen, bleibt der Franken gegenüber dem Euro eher tief bewertet. 
Längerfristig werden sich aber die besseren Fundamentaldaten der 
Schweiz durchsetzen.
Wirtschaftspolitische Prioritäten 2007 Es gehört zu den Eigenheiten 
der Schweizer Politik, dass Reformen Schritt um Schritt erkämpft 
werden müssen. Da das nächste Jahr ein Wahljahr ist, muss besonders 
darauf geachtet werden, dass daraus nicht eine „Schrittchenpolitik“ 
wird, die den globalen Herausforderungen der Schweiz nicht gerecht 
wird. Aus Sicht einer nachhaltigen Standortförderungs- und 
Wachstumspolitik stehen deshalb folgende Bereiche im Fokus:
  • Bei der skizzierten wirtschaftlichen Entwicklung besteht für die Schweizerische Nationalbank kein Grund, vom eingeschlagenen Kurs der graduellen Anpassung des Zielbandes für den Dreimonats-Libor abzuweichen. Wo das „neutrale“ Zinsniveau liegt, bleibt letztlich das Geheimnis des Noteninstituts. Wenn der neutrale Realzins ungefähr der Rate entspricht, mit der die Wirtschaft mittelfristig spannungsfrei wachsen kann zuzüglich der (Kern-)Inflationsrate, ist der geldpolitische Normalisierungsprozess noch nicht abgeschlossen. Eine Beschleunigung des Tempos der Zinserhöhungen ist wegen des Fehlens von Inflationsgefahren jedoch nicht angezeigt.
  • Auch wenn der Bundeshaushalt dank der wachstumsinduzierten Steuereinnahmen eine willkommene Entlastung erfahren hat, besteht kein Grund vom eingeschlagenen Kurs der nachhaltigen Konsolidierung über die Ausgabenseite abzuweichen. Denn die längerfristigen Trends, vor allem in der Sozialpolitik, weisen schon in der nahen Zukunft wieder auf höhere Defizite hin. Zudem gilt es, die traditionelle Ausgabenfreudigkeit in einem Wahljahr unter Kontrolle zu behalten. Grundsätzlich sollte die Zunahme der Ausgaben die Teuerung im Sinne der Motion Lauri nicht überschreiten, um den Schuldenstand (einschliesslich der Sozialversicherungen) zu stabilisieren.
  • Die steuerpolitischen Teilreformen im Bereich der indirekten Teilliquidation und Transponierung sowie der Unternehmenssteuern (Milderung der Doppelbelastung der Gewinne) bringen bzw. versprechen den Unternehmen, insbesondere den KMU, Entlastungen. Sie erleichtern die Unternehmensnachfolge und fördern die Investitionstätigkeit, was sich positiv auf das Wachstum auswirkt. Damit ist die Reformagenda jedoch nicht abgeschlossen. Es gilt, die Revision der Mehrwertsteuer rasch unter Dach und Fach zu bringen. Zudem sind die Arbeiten für eine grundlegende Reform der Einkommensbesteuerung zügig voranzutreiben, vermag doch die vorgesehene Reduktion der „Heiratsstrafe“ längerfristig nicht zu genügen. Angesichts der Dynamik im internationalen Steuerwettbewerb kommt die Schweiz nicht umhin, das Steuersystem permanent zu überprüfen bzw. zu optimieren, wenn sie ihren guten Platz behaupten will. Hier kommt auch der klare volkswirtschaftliche Nutzen des interkantonalen Steuerwettbewerbs zum Tragen.
  • Im Aussenwirtschaftsbereich setzt economiesuisse weiterhin auf eine Relance der Doha-Runde im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), auch wenn die Aussichten dazu nicht günstig sind. Ein multilateraler Rahmen für die Aussenwirtschaftsbeziehungen ist weiterhin die optimale Form für die internationale Zusammenarbeit. Parallel dazu sollen aber die bilateralen Beziehungen in der Form von Freihandelsabkommen mit den wichtigsten Partnern ausserhalb der EU ausgebaut werden. Neben Industrieländern wie den USA und Japan sind dies vorwiegend die so genannten BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien und China). Im Verhältnis zur EU wurde der bilaterale Weg dank dem positiven Ausgang der Volksabstimmung vom 26. November 2006 einmal mehr von den Schweizer Stimmbürgern im Sinne der Wirtschaft bekräftigt. Die Zeit der grossen Würfe in der Europapolitik, wie dies bei den Bilateralen I und II der Fall war, ist zumindest auf absehbare Zeit vorbei. Hingegen stehen im Verhältnis zur EU zahlreiche Einzelthemen zur Diskussion. Das Ansinnen der EU-Kommission, einen souveränen Drittstaat wie die Schweiz in Sachen Unternehmensbesteuerung in die Pflicht nehmen zu wollen, ist absurd und muss klar und unmissverständlich zurückgewiesen werden.
  • Die Botschaft über Bildung, Forschung, Innovation 2008-11 erneuert nicht nur die Zahlungsrahmen für die Träger von Berufsbildung, Hochschulen und Forschung, sondern muss auch inhaltliche, organisatorische und strukturelle Weichenstellungen vornehmen. Es ist unbestritten, dass eine hoch entwickelte Volkswirtschaft wie die Schweiz mehr in Bildung und Forschung investieren muss, um mit den dynamischen, wissensbasierten Nationen Schritt halten zu können. Dabei kann es aber nicht einfach darum gehen, mehr Geld auszugeben; es muss auch produktiver und effizienter eingesetzt werden. Ein Ausgabenwachstum für diesen Bereich von 6.0 Prozent pro Jahr, wie es der Bundesrat kürzlich im Rahmen des neuen Finanzplans beschlossen hat, ist im Verbund mit Schwerpunktsetzungen, strukturellen und organisatorischen Verbesserungen angemessen, vorausgesetzt, dass diese Mittel verlässlich zur Verfügung stehen. Eine leistungsfähige Innovationspolitik ist zudem auf den wirksamen Schutz des geistigen Eigentums angewiesen, was für die nationale Erschöpfung als globaler Standard aller Volkswirtschaften mit vergleichbarer Innovationskraft spricht.
  • Nach der Revision von Kartell- und Binnenmarktgesetz steht noch die Verankerung des Cassis-de-Dijon-Prinzips an. Um eine Benachteiligung schweizerischer Produzenten zu vermeiden, sollen auch diese ihre Produkte nach den in der EU geltenden Vorschriften in der Schweiz herstellen und in den Verkehr bringen dürfen. Im Weiteren sollte eine unabhängige Instanz die Möglichkeit erhalten (z.B. WEKO), widersprechende Verwaltungsentscheide aufzuheben.
  • Beim Aktienrecht und der Corporate Governance darf die Organisationsfreiheit der Unternehmen und der Aktionäre nicht durch unflexible Zwänge ausgehebelt werden.
  • Die Agrarpolitik (AP) 2011, die mit dem Abbau der Marktstützung richtige und wichtige Verbesserungen verspricht, aber im System der Direktzahlungen noch erhebliche Mängel aufweist, muss zügig abgeschlossen werden. Es geht vor allem auch darum, im Rahmen einer flexibleren Aussenwirtschaftspolitik agrarpolitisch mehr Freiheitsgrade zu erhalten.
  • Die schleppende Reform des Krankenversicherungsgesetzes, die in die drei Teile Pflege, Spitalfinanzierung und Managed Care/Vertragsfreiheit aufgespaltet wurde, muss unbedingt beschleunigt werden. Es gilt dabei finanzpolitisch massvoll, volkswirtschaftlich weitsichtig und gesundheitspolitisch sinnvoll zu handeln. Der transparente Qualitätswettbewerb ist zu fördern. Das gilt insbesondere bei der Spitalfinanzierung, dem grössten Kostenblock sowie bei Managed Care.
  • Die Öffnung des Strommarktes kommt nur langsam voran. Das Stromversorgungsgesetz, wie es vom Ständerat in der Herbstsession verabschiedet worden ist, bremst den Öffnungsprozess wegen der Möglichkeit zu einem weiteren Referendum zusätzlich ab. Dieser schweizerische Weg hinkt dem Liberalisierungstempo der EU hinterher und droht auf halber Strecke stehen zu bleiben. Wichtig ist, dass die Einspeisevergütungen für die Förderung von erneuerbaren Energien den vernünftigen Rahmen nicht sprengen, um keine zusätzlichen Wettbewerbsnachteile zu schaffen. Im Weitern muss das sich immer deutlicher abzeichnende Problem der „Stromlücke“ ohne Verzug angepackt werden.
Die Wirtschaftspolitik hat es in der Hand, durch eine kluge, 
langfristig angelegte Politik Zukunftsvertrauen bei Haushalten und 
Unternehmen zu schaffen. Dies ist umso wichtiger, als es gilt, die 
schwächere Konjunktur im kommenden Jahr durch eine bessere 
Wirtschaftspolitik nachhaltig zu unterstützen. Dabei müssen sich 
Regierung und Parlament auch fragen, ob der Status quo sozialer 
Absicherung immer „gerechter“ ist als die zu seiner Finanzierung 
notwendigen höheren Steuern (Deutscher Sachverständigenrat). Die 
Wirtschaftspolitik beeinflusst zwar den makroökonomischen 
Rahmenkranz massgeblich. Die Produktivität der Volkswirtschaft wird 
aber letztlich durch die Leistungsfähigkeit der in ihr agierenden 
Unternehmen determiniert.
Rückfragen:
Rudolf Walser
Telefon: 044 421 35 35

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