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Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

UVEK: Sperrfrist: 14.11.2002, 10.30 Uhr: Baurapport aus dem UVEK zu Handen der Plenarversammlung von bauenschweiz erstattet von Bundesrat Moritz Leuenberger.

Bern (ots)

Wenn ich mir so die Schlagzeilen um das UVEK
ansehe, 
könnte ich meinen, wir würden nur gerade abbauen: den Service 
public, bei den Briefzentren, bei den Stellen und - besonders 
schlimm für Sie - bei den Ausgaben für den Strassenbau. Ist das UVEK 
eine Abbruch GmbH? Ich kann Sie versichern, wir bauen auch, und wie!
Wie stark das UVEK mit der Bauwirtschaft verbunden ist, zeigt ein 
Blick in meine Agenda von diesem Jahr: Eröffnung A5, Einweihung der 
Transitgasleitung, Besuch der Baustelle Faido für den Basistunnel 
der NEAT am Gotthard, Einweihung eines Teilstücks der A13, eine 
Besichtigung des Lötschbergtunnels, ein Besuch beim Dock Midfield 
des einzigartigen Flughafens Unique in Zürich, bald folgt die 
Einweihung des Nord-Terminals im Flughafen Basel Mulhouse, und so 
weiter und so weiter.
Allein diese Projekte schaffen Aufträge für die Bauwirtschaft in 
zweistelliger Milliardenhöhe.
Auch in den Parlamentskommissionen drehen sich die Debatten um 
nichts als Bauen: die Beaufsichtigung der NEAT, die Avanti- 
Initiative, der Gegenvorschlag, der Strassenbaufonds.
Wenn man es genau betrachtet, ist Bauen also die wichtigste 
Aufgabe 
des UVEK, und ich erstatte Ihnen heute gerne einen Baurapport.
Wie soll ich ihn gliedern?
Alphabetisch? Von Avanti bis Zimmerberg?
Nach dem Niveau der Bauprojekte? Zuerst diejenigen unter der 
Erde, 
die Basistunnel, dann die ebenerdigen, die Autobahnen und die Bahn 
2000, und dann diejenigen, die hoch in den Wolken schweben, die 
Swissmetro?
Ich pflege, seit ich das BUWAL und das ARE beherbergen darf, und 
seit wir folglich eine neue Departementsstrategie festgelegt haben, 
der Logik der Nachhaltigkeit zu folgen, also die drei Säulen der 
Nachhaltigkeit zum Gerüst eines Gedankenganges zu machen: die 
Wirtschafts-, die Sozial- und die Umweltverträglichkeit.
Das mag etwas modisch sein, doch folgt die Politik ja auch 
modischen 
Trends. Doch Nachhaltigkeit ist nicht einfach nur sexy. Mit ihrer 
Logik kann auch gezeigt werden, dass es bei ihr trotz aller 
Zielkonflikte nicht einfach um drei sich widersprechende Ziele geht, 
sondern dass eine wirklich nachhaltige Politik langfristig allen 
Zielen gleichermassen dienen kann.
1. Wirtschaftliche Entwicklung
1.1. Die wirtschaftspolitische Bedeutung des Bauens
Bauen kurbelt die Konjunktur an. Die klassischen konjunkturellen 
Anreizprogramme erfolgen deshalb meist über Investitionen im 
Baubereich. In den Nationalstrassenbau fliessen jedes Jahr 1,5 
Milliarden Franken, und auch der Bau der NEAT, der Bahn 2000, der 
Lärmsanierungen und der HGV-Anschlüsse schaffen jährlich Aufträge in 
der Höhe von etwa 1,5 Milliarden Franken. Das sind Tausende von 
Arbeitsplätzen.
Dabei geht es natürlich nicht nur um das Bauen selber. Eine 
Infrastruktur ist, wenn sie fertig gebaut ist, ihrerseits das 
Fundament für wirtschaftlichen Wohlstand. Länder, Regionen, Kantone, 
die ihre Strassen und Bahnen flächendeckend instand halten und 
ausbauen, schaffen sich einen entscheidenden Vorteil im 
wirtschaftlichen Wettbewerb.
Zum wirtschaftlichen Ziel der Nachhaltigkeit gehören aber auch 
gesunde Staatsfinanzen. Einerseits soll die wirtschaftliche 
Leistungsfähigkeit eines Staates langfristig erhalten bleiben und 
anderseits sollten wir den künftigen Generationen nicht mit einem 
Schuldenberg die Freiheit verbauen, sich so zu organisieren, wie sie 
das gerne möchten. Wer seinen Nachkommen Schulden hinterlässt, nimmt 
ihnen die Freiheit. Die Schuldenbremse wurde aus diesen Gründen 
eingeführt.
1.2. Avanti und Gegenvorschlag
Die Diskussion um die zweite Röhre am Gotthard hält an. Wenn es 
einzig um die Freiheit geht, an Ostern nach Neapel und zurück fahren 
zu können, hält die Forderung nach Strassenbau im allgemeinen und 
nach der 2. Röhre im speziellen einer Nachhaltigkeitsprüfung nicht 
stand.
Anders ist das, wenn es um tägliche Staus im Berufsverkehr oder 
Gütertransport geht. Denn Staus kosten und berühren daher die 
wirtschaftliche Zielsetzung.
Diese Staus kosten uns am meisten in den Agglomerationen. Hier, 
bei 
den Pendlerströmen, zeigen sich die wahren wirtschaftlichen 
Probleme, denn diese Staus bilden sich täglich. Die Staus am 
Gotthard hingegen entstehen nur an Spitzentagen, und mit dem neuen 
Tropfenzählersystem haben wir den Camion-Verkehr markant 
verflüssigen können.
Deshalb hat der Bundesrat in seinem Gegenvorschlag einen Ausbau 
bei 
den Verkehrs-Infrastrukturbauten in den Agglomerationen 
vorgeschlagen. Dies ist eine dringliche Aufgabe, gemessen daran hat 
der Gotthard-Strassentunnel für uns untergeordnete Priorität.
Die 2. Röhre liegt aber jetzt als politische Forderung auf dem 
Tisch. Ich habe gar nichts dagegen, wenn darüber abgestimmt wird. 
Sollte sie aber mit gleicher Priorität wie der Agglomerationsverkehr 
im Gegenvorschlag bleiben, besteht die Gefahr, dass schliesslich 
alle Projekte scheitern, weil sich Gegner aus verschiedenen 
politischen Lagern kumulieren: die konsequenten Sparer und die 
Umweltbewussten, die Gegner der 2. Röhre und jene, welche gegen 
einen Ausbau auch des öffentlichen Verkehrs in den Agglomerationen 
sind.
Über die 2. Röhre sollte auch aus demokratischen Gründen separat 
abgestimmt werden. Denn im Gesamtpaket mit anderen Projekten kann 
der Stimmbürger nicht Ja oder Nein zur 2. Röhre allein sagen.
1.3. Strassenbaufonds
Im Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative sähe die Kommission gerne 
ebenfalls einen Infrastruktruktur-Baufonds.
Als Verkehrsminister kann ich der Idee durchaus etwas abgewinnen. 
Eine rechtzeitige Fertigstellung des Lötschberg- und des 
Gotthardbasistunnels könnte ich mir mit Schuldenbremse und ohne 
Fonds gar nicht vorstellen.
Doch hat die Kommission das Fuder mit der Verzinsungspflicht wohl 
etwas überladen. Das letzte Wort ist da noch nicht gesprochen.
2. Sozialverträglichkeit
Das zweite Ziel der Nachhaltigkeit ist die Sozialverträglichkeit.
2.1. Soziale Kohäsion
Strassen und Schienenanschlüsse in periphere Gebiete dienen dem 
sozialen Zusammenhalt des ganzen Landes und sollen Gräben vermeiden 
helfen. Deswegen bestand das Nationalstrassenprogramm ja 
grundsätzlich zunächst darin, das Netz fertig zu stellen, bevor es 
ausgebaut wurde.
Dies hat Konsequenzen, die wir auch zur Kenntnis nehmen müssen: 
Bessere Verbindungen erhöhen die Mobilität. Das wiederum führt dazu, 
dass Postbüros am Wohnort weniger genutzt werden und durch andere, 
besser frequentierte Einrichtungen ersetzt werden - am Arbeitsort 
oder auf dem Weg dorthin.
Einerseits bringen Verkehrsverbesserungen also die gewünschte 
Anbindung, sie führen aber auch zu wirtschaftlichen und 
gesellschaftlichen Veränderungen, die dann wiederum heftig bekämpft 
werden. Der Ausbau der Infrastruktur (Strasse, Schiene, 
Telekommunikation) kann traditionelle Einrichtungen des Service 
public überflüssig machen. Sie werden zwar weniger genutzt, aber 
immer noch geliebt, und das führt zu gesellschaftlichen und 
politischen Auseinandersetzungen, von denen ich Ihnen auch ein 
Liedlein singen könnte.
2.2. Sicherheit
Zum Sozialziel der Nachhaltigkeit gehört auch die Sicherheit.
Das ist zum einen die Sicherheit auf der Strasse, wir erhöhen sie 
laufend mit verschiedenen baulichen Massnahmen. Der Feuerwehrverband 
verlangt konsequent zwei Tunnelröhren bei Strecken, die länger sind 
als ein Kilometer. Er tut das nicht aus wirtschaftlichen Gründen, 
doch die Realisierung der Forderung führt dennoch zu 
Bauinvestitionen.
Die Vision Zero, mit der wir die Sicherheit auf der Strasse 
verbessern wollen, wird unter anderem auch zusätzliche Aufträge für 
die Bauwirtschaft mit sich bringen, zum Beispiel Umbauten an 
bestehenden Strassen (Leitplanken, Sanierungen, Fussgängerinseln 
etc). Sicherheit erfüllt somit nicht nur das soziale Ziel, sondern 
auch das wirtschaftliche.
Zur Sicherheit gehört auch die Erdbebenvorsorge in der Schweiz.
Nach dem Erdbeben in Süditalien ist sofort ein Strafverfahren 
gegen 
die Bauverantwortlichen eines aufgestockten Schulhauses eingeleitet 
worden. Sollte es bei uns zu Erdbebenschäden kommen, würden die 
Verantwortlichen in der Politik sofort in die Sonntagspfanne 
gehauen, weil sie keine entsprechenden Vorschriften erlassen hätten.
Solche Vorschriften in der Schweiz zu erlassen, ist allerdings 
nicht 
gerade einfach. Kaum jemand mag glauben, dass sich bei uns ein 
schweres Erdbeben ereignen könnte.
Dies zeigen uns die kontroversen Reaktionen, die wir in diesen 
Tagen 
zum vorgeschlagenen Erdbebenartikel in der Bundesverfassung 
erhalten. "Bauenschweiz" unterstützt den Erdbebenartikel zwar, aber 
viele andere Vernehmlasser sind skeptisch.
Der Artikel würde dem Bund die Kompetenz geben, Erdbebenvorsorge 
zu 
betreiben - so wie er es auch beim Hochwasser- oder Lawinenschutz 
tut. Das ist auch nötig: Würde sich in der Schweiz nämlich ein 
Erdbeben wiederholen, wie es 1356 in Basel stattgefunden hat, 
müssten wir mit 60 Milliarden Franken Folgekosten rechnen! Zum 
Vergleich: Der Wiederaufbau nach den schweren Überschwemmungen in 
Brig hat eine halbe Milliarde gekostet - 120-mal weniger.
2.3. Sozialpartnerschaft
Kernpunkt der Sozialverträglichkeit ist das Wohlergehen aller 
Menschen in diesem Land, deren Gesundheit, soziale Sicherheit und 
deren Gerechtigkeitsempfinden. Die Schweiz ist ein Land, das eine 
lange Tradition der Sozialpartnerschaft pflegt.
Auch hier: Eine gute Sozialpartnerschaft dient nicht nur dem 
sozialen Ziel der Nachhaltigkeit. Wir alle wissen, dass der soziale 
Friede ein ganz zentraler Wirtschaftsstandortfaktor der Schweiz ist. 
Ich bin daher froh, dass sich Bauarbeiter und Baumeister nun 
geeinigt haben.
3. Umweltverträglichkeit
Das dritte Ziel der Nachhaltigkeit ist die Umweltverträglichkeit. 
Häufig wird sie als Störfaktor und Ärgernis beim Bauen empfunden. Zu 
Unrecht.
3.1. Lärmschutzprogramm Autobahnen und SBB
Zum Beispiel die Lärmschutzauflagen: Sie sind zwar 
umweltpolitisch 
motiviert, führen aber zu Bautätigkeit. Allein für die 
Lärmsanierungen entlang den Eisenbahngrossprojekten sind im FinöV- 
Fonds knapp 2 Milliarden Franken budgetiert, in den Lärmschutz bei 
den Nationalstrassen fliessen vom Bund gegen 2,5 Milliarden Franken.
Auch Lärmschutzprogramme dienen also nicht nur dem ökologischen 
und 
sozialen Ziel der Nachhaltigkeit, sie kurbeln ebenfalls die 
Wirtschaft an.
3.2. EnergieSchweiz
Ein anderes Beispiel: Das Programm EnergieSchweiz dient zwar 
dazu, 
das Klimaziel zu erreichen. Aber es ist aber auch ein Innovations-, 
Investitions- und Bauprogramm: Im vergangenen Jahr haben die 77 
Millionen Franken Anreizfinanzierungen von EnergieSchweiz für 
Isolationen und andere energietechnische Sanierungen Investitionen 
von fast 800 Millionen Franken ausgelöst!
Ein solches Programm könnte auch verstärkt werden. Würde zum 
Beispiel die Motion von Yves Christen vom Parlament überwiesen, 
ergäbe dies zusätzliche Aufträge für die Bauwirtschaft.
3.3. Ökologische Auflagen
Dasselbe gilt für die Auflagen zum Schutz der Landschaft und der 
Tiere, die darin leben. So hat das Teilstück der A5, das vor einem 
halben Jahr eröffnet worden ist, sieben Mal mehr gekostet als die 
ersten Autobahnen vor 25 Jahren. Dies vor allem aus Umweltgründen.
Wir investieren Millionen in Tunnel und Wildbrücken, damit der 
Lebensraum von Tieren und Pflanzen erhalten und die Landschaft 
intakt bleibt. Doch davon profitiert auch die Bauwirtschaft. Was 
Watvögeln hilft, nützt auch Baulöwen. Und wenn wir die Grundsätze 
der Alpenkonvention umsetzen, hilft das nicht nur den Steinböcken, 
sondern auch den Bewohnern von wirtschaftlich benachteiligten 
Bergregionen - auch den Hoteliers.
4. Schluss
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit mögen sich in der Tagespolitik 
auf den ersten Blick widersprechen. Machen wir diese Widersprüche 
jedoch transparent und beziehen wir sie in unsere Pläne frühzeitig 
ein, zeigt sich, dass sich alle drei Ziele durchaus ergänzen.
Das ist Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne des Wortes. 
Deswegen 
bauen wir im UVEK auf die Nachhaltigkeit. Wer ihr vertraut, hat auf 
keinen Sand gebaut.
Ich danke Ihnen, dass Sie mitbauen.
Bern, 14. November 2002
Sperrfrist: 14.11.2002, 10.30 Uhr 
Es gilt das gesprochene Wort!

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