Die Bewährungsprobe ist bestanden
Leitartikel von Christine Richter
02.05.2012 – 20:40
Berlin (ots)
Es ist ein wichtiger Tag gewesen: für Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), für die Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers, für die Berliner Polizisten und ihre vielen Kollegen aus anderen Bundesländern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Henkel und Koppers haben ihren ersten 1. Mai, also den Tag, an dem sie persönlich die Verantwortung für den Polizei-Einsatz trugen, bestanden, die rund 7000 Polizeibeamten haben die Stadt gesichert und konsequent gegen Gewalttäter durchgegriffen, die sogenannte revolutionäre 1.-Mai-Demonstration wurde von ihnen zum richtigen Zeitpunkt beendet. Alles gut also? Leider nicht. Denn wie in den vergangenen 24 Jahren auch blieb es in Berlin nicht friedlich. Mit Einbruch der Dunkelheit flogen Steine und Flaschen, Müllcontainer wurden angezündet, gar vor dem Jüdischen Museum randaliert. Erneut wurden Polizisten und auch Demonstranten verletzt, wieder nahm die Polizei mehr als 100 Störer fest. Die Zahl der verletzten Polizeibeamten ist im Vergleich zum Vorjahr wieder einmal gestiegen. Es gelingt einfach nicht, die sinnlose Gewalt ganz zu unterbinden, die sogenannten Autonomen daran zu hindern, am 1. Mai ihre alljährlichen Ausschreitungen zu inszenieren. Trotz des massiven Polizeiaufgebots von 7000 Beamten. Innensenator Henkel hat deshalb recht, wenn er von einem "gelungenen Polizeieinsatz", jedoch nicht von einem "Erfolg" spricht. Ein Erfolg träte erst ein, wenn ein 1. Mai in Berlin wieder einmal friedlich verliefe, wenn es nicht mehr hundert verletzte Polizeibeamte und mehr als hundert Festnahmen zu vermelden gäbe. Ob wir Berliner das noch erleben werden? Nach 25 Jahren Randale am 1. Mai kann man sich das kaum noch vorstellen, einen ganz und gar friedlichen Tag der Arbeit. So spricht alles dafür, an der bewährten Polizeistrategie festzuhalten: also vor dem 1. Mai über Jugendprojekte zu versuchen, junge Menschen von Krawallen abzuhalten, präventiv tätig zu werden, das Myfest in Kreuzberg, das in diesem Jahr bei sommerlichen Temperaturen wirklich gut funktioniert hat, weiter zu unterstützen und schließlich konsequent durchzugreifen, sobald es zu Gewalt kommt. Henkel tat gut daran, an dem Konzept seiner Vorgänger festzuhalten. Viel wird jetzt spekuliert, ob Margarete Koppers nach dem gelungenen Einsatz nun automatisch die neue Polizeipräsidentin in Berlin wird. Sie war, wie Henkel auch, in der Walpurgisnacht und am 1. Mai in Wedding, Kreuzberg und Mitte unterwegs, sie hat sich sehen lassen - auch gegenüber ihren Polizeibeamten. Henkel hielt sich am Mittwoch mit Äußerungen zu Koppers Zukunft zurück. Auch das ist richtig, denn nach dem zweimal gescheiterten Verfahren unter Innensenator Ehrhart Körting (SPD) ist die Stelle jetzt wieder neu ausgeschrieben worden. Nun muss alles sauber laufen. Margarete Koppers kann sich auf die Stelle bewerben, dann muss in einem transparenten Verfahren der neue Polizeichef ausgesucht werden. Margarete Koppers hat in den vergangenen beiden Tagen gezeigt, dass sie es kann. Doch jetzt folgt die nächste, die entscheidende Runde: Sie muss sich gegen andere erfahrene Polizeiführer durchsetzen. Erst dann ist Margarete Koppers am Ziel.
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